Kritik am "Patriot"-Einsatz in der Türkei Bundeswehr stößt an die Grenzen der Belastbarkeit
Die Bundeswehr kommt aus den negativen Schlagzeilen nicht heraus. Jetzt steht auch der Nato-Einsatz zum Schutz der Türkei vor Angriffen aus Syrien in der Kritik. Denn er bringe die deutschen Raketenabwehr-Einheiten an die Grenze der Belastbarkeit. Das geht aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium, Ralf Brauksiepe, auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Tobias Linder hervor.
So könne bei gut einem Viertel (28 Prozent) der seit Anfang 2013 eingesetzten Soldaten die Karenzzeit von 20 Monaten zwischen zwei Einsätzen nicht eingehalten werden. Um die Einsatzbelastung zu mindern, gebe es Entspannungsseminare und Betreuungsangebote sowie eine entlastende Einteilung der Einsatzzeiten.
"Zur Gewährleistung der maximalen Einsatzbereitschaft der Patriot-Staffeln in der Türkei werden diese vorrangig mit Ersatzteilen versorgt", heißt es in dem Schreiben weiter. Wenn die Mission im nächsten Jahr fortgesetzt werde, könne das aber die Einsatzbereitschaft der für Ausbildung zur Verfügung stehenden Waffensysteme beeinträchtigen.
Von der Leyen will Einsatz verlängern
Das Bundestagsmandat für den "Patriot"-Einsatz läuft am 31. Januar aus. Dann muss neu entschieden werden. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte der Türkei bei einem Besuch der Soldaten im März zugesagt, den Einsatz im Zweifelsfall bis zu einer Lösung des Syrien-Konflikts fortzusetzen. Es bedürfe noch starker Anstrengungen der Völkergemeinschaft bis zu einer Lösung, sagte sie damals. "Solange dies so ist, ist es auch richtig, hier den Schutz zu liefern."
"Leben der Soldaten in Gefahr"
Linder sieht wegen der Ausrüstungsmängel das Leben von Soldaten im Einsatz in Gefahr. "Wenn Luftfahrzeuge nicht zuverlässig zur Verfügung stehen, kann das Probleme bei einer Evakuierung bedeuten und das Leben der Soldatinnen und Soldaten gefährden", sagte das Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags der "Passauer Neuen Presse".
Von der Leyen warf er Führungsschwäche und Verschleierung vor. "Frau von der Leyen befindet sich in einem Dauerprüfmodus, entscheidet aber nicht", sagte Lindner. Was den Abgeordneten an Informationen vorgelegt werde, "grenzt an Verschleierung". "Wenn hier den Verteidigungsexperten des Bundestages erklärt wird, dass die Luftwaffe einsatzfähig ist, auf der anderen Seite klar wird, dass wir unsere Beistandsverpflichtungen gegenüber der Nato nicht mehr erfüllen können, ist das höchst irreführend."
Ausrüstungsmisere entzweit Koalition
Von der Leyen hatte in der vergangenen Woche dem zuständigen Bundestags-Ausschuss Listen vorlegen lassen, wonach zahlreiche Flugzeuge, Hubschrauber, Fahrzeuge und anderes militärische Gerät derzeit nur sehr eingeschränkt einsetzbar sind. Am Wochenende räumte sie ein, dass die Bundeswehr deswegen einige Zusagen an die Nato derzeit nicht einhalten könne.
Die mangelhafte Bundeswehr-Ausrüstung sorgt auch für Ärger in der Großen Koalition. So warf die SPD-Spitze der Verteidigungsministerin vor, ihre Arbeit zu vernachlässigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm ihre Ministerin dagegen demonstrativ in Schutz. Von der Leyen habe ihre "volle Unterstützung" bei der Behebung der Probleme.