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"Knockout 51": Polizeiskandal um Neonazibande weitet sich aus


Neue Razzia, neue Beschuldigte
Polizeiskandal um Neonazibande weitet sich aus


12.09.2024Lesedauer: 2 Min.
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Selbstinszenierung von Knockout 51 vor ihrem Trainingsort, der NPD-Zentrale in EisenachVergrößern des Bildes
Selbstinszenierung von "Knockout 51" vor ihrem Trainingsort, der NPD-Zentrale in Eisenach: Der Generalbundesanwalt sieht in der Bande eine Terrorgruppe – und in mehreren Polizisten Verdächtige. (Quelle: Antifaschistische Gruppen Südthüringen)

Weitere Polizeibeamte in Thüringen werden verdächtigt, Dienstgeheimnisse an eine mutmaßliche Terrorgruppe durchgestochen zu haben. Mindestens einer galt sogar als Mitglied. Das Innenministerium schweigt.

Die Staatsanwaltschaft Gera hat weitere Verfahren gegen Thüringer Polizeibeamte eingeleitet, weil sie dienstliche Informationen an die Neonazi-Gruppe "Knockout 51" weitergegeben haben sollen. Das sagte Oberstaatsanwalt Thomas Riebel auf Anfrage von t-online. Insgesamt sei man zwischenzeitlich von zehn Beschuldigten ausgegangen.

Mehrere Polizeibeamte seien zwar entlastet worden, seit Mitte Juli dafür aber weitere Beschuldigte hinzugekommen. Derzeit werde wieder gegen fünf Beamte und einen ehemaligen ermittelt. Dem mittlerweile aus dem Dienst entfernten Polizisten werde weiterhin auch die Mitgliedschaft in der Gruppe vorgeworfen. Die weitergegebenen Dienstgeheimnisse spielen laut Informationen von t-online auch in verwandten Verfahren des Generalbundesanwalts gegen mutmaßliche Unterstützer der Gruppe eine Rolle.

"Kumpel bei der Polizei"

Mitte Juli waren vier Rädelsführer und Mitglieder von "Knockout 51" vor dem Oberlandesgericht Jena zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten Ermittlungen und Prozess zufolge jahrelang Angst und Schrecken in Eisenach verbreitet, politische Gegner und Polizisten zum Teil schwer verletzt.

Rechtskräftig sind die Urteile noch nicht: Das Gericht sah lediglich eine kriminelle Vereinigung durch den Prozess bestätigt, der Generalbundesanwalt strebt aber weiterhin eine Verurteilung wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung an und hat Revision eingelegt. Weiteres Aufsehen erregten die offenkundigen Verbindungen zu Polizisten, die von Angeklagten in abgehörten Gesprächen zum Teil als "Kumpel" oder "gute Kontakte" beschrieben wurden.

Einige entlastet, einige neu beschuldigt

Im Prozess hatte sich herausgestellt, dass der damalige Polizist L. sich der Gruppe zugehörig fühlte. Er wurde kurz nach der Verhaftung der Neonazis Mitte 2022 aus dem Dienst entfernt und wird der Mitgliedschaft bei "Knockout 51" verdächtigt. Als Beschuldigter blieb er aber nicht allein, wie damals der MDR zuerst berichtete.

Bis Mitte Juli leitete die Staatsanwaltschaft Gera weitere Verfahren gegen fünf Polizisten ein, da sie Dienstgeheimnisse an die Neonazis weitergegeben oder die Strafverfolgung vereitelt haben sollen. Bei einem Beamten wurde sogar noch während des Prozesses durchsucht. Zum Teil sind diese konkreten Vorwürfe laut Staatsanwaltschaft Gera allerdings mittlerweile ausgeräumt.

Ermittler suchten Datenträger

Der Beamte, dessen Zeugenvernehmung im Prozess zunächst spektakulär aufgrund der Vorwürfe platzte, ist seit mehreren Monaten entlastet. Bei zwei Beamten war ein Strafvereitelungsvorsatz ebenfalls "nicht ansatzweise" zu erkennen, sagte Oberstaatsanwalt Riebel t-online. Sie waren beschuldigt worden, Erkenntnisse über möglicherweise verstrickte Kollegen nicht ordentlich verfolgt zu haben. Ein vierter Beamter muss ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit zahlen – er hatte ohne dienstlichen Anlass im polizeilichen Datensystem recherchiert.

Was konkret den neuen Beschuldigten vorgeworfen wird, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit. Unklar ist auch noch, ob der Generalbundesanwalt ebenfalls gegen Polizisten wegen Unterstützung der Gruppe ermittelt.

Denn Mitte Juli, kurz nach dem Urteil, war laut einem t-online vorliegenden Beschluss des Bundesgerichtshofs eine Durchsuchung bei einem nicht näher bezeichneten mutmaßlichen Unterstützer von "Knockout 51" angeordnet worden. Dabei waren die Ermittler unter anderem auf der Suche nach Datenträgern, um Chats auszuwerten. Zur Last gelegt wird dem Beschuldigten, einen der Angeklagten über Anzeigen und Ermittlungsstand informiert zu haben. Das habe er in einem abgehörten Telefonat selbst eingeräumt.

Das Landesinnenministerium von Thüringen wollte auf Anfrage von t-online keinerlei Fragen zu den Ermittlungen oder möglichen Disziplinarverfahren beantworten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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