Aufarbeitung des Afghanistan-Debakels Kramp-Karrenbauer kassiert Korb von fast allen Fraktionen
Die Evakuierung afghanischer Ortskräfte steht scharf in der Kritik. Die Verteidigungsministerin wollte Versäumnisse aufarbeiten. Doch mehrere Parteien wollen nicht erscheinen – auch ihre eigene.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) steht mit der von ihr geplanten Aufarbeitung des weitgehend gescheiterten Bundeswehreinsatzes in Afghanistan vor einer Schlappe. Verteidigungspolitiker mehrerer Fraktionen wollen einer am Mittwoch geplanten Auftaktveranstaltung fernbleiben – verbunden mit Kritik an dem dafür gewählten Zeitpunkt.
Die Fraktionen von Union, SPD, Grünen und FDP haben laut einem ARD-Bericht ihre Teilnahme abgesagt. Das ARD-Hauptstadtstudio berief sich am Sonntag auf Informationen aus Parlamentskreisen. Der Zeitpunkt der Veranstaltung sei "völlig unpassend", hieß es demnach übereinstimmend aus den Fraktionen.
"Selbstverständlich muss der Afghanistan-Einsatz umfassend aufgearbeitet und Lehren für die Zukunft gezogen werden. In welcher Form das geschieht, muss der kommende Bundestag entscheiden", sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Dazu brauche es einen echten Arbeitsprozess und keine singuläre Veranstaltung zwischen den Wahlperioden. "Das wird weder der Sache noch den Soldatinnen und Soldaten gerecht."
Strack-Zimmermann: "Respektlos und unwürdig"
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sprach von einer "nicht akzeptablen Brüskierung des Parlaments". Der neu gewählte Bundestag sei nicht konstituiert, der Bundestag in seiner alten Zusammensetzung habe ebenso wie Ministerin Kramp-Karrenbauer für so eine wichtige Evaluation kein Mandat mehr. "Es ist respektlos und unwürdig, dass wir seit Jahren eine Evaluation des Afghanistan-Einsatzes fordern, die mit dem bekannten katastrophalen Ergebnis immer wieder blockiert wurde und, nachdem das Drama in Afghanistan nun passiert ist, die so wichtige Evaluation am Parlament vorbei durchgepeitscht werden soll", sagte sie der dpa.
In dem ARD-Bericht hieß es dazu, das zuletzt von Spannungen geprägte Verhältnis Kramp-Karrenbauers zu den Verteidigungspolitikern werde nun um eine Anekdote reicher.
- Nachrichtenagentur dpa