Ein Drittel der Mandate Sperrminorität: So kann die AfD jetzt den Landtag lahmlegen
Die Wahl in Thüringen war für die AfD in großer Erfolg. Sie erreichte mehr als ein Drittel aller Sitze. Damit könnte sie demokratische Prozesse zukünftig beeinträchtigen.
Die AfD ist in Thüringen bei der Landtagswahl am Sonntag stärkste Kraft geworden. Wie auch in Sachsen erhielt die Partei rund ein Drittel der Stimmen. Eine Regierungsübernahme der von Björn Höcke geführten und vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuften Thüringer AfD ist zwar unwahrscheinlich, weil keine andere Partei mit ihr koalieren will. Doch da die AfD ein Drittel der Abgeordneten im neuen Landtag stellt, hat sie weitreichenden politischen Einfluss. Der Grund: die sogenannte Sperrminorität.
Was heißt Sperrminorität?
Sperrminorität bedeutet, dass eine Minderheit bei einer Abstimmung die Möglichkeit hat, bestimmte Beschlüsse zu verhindern. Dafür reicht es, wenn ein gewisser Prozentsatz der nötigen Sitze in einem Parlament erreicht wird. Es ist eigentlich ein Schutzmechanismus. Man möchte dadurch verhindern, dass die Regierungsparteien – insbesondere auch solche, die sich der autoritär-populistischen Strategie bedienen – einfach durchregieren können.
In Thüringen reicht mehr als ein Drittel der Parlamentssitze aus, um über eine Sperrminorität zu verfügen.
Was kann die AfD nun blockieren?
In Thüringen ist eine Zweidrittelmehrheit aller gewählten Abgeordneten nötig, um den Landtag aufzulösen und damit den Weg für eine Neuwahl zu bereiten. Ohne Zustimmung der AfD ist das dann nicht möglich. Auch Verfassungsänderungen, die Wahl des Präsidenten und der Richter des Thüringer Verfassungsgerichtshofs sowie die Wahl des Präsidenten und des Stellvertreters des Landesrechnungshofs verlangen eine Zweidrittelmehrheit. Mit einer Sperrminorität kann die AfD all dies theoretisch blockieren.
- Mehr dazu im Podcast: SPD-Politikerin Gesine Schwan erklärt hier, wie die AfD die Landesverfassungsgerichte "personell austrocknen" kann:
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Etwas anders liegt der Fall bei einer sogenannten nicht qualifizierten Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Diese ist nötig bei der Wahl von Mitgliedern des Richter- und Staatsanwaltswahlausschusses, die der Berufung von Richtern und Staatsanwälten zustimmen müssen, oder wenn die Öffentlichkeit bei Plenarsitzungen ausgeschlossen werden soll. Ob die Sperrminorität dann wirksam wird, hängt nach Angaben der Landtagsverwaltung von der Stimmenverteilung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ab.
Ist die Regelung in Sachsen ähnlich?
Auch in Sachsen ist ein Zweidrittel-Quorum etwa bei Verfassungsänderungen, den Wahlen von Rechnungshofpräsident, Verfassungsrichtern, der Abberufung von Ausschussvorsitzenden oder der Auflösung des Landtags erforderlich. Bei der Wahl des Landtagspräsidenten kann anders als in Thüringen schon im zweiten Wahlgang ein Abgeordneter gewählt werden, der nicht der stärksten Fraktion angehört.
Eine Besonderheit in Sachsen ist auch, dass Parteien, die es nicht über die Fünfprozenthürde schaffen, aber mindestens zwei Direktmandate erringen, trotzdem in den Landtag einziehen, wie es die Linke geschafft hat. Das hat die Sperrminorität der AfD in Sachsen verhindert.
- Nachrichtenagentur AFP
- Zeit.de: "Wozu ein starkes Abschneiden der AfD rechtlich führen kann"