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Kritik an Wagenknecht: Das ist eine gefährliche Nachricht für die Ukraine


Meinung
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Kritik an Wagenknecht
Das ist der eigentliche Skandal

MeinungVon Christoph Cöln

Aktualisiert am 06.11.2024Lesedauer: 3 Min.
Sahra Wagenknecht bei einer Pressekonferenz des Bündnis Sahra Wagenknecht (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Sahra Wagenknecht bei einer Pressekonferenz des Bündnis Sahra Wagenknecht (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Bernd Elmenthaler)
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Sahra Wagenknecht bringt den aufmüpfigen Landesverband in Thüringen auf Linie. Daran entzündet sich Kritik. Doch die etablierten Parteien sollten lieber auf sich selbst schauen.

Immer wenn eine neue Partei in die Parlamente drängt, lautet das Motto bei den Etablierten meist: Ignorieren, Aussitzen und darauf warten, dass sich die neue Konkurrenz selbst entzaubert und alsbald wieder verschwindet. Im Fall des Bündnis Sahra Wagenknecht dürfte diese Strategie nicht funktionieren. Dafür ist das BSW zu erfolgreich. Ignorieren geht nicht mehr. Nur noch koalieren – andernfalls droht in einigen Landesparlamenten eine Machtübernahme der AfD.

In Brandenburg bilden voraussichtlich BSW und SPD bald eine Regierung und auch in Thüringen wollen CDU und SPD mit dem Bündnis zu einer "Brombeerkoalition" zusammengehen. Klingt schmackhaft, ist aber nichts anderes als Koalieren aus Notwehr.

Pikanterweise besteht Parteigründerin Sahra Wagenknecht auf einer ziemlich unappetitlichen Klausel: Im Tausch für das Ja-Wort sollen die Bürgerlichen im Koalitionsvertrag gewissermaßen der Kapitulation der Ukraine vor dem russischen Aggressor zustimmen. Die als pragmatisch geltende BSW-Vorsitzende Katja Wolf schwächte die Klausel ab, während SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke in Brandenburg die Klausel ohne viel Aufhebens abnickte.

Das darf man als veritablen Hammer bezeichnen. Nicht ganz zu Unrecht warf Brandenburgs CDU-Chef den Sozialdemokraten Verrat an den eigenen Überzeugungen vor. Die SPD habe einen "Kotau" vor Wagenknecht gemacht, sagte Jan Redmann. "Es geht ihr nur um ihre eigene Macht".

Das hat Politik so an sich. Ohne Macht, kein Einfluss. Niemand weiß das besser als Sahra Wagenknecht. Die brachte, unterstützt von ein paar Emissären, den aufmüpfigen Thüringer Landesverband auf Linie – und zwar mittels Daumenschrauben. Die Äußerungen aus der BSW-Bundesspitze erinnerten fast schon an Mobbing, manche sprechen bereits von einer "Kaderpartei" nach sozialistischem Vorbild.

Gejammer über das BSW ist fehl am Platz

Dabei macht Wagenknecht eigentlich nur das, was jede versierte Machtpolitikerin tun würde: Sie schiebt den Zentrifugalkräften in ihrer noch jungen Organisation frühzeitig einen Riegel vor und zeigt den Parteifreunden in Erfurt, wo der Barthel den Most holt: nämlich in Berlin, bei Wagenknecht persönlich. Ohne sie geht nichts im BSW. Das weiß ab sofort nicht nur Katja Wolf.

Das Gejammer über die vermeintlich antidemokratischen Methoden der ehemaligen Galionsfigur der kommunistischen Plattform ist dennoch fehl am Platz. Auch andere Parteien pochen ihren Landesverbänden gegenüber bei Bedarf vehement auf die Einhaltung von Bundesbeschlüssen und ihren Auftrag zur politischen Willensbildung.

Genau damit rechtfertigt Wagenknecht auch den harten Umgang mit den eigenen Leuten. Die Klausel müsse 1:1 im Koalitionsvertrag enthalten sein, um den Wählerauftrag zu erfüllen, und der lautet nach der Interpretation der BSW-Spitze: Frieden schaffen.

Wirklich empörend ist die Ignoranz der Bürgerlichen

Zuvorderst soll es diesen Frieden in der Ukraine geben (zum Nahen Osten hört man vom BSW kaum ein Wort), allerdings zu Bedingungen, die für das von Russland völkerrechtswidrig überfallene Land vollkommen inakzeptabel sind.

Wagenknecht stört das nicht. Sie will bald wieder in den Bundestag. Und ihr populistischer Friedens-Schlager verfing in den Landtags-Wahlkämpfen einfach zu gut, als dass ihm die komplexe Wirklichkeit im Weg stehen dürfte. Zu dieser Wirklichkeit gehört, dass die Bedrohung durch den russischen Tyrannen mit der umstrittenen Präambel im Thüringer und Brandenburger Koalitionsvertrag eher größer als kleiner wird. Putin schaut genau hin, was bei uns passiert.

Der eigentliche Skandal ist die Ignoranz mancher etablierter Parteien gegenüber der Beistandsverpflichtung mit der Ukraine, die sich inzwischen breitmacht. Die dürfte nämlich bald nichts mehr wert sein. Da kann der Kanzler noch so oft sagen, dass die Ukraine sich auf Deutschland verlassen kann, "solange es nötig ist". Ja, nur worauf kann sich das Land da verlassen?

Eine sehr gefährliche Nachricht für die Ukraine

Kaum ein Wort kam Scholz zum Einsatz nordkoreanischer Truppen im Ukrainekrieg über die Lippen. Stattdessen singen immer mehr Sozialdemokraten das Friedenslied und klingen dabei, als hätten sie Blaupausen aus Moskau auswendig gelernt. So wird die Solidarität mit der Ukraine an den Kreml verramscht. Das ist nicht nur unanständig, sondern verantwortungslos. Die Ukraine ist ein Teil Europas, ihre Soldaten sterben auch für die Freiheit Europas.

Anstatt danach zu handeln und sich von den durchschaubaren Versuchen russischer Einflussnahme abzugrenzen, scheinen die Sozialdemokraten das BSW nun links überholen zu wollen und zum Kuschelkurs mit dem Kremlherrscher zurückzukehren. Das ist in etwa so effektiv wie der Versuch der CDU, die populistische Migrationspolitik der AfD mit noch restriktiveren Vorschlägen zur Einwanderung eindämmen zu wollen. Am Ende werden die Bürger nicht die bürgerliche Kopie, sondern das radikalere Original wählen.

Wagenknecht und ihre Partei werden sich nicht einfach selbst zerlegen. Das BSW wird so schnell nicht verschwinden, wie es die anderen Parteien vielleicht hoffen. Für die Ukraine ist das eine gefährliche Nachricht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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