Generaldebatte im Bundestag Bartsch fordert "Spielabbruch und neue Mannschaften"
Im Bundestag streiten Regierung und Opposition über den Kurs der Groko. Die Opposition versucht sich an einer Abrechnung, Angela Merkel verteidigt sowohl Haushalt als auch Klimapaket.
Zum Auftakt der Generaldebatte im Bundestag hat AfD-Chef Alexander Gauland die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. Mit dem Fokus auf erneuerbare Energien habe sich die Regierung dazu entschieden, das Klima zu retten und setze damit die Versorgungssicherheit in Deutschland aufs Spiel. Die Klimaschutzdebatte sei "dermaßen ersatzreligiös aufgeladen", dass es gar keine Rolle mehr spiele, ob diese auch richtig sei.
Gauland sagte, ein Blackout sei derzeit wahrscheinlicher als die Klimakatastrophe. Zudem forderte er: "Wer wirklich etwas gegen die Klimakatastrophe tun will, muss den Blick auf die Bevölkerungsexplosion in Afrika richten".
Merkel will Einigung im Bundesrat über Klimapaket bis Jahresende
Im Anschluss hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel das Wort. In ihrer Rede lobte sie die Erfolge der Bundesregierung. Besonders hob sie das Klimapaket der Bundesregierung hervor. Deutschland stelle ein Prozent der Weltbevölkerung, sei aber für zwei Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Andererseits sei Deutschland bei Technologieentwicklungen führend. "Wer, wenn nicht wir, soll denn zeigen, dass es geht?", sagte sie.
Merkel sprach sich für eine möglichst schnelle Einigung mit den Ländern über strittige Punkte des Klimaschutzprogramms aus. Sie hoffe, dass mit dem Bundesrat bis Jahresende Lösungen gefunden werden können.
Merkel fordert gemeinsame europäische China-Politik
Zudem hat Merkel die Europäer eindringlich zu einem gemeinsamen Kurs gegenüber China aufgerufen und gleichzeitig vor einer Abschottung gegenüber Peking gewarnt. Sie sehe es als "eine der größten Gefahren", dass jeder EU-Mitgliedsstaat seine eigene China-Politik mache. "Das wäre nicht für China verheerend, aber es wäre für uns in Europa verheerend."
Beim Thema Bundeshaushalt hat sich Merkel gegen neue Schulden ausgesprochen. Merkel sagte, sie könne nicht verstehen, weshalb über einen ausgeglichenen Haushalt so "abfällig" gesprochen werde. Wenn man in Zeiten niedriger Zinsen Schulden machen wolle, was solle dann in Zeiten höherer Zinsen geschehen. "Man kann doch Investitionen nicht erst gut finden, wenn sie Schulden verursachen." Hier gebe es durchaus unterschiedliche Einschätzungen in der großen Koalition von Union und SPD.
"Ich bin dabei, schön, wenn Sie es auch sind"
Dennoch plädierte Merkel für eine Fortsetzung der großen Koalition mit der SPD. "Wir haben sehr viel angefangen, aber vieles muss noch weitergemacht werden", sagte die Kanzlerin am Mittwoch zum Abschluss ihrer Rede. "Deshalb finde ich: Wir sollten die Legislaturperiode lang weiterarbeiten", sagte sie weiter.
Ihre "persönliche Meinung" sei: "Ich bin dabei, schön, wenn Sie es auch sind", fuhr Merkel fort. Mit ihren Äußerungen spielte die Kanzlerin auf die Debatte in der SPD über die Fortsetzung der großen Koalition an. Bei den Sozialdemokraten gibt es eine lebhafte Diskussion über die Frage, ob das Bündnis mit der Union fortgesetzt wird.
Lindner kritisiert Wirtschaftspolitik der Bundesregierung
FDP-Chef Christian Lindner kritisierte in seiner Rede das schwache Wachstum der Wirtschaft in Deutschland. Es gebe keinerlei Wachstumsdynamik, sagte Lindner. „Diese Bundesregierung geht schlafwandlerisch auf eine drohende Wirtschaftskrise, schlafwandlerisch auf einen Wirtschaftsabsturz zu“, sagte Lindner weiter.
Er warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, sich in ihrer Rede kaum zu diesem Thema geäußert zu haben. "Wer die Wirtschaft links liegen lässt, darf sich über Probleme von rechts irgendwann nicht wundern."
"Es gibt ein Klima des Misstrauens und der Bevormundung"
Lindner warf der Bundesregierung konkret vor, sich einseitig auf die Elektromobilität zu konzentrieren. Dies führe zu einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen in den Unternehmen, die auf Dieseltechnologie gesetzt hätten. Der FDP-Fraktionschef kritisierte auch die Wohnungspolitik der großen Koalition. Die Zahl der Baugenehmigungen sei eingebrochen. Die Wohnraumoffensive sei gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen habe.
"Man kümmert sich nicht um die wirklich wichtigen Fragen", sagte Lindner an die Adresse der Bundesregierung. "Und es gibt ein Klima des Misstrauens und der Bevormundung, das von der Regierung ausgeht."
SPD Fraktionschef: Ländliche Raum darf bei Infrastruktur nicht vernachlässigt werden
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat die Bedeutung eines starken und sozialen Staats betont. Mützenich sagte, es gehe darum, die Menschen bei den großen Veränderungen durch den digitalen Wandel und Umbrüchen in der Arbeitswelt mitzunehmen. Die Menschen machten sich zu Recht Sorgen. Sie müssten sich auf einen Staat verlassen können, der investiere und die richtigen Rahmenbedingungen schaffe. Der ländliche Raum dürfe bei der Infrastruktur nicht vernachlässigt werden.
"Spielabbruch und neue Mannschaften wären das beste"
Der Chef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, hat die Politik der großen Koalition in der Generaldebatte heftig kritisiert und ein Ende des Regierungsbündnisses von Union und SPD gefordert. Die Politik der Koalition sei vielfach "grottenschlecht". "Eigentlich dürfte man die zweite Hälfte ihrer Spielzeit gar nicht mehr anpfeifen. Spielabbruch und neue Mannschaften wären das beste", sagte Bartsch.
Hofreiter fordert mehr Investitionen und Anstrengungen beim Klimaschutz
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hielt der großen Koalition vor, sie betreibe eine "Politik, die von der Substanz dieses Landes zehrt". "Wir brauchen mehr Investitionen, wenn wir Wettbewerbsfähigkeit verteidigen wollen." Hofreiter warb für das Vorhaben der Grünen, die Schuldenbremse im Grundgesetz zu lockern, um mehr investieren zu können.
Es sei zwar gut, dass Kanzlerin Merkel nach der Bankenkrise gelungen sei, den Schuldenstand zu reduzieren. Aber diese Antwort müsse angesichts neuer Herausforderungen heute nicht mehr richtig sein.
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Hofreiter verlangte zudem mehr Anstrengungen beim Klimaschutz. In der nächsten Dekade werde sich entscheiden, "ob wir den Kampf gegen die Klimakrise noch gewinnen können". Er rief zu mutigeren Maßnahmen auf, als sie die Bundesregierung mit ihrem Klimapaket plane. "Der kleinste gemeinsame Nenner wird uns in die größtmögliche Krise führen."
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP