Bundestag verabschiedet Asylpaket Mehr Abschiebungen, mehr Fachkräfte und etwas mehr Geld
Der Bundestag hat mit den Stimmen der großen Koalition neue Gesetze zu Asyl und Migration beschlossen. Union und SPD wollen damit die Migration nach Deutschland "steuern und begrenzen".
Nach einer Debatte voller Zwischenrufe und persönlicher Angriffe hat der Bundestag ein umfangreiches Paket mit Neuregelungen zu Asyl, Arbeitsmigration und Abschiebungen beschlossen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bezeichnete die sieben Gesetze in der abschließenden Debatte am Freitag als "Zäsur in der Migrationspolitik". Die neuen Regeln sollen Abschiebungen erleichtern, mehr Fachkräfte anlocken, und bestimmte Gruppen finanziell etwas besser stellen.
Seehofer wies in der hitzigen Debatte zum Rückkehr-Gesetz Vorwürfe zurück, die Neuregelung widerspreche rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die Menschenrechte würden keinesfalls "mit Füßen getreten", sagte er. Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Eva Högl wies die von Menschenrechtsorganisationen sowie Linken und Grünen geäußerte Kritik ebenfalls zurück. Insbesondere auch die Regelungen zur Abschiebehaft und dem Ausreisegewahrsam folgten "rechtsstaatlichen Grundsätzen".
Für Fachkräfte soll es einfacher werden
Zu dem Paket gehört unter anderem das "Geordnete-Rückkehr-Gesetz", das mit 372 zu 159 Stimmen bei 111 Enthaltungen angenommen wurde. Es sieht etwa den neuen Status einer "Duldung für Personen mit ungeklärter Identität" vor. Ihn soll erhalten, wer seine Abschiebung durch Täuschung der Behörden zu verhindern versucht. Mit den Stimmen der Union, der SPD und der AfD wurde außerdem die Verlängerung einer Regelung beschlossen, die Geflüchtete verpflichtet, an einem bestimmten Ort zu wohnen.
Gleichzeitig soll die Zuwanderung für Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten leichter werden. Der Bundestag beschloss das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ebenfalls mit klarer Mehrheit. Die Beschränkung auf Engpassberufe soll ebenso entfallen wie die Vorrangprüfung, bei der untersucht wird, ob auch Deutsche oder andere EU-Bürger für eine Stelle infrage kommen. Wer Deutsch kann und ausreichend qualifiziert ist, soll auch zur Jobsuche für bis zu sechs Monate kommen dürfen.
Betroffene haben dabei allerdings keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Seehofer bezeichnete die Neuregelung als den wichtigsten Teil des Migrationspakets. "Eine jahrzehntelange Debatte geht damit zu Ende." Der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci sagte, es handele sich noch nicht um das "Einwanderungsrecht aus einem Guss", aber um einen "guten Schritt nach vorne".
Auch eine Anhebung der Geldleistungen für bestimmte Asylbewerber beschlossen die Abgeordneten. Alleinstehende Erwachsene sollen künftig 150 Euro im Monat erhalten, statt bisher 135 Euro. Den Steuerzahler wird die Reform nicht mehr Geld kosten, da für Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften künftig niedrigere Regelsätze gelten sollen. Asylbewerber bei denen noch nicht klar ist, ob sie langfristig bleiben dürfen, sollen zudem schneller arbeiten dürfen. Die Sprachförderung soll für einige Gruppen von Ausländern geöffnet werden, die davon bisher ausgeschlossen waren.
Weiterhin beschlossen die Abgeordneten, dass alleinstehende Erwachsene länger in Erstaufnahmeeinrichtungen wohnen sollen – im Regelfall bis zu 18 Monate. Bisher werden sie grundsätzlich nach einem halben Jahr auf die Kommunen verteilt. Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern und "Identitätstäuscher" sollen noch länger in den großen Einrichtungen bleiben. Für Familien gelten kürzere Fristen.
Linke: Gesetze "voller Schäbigkeiten"
Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg kritisierte in der Debatte die Asylgesetze als "Flickschusterei". Die "GroKo" ringe um ihre Handlungsfähigkeit, die Handlungsfähigkeit des Rechtsstaates trete dabei in den Hintergrund. Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke monierte, das Gesetz stecke "voller Schäbigkeiten" zum Abbau von Grundrechten. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz bezeichnete es als "unmöglich", dass das Gesetz bereits wenige Tage nach einer Reihe von Anhörungen im Bundestag zur Abstimmung stand.
Grüne und Linke waren zuvor mit dem Versuch gescheitert, das umfangreiche Migrationspaket im letzten Moment von der Tagesordnung zu streichen. Die Fraktionen hatten argumentiert, dass für eine seriöse Beratung nicht genügend Zeit gewesen sei.
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Nach Ansicht der AfD wird das Gesetzespaket die Zahl der Abschiebungen nicht erhöhen. Es handele sich um einen "Katalog hohler Ankündigungen", sagte Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann. Nicht zuletzt wegen der kurzfristig vorgelegten Änderungsanträge verlangten Linke und Grüne in einer Geschäftsordnungsdebatte zum Auftakt der Sitzung die Absetzung der Beratungen, was aber keine Mehrheit fand.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP