Klage vorm Bundesverfassungsgericht AfD will Reform der Schuldenbremse verhindern

Im alten Bundestag könnten Union, SPD und Grüne die Schuldenbremse noch reformieren. Deshalb will die AfD dessen Einberufung unbedingt verhindern.
Die AfD fordert eine Absage der geplanten Sondersitzungen des alten Bundestags zur Lockerung der Schuldenbremse und will dies notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Der stellvertretende Parteivorsitzende Stephan Brandner bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Rheinischen Post". Die Sondersitzungen sind für kommende und übernächste Woche angesetzt.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sei nach Überzeugung der AfD verpflichtet, den neuen Bundestag einzuberufen, nicht den alten, sagte Brandner. "In der kommenden Woche liegen dafür mit dem amtlichen Endergebnis der Bundestagswahl die Voraussetzungen vor. Der alte Bundestag ist allenfalls legitimiert, in Notfällen zu handeln, aber nicht, um grundlegende Weichen für die Zukunft zu stellen."
Knackpunkt Zwei-Drittel-Mehrheit
SPD und Union hatten bei ihren Sondierungen zur Bildung einer möglichen neuen Bundesregierung den Infrastruktur-Sondertopf in Höhe von 500 Milliarden Euro vereinbart sowie eine Lockerung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, so dass im Bereich Verteidigung massiv investiert werden kann. Begründet wird das mit der angespannten internationalen und wirtschaftlichen Lage.
Die Pläne erfordern eine Grundgesetzänderung, für die in Bundestag und Bundesrat Zwei-Drittel-Mehrheiten nötig sind. Im neu gewählten Bundestag, der sich erst am 25. März zu seiner Auftaktsitzung trifft, kommen Union, SPD und Grüne wegen der Zugewinne von AfD und Linken nicht mehr auf eine solche Mehrheit.
Solange der neue Bundestag sich nicht konstituiert hat, gilt der alte noch als arbeits- und beschlussfähig. Nach Beratungen des Ältestenrates hatte Bas auf Verlangen von Union und SPD daher Sondersitzungen des alten Parlaments einberufen. Dort gibt es die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit noch. Nach Artikel 39 Grundgesetz können Sondersitzungen einberufen werden, wenn ein Drittel der Mitglieder des Bundestags dies verlangt.
AfD will Einberufung des alten Bundestags stoppen
Brandner kündigte ein Schreiben an Bas an, in dem diese aufgefordert wird, die Sitzungen abzusagen. Sollte sie dies nicht tun, werde zu Beginn der kommenden Woche in Karlsruhe ein Verfahren eingeleitet, mit dem Ziel die Einberufung des alten Bundestags zu untersagen. "Wir als Abgeordnete haben nicht genügend Zeit zur Einarbeitung und zur politischen Willensbildung, um über Grundgesetzänderungen zu entscheiden", sagte er.
Die AfD-Anwälte argumentieren, schon die Einberufung sei nichtig, da nach Angaben der Bundestagspräsidentin lediglich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD diese verlangt hätten, nicht aber wie vom Grundgesetz gefordert, ein Drittel aller Abgeordneten. Fraktionen seien nicht befugt, ein Verlangen nach Artikel 39 Grundgesetz zu stellen. Es müssten konkrete, handschriftlich unterzeichnete Verlangen namentlich benannter Abgeordneter vorliegen, so das Argument der AfD.
Auch die Linke prüft Klage
Neben der AfD erwägt auch die Linke juristische Schritte. "Wir prüfen momentan verschiedenste rechtliche Optionen um, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Christian Görke der dpa.
Die parteilose Abgeordnete Joana Cotar (früher AfD) hat bereits angekündigt, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Sie bestätigte auf Anfrage einen entsprechenden "Bild"- Bericht. Es sei nicht vermittelbar, warum "völlig ohne Not das alte Parlament noch einmal antreten soll", wo doch ein neuer Bundestag in den Startlöchern stehe. "Dieses Vorgehen verletzt die Rechte der Mitglieder des Deutschen Bundestags, da uns die Zeit fehlt, ordnungsgemäß über die Vorschläge zu beraten."
- Nachrichtenagentur dpa