"Nicht der richtige Ort" "taz" gibt Seehofer-Plänen einen Korb – und macht Gegenvorschlag
Keine Anzeige, dafür ein persönliches Treffen: Innenminister Horst Seehofer wollte die "taz" nach dem umstrittenen Polizei-Artikel in sein Ministerium einladen. Doch die Zeitung hat eine andere Idee.
Die Tageszeitung "taz" hat sich offen für eine Gesprächseinladung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gezeigt – schlägt aber einen anderen Ort vor. "taz"-Chefredakteurin Barbara Junge reagierte am Donnerstag darauf so: "Ich halte aber das Bundesinnenministerium nicht für den richtigen Ort für dieses Gespräch und schlage einen gemeinsamen Besuch der Polizeischule in Eutin vor, die ihrem Rassismusproblem in den eigenen Reihen begegnet, indem sie sich dem Netzwerk "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" angeschlossen hat."
Seehofer hatte zuvor angekündigt, wegen einer umstrittenen Kolumne die Chefredaktion der linken Tageszeitung mit Sitz in Berlin in das Bundesinnenministerium einzuladen, "um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen". Zugleich zog er nach vier Tagen Hängepartie einen Schlussstrich unter seine ursprüngliche Ankündigung vom Sonntag in der "Bild"-Zeitung, Anzeige gegen die "taz"-Verfasserin der polizeikritischen Kolumne zu verfassen. Eine Strafanzeige wird es nun doch nicht geben.
"Ein massiver Einschüchterungsversuch"
Chefredakteurin Junge teilte dazu mit: "Die Ankündigung einer Anzeige gegen unsere Autor.in war ein massiver Einschüchterungsversuch und ein beschämender Angriff auf die Pressefreiheit. Es ist bezeichnend, dass der Bundesinnenminister für eine solche Erkenntnis vier Tage gebraucht hat."
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Junge sagte auch: "Die taz führt gerade eine leidenschaftliche Diskussion über Rassismus und Polizei und den journalistischen Umgang damit. Dass sich der Bundesinnenminister daran beteiligen möchte, begrüße ich."
Die polizeikritische Kolumne der Journalistin war Anfang vergangener Woche erschienen. Darin ging es um ein Gedankenspiel, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde, der Kapitalismus aber nicht. Zum Schluss hieß es in dem Text: "Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten."
- Nachrichtenagentur dpa