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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Drei Männer als CSU-Minister Seehofer verhindert Frauenanteil von 50 Prozent
CSU-Chef Horst Seehofer hat vor dem CSU-Vorstand erklärt, wen er gerne als Minister in die Bundesregierung schicken würde. Neben sich selbst. Um ein Personalproblem zu lösen, handelt er einen weiteren Posten aus.
Das sind die neuen Minister der CSU: Zwei Bayern und ein Schwabe. Dazu kommt eine Fränkin als Staatsministerin im Kanzleramt.
Das heißt auch: Während SPD und CDU jeweils mindestens so viele Frauen wie Männer ins Kabinett schicken, macht Seehofer drei Männer und keine Frau zu Ministern und verhindert so, dass der Regierung mindestens 50 Prozent Frauen angehören. Das hatte Merkel eigentlich als Ziel ausgegeben, aber auch gesagt, sie könne die Entscheidung der Koalitionspartner nicht beeinflussen.
So werden künftig sieben Frauen und neun Männer der Regierung angehören.
Innenminister: Horst Seehofer (68)
Das Innenministerium übernimmt Seehofer selbst. Während der Koalitionsverhandlungen war lange unklar, ob der CSU-Chef nach Berlin kommen würde und ob er dort ein angemessen wichtiges Ministerium finden würde, nachdem klar war, dass ihn Markus Söder vom Posten des bayerischen Ministerpräsidenten verdrängen würde.
Als noch Jamaika verhandelt wurde, hieß es immer wieder, er könne sich das Sozialministerium vorstellen. Das beansprucht aber traditionell die SPD. Und dass sich Seehofer, der schon Gesundheits- und Landwirtschaftsminister war, mit einem kleineren Ressort zufrieden geben würde, war ausgeschlossen.
Jetzt übernimmt er nicht nur das Innenministerium, es wird auch noch durch die Bereiche Bau und Heimat ergänzt – auch wenn nach wie vor unklar ist, was genau das Heimatministerium unter Heimat versteht und was seine Aufgaben sein könnten. Seehofer hat dazu wenig gesagt. Klar ist jetzt wohl, dass das Landwirtschaftsministerium für die Entwicklung des ländlichen Raums hauptzuständig bleiben soll. Auch im Heimatministerium soll aber dazu gearbeitet werden.
Seehofer hat sich als manchmal krawalliger Merkelkritiker mit Hang zu Stammtischparolen präsentiert, etwa, als er sagte, er werde Deutschlands Grenzen "bis zur letzten Patrone" verteidigen. Dass er auch Heimatminister werden will, sorgte bei politischen Gegnern für Spott.
Doch Seehofer ist mehr als Überzeugungsbayer und Lautsprecher: Gleichzeitig wird er in CDU und SPD für seine Verbindlichkeit und seine Erfahrung geschätzt. Dass es in der CSU hieß, nur er könne eine Regierung verhandeln, war nicht nur der Versuch, ihn aus Bayern nach Berlin abzuschieben; es war auch ein Lob seiner Fähigkeiten.
Verkehrsminister: Andreas Scheuer (43)
Scheuer hat sich vor allem als Seehofer-Adlatus, bissiger Generalsekretär und durch den Verlust seines Doktorgrads einen Namen gemacht. Er suchte bisher, wie es seiner Rolle entsprach, die Öffentlichkeit und provozierte gern. Er kann aber auch anders.
Das Verkehrsministerium kennt er bereits: Er war dort schon einmal Staatssekretär. Als enger Vertrauter Seehofers könnte sich seine Zuständigkeit mit dessen verbinden. Mit beiden Häusern hat die CSU die relevante Infrastruktur in der Hand: Wohnen, Straßen, Internet.
Man kann davon ausgehen, dass beide sich eng abstimmen werden, um gerade den ländlichen Raum zu stärken, wo die CSU am stärksten ist.
Sein Vorgänger, Alexander Dobrindt, der auch schon sein Vorgänger als Generalsekretär gewesen war, machte als Minister keine glückliche Figur: Vor allem der Diesel-Skandal und die jetzt drohenden Fahrverbote in Innenstädten werden auch Scheuer noch beschäftigen.
Minister für Entwicklungszusammenarbeit: Gerd Müller (62)
Müller bleibt als einziger CSU-Minister im Amt. Und als einziger wurde seine Arbeit in den vergangenen vier Jahren eher positiv als negativ bewertet, auch wenn Müller vielen Menschen immer noch so unbekannt ist wie vor vier Jahren, als er vom Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium zum Minister wurde.
Müller hat vor allem mit seinem "Marshallplan mit Afrika" auf sich aufmerksam gemacht. "Mit Afrika", nicht "für Afrika", wie auch Müller ab und an noch sagte, weil es um Zusammenarbeit gehen soll. Kernziel: Die Wirtschaft vor Ort stärken, nicht einfach Geld verteilen.
Als es zwischendurch so aussah, als könne sein Ministerium an Dorothee Bär gehen, kündigte er an, um sein Amt kämpfen zu wollen.
Staatsministerin für Digitales: Dorothee Bär (39)
In den vergangenen Wochen war die Liste der Ministerkandidaten auf Seehofer, Scheuer, Müller und Bär zusammengeschnurrt. Eigentlich sollte die CSU auch eine Frau nach Berlin schicken, eigentlich konnte das nur Bär sein. Andererseits sollte Müller nicht abgesetzt werden und Bär war immer vor allem durch Netzpolitik und Digitalkompetenz aufgefallen.
Die Lösung für sein Problem: Seehofer nutzte die Lage, nutzte die verbreiteten Diskussionen um die Notwendigkeit eines Digitalministeriums, um einen vierten Staatsminister-Posten im Kanzleramt durchzusetzen. Der war im Koalitionsvertrag noch nicht vorgesehen. Dort wird Bär künftig als Staatsministerin für Digitales sitzen.
Bär, die in der vergangenen Legislaturperiode Staatssekretärin im Verkehrsministerium war, twittert nicht nur viel, sie ist zum Beispiel auch Vorsitzende des netzpolitischen Arbeitskreises der CSU.
Als Staatsministerin gehört sie nicht dem Kabinett an, sie ist nicht Ministerin. Sie ist Staatssekretärin mit anderem Namen. Aber dürfte trotzdem eine größere Rolle in der Öffentlichkeit spielen.
Ein neuer Generalsekretär und zwei Staatssekretäre
Zwei weitere Staatssekretäre stellt die CSU: Der Jurist Thomas Silberhorn (49), bisher Staatssekretär im Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit und schon seit 16 Jahren im Bundestag, wechselt ins Verteidigungsministerium. Stephan Mayer, zuletzt innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, wird Staatssekretär im Innenministerium.
Nachfolger von Scheuer als Generalsekretär wird sein bisheriger Stellvertreter Markus Blume (43), der auch im bayerischen Landtag sitzt. Er gilt als eher zurückhaltend, gerade für einen Generalsekretär. Seehofer hatte ihn zuletzt als großen Strategen bezeichnet. Stellvertreterin wird die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (42).