Bremer Bamf-Skandal Bundespolizei schaltet sich in Ermittlungen ein
In der Affäre um unrechtmäßige Asylbescheide fährt das Bundesinnenministerium jetzt schwere Geschütze auf: Auch die Bundespolizei soll bei den Ermittlungen mitwirken.
Angesichts der strafrechtlichen Ermittlungen rund um den Skandal in der Bremer Bamf-Außenstelle ist eine gemeinsame Ermittlungsgruppe der Zentralen Antikorruptionsstelle und des Landeskriminalamts Bremen mit Unterstützung der Bundespolizei geplant. Das teilte der Bremer Senat nach einem Krisentreffen von Bund, betroffenen Ländern und Bundesflüchtlingsamt am Freitag in der Hansestadt mit.
Mitarbeiter der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sollen nach Angaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen ohne ausreichende Grundlage Asyl gewährt haben.
An dem Krisentreffen nahm eine Delegation des Bundesinnenministeriums unter Leitung von Staatssekretär Helmut Teichmann teil, darüber hinaus Vertreter der Innenressorts aus Niedersachsen und Bremen und Bamf-Mitarbeiter aus Nürnberg. Die in die Kritik geratene Präsidentin der Flüchtlingsbehörde, Jutta Cordt, wollte sich öffentlich zunächst nicht äußern. Sie werde am Dienstag im Innenausschuss des Bundestages aussagen, erklärte sie.
Cordts Zukunft soll nächste Woche geklärt werden
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am Mittwoch entschieden, dass in der Bremer Außenstelle vorerst keine Asylentscheidungen mehr getroffen werden dürfen. Eine Sprecherin seines Ministeriums sagte in Berlin, aktuell liefen "Schulungen" für die knapp 50 Mitarbeiter. Anfang kommender Woche werde Bamf-Vizepräsident Ralph Tiesler zu einem Gespräch mit ihnen nach Bremen kommen. Dann werde über ihren künftigen Einsatz beraten.
Die vorübergehende und inzwischen gegen ihren Willen versetzte Bremer Bamf-Leiterin Josefa Schmid hat das Bundesamt in der Affäre auf rund 200 weitere Fälle aufmerksam gemacht. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage des AfD-Abgeordneten Götz Frömming zu einem von Schmid verfassten Bericht hervor. Darin heißt es: "Von den Fällen, die in der eigeninitiativ verfassten schriftlichen Darstellung der interimsweise eingesetzten Außenstellenleiterin aufgeführt wurden, waren bereits rund 90 Prozent in die Prüfung einbezogen, die im Herbst 2017 durch die Interne Revision des BAMF begonnen wurde. Die übrigen rund 200 Fälle befinden sich aktuell in der Überprüfung."
Schmid war im vergangenen Januar als neue Leiterin der Außenstelle nach Bremen geschickt worden. Sie listete in den folgenden Wochen Unregelmäßigkeiten bei der Bearbeitung früherer Asylanträge auf. Das Ergebnis ihrer Recherche stellte sie erst der Bamf-Leitung in Nürnberg und dann dem Bundesinnenministerium zur Verfügung. Das Bamf zog Schmid nach vier Monaten aus Bremen ab.
Staatssekretär räumt Versäumnisse ein
Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Mayer (CSU), räumte ein, im Nachhinein hätte er die Hinweise Schmids anders behandelt. "Wenn ich gewusst hätte, welche Brisanz und vor allem auch welche tatsächliche Aktualität in diesen Vorgängen liegt, dann hätte man natürlich einiges beschleunigen können und auch müssen", sagte er vor Journalisten im bayerischen Kiefersfelden.
Schmid hatte am 4. April mit Mayer telefoniert und ihm am gleichen Abend ihre Analyse der Vorgänge in Bremen geschickt. Diese habe er aber erst am 16. April nach seiner Rückkehr von einer Dienstreise gelesen, so Mayer. Innenminister Seehofer erfuhr nach Angaben seines Ministeriums erst am 19. April von den Vorwürfen.
Die FDP bereitet derweil einen Einsetzungsantrag für den Untersuchungsausschuss zur Arbeit des Bamf vor. Eine erste Beratung im Plenum sei für den 7. Juni vorgesehen, hieß es aus der Fraktion.
Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, sagte der "Rheinischen Post" (Samstag), Seehofer müsse Konsequenzen für die Zukunft des Bamf ziehen. "Wir erwarten, dass die von uns geforderte Qualitätsoffensive beim Bamf schnell kommt." 13 Jahre lang hätten die Innenminister der Union vor Seehofer offenbar nicht richtig hingeschaut.
- dpa