Einigung der Ampelkoalition Boris Pistorius über Verteidigungsetat: "Das ist ärgerlich"
Die Truppe ist verwundert und schockiert: Im von der Ampelkoalition beschlossenen Haushalt soll der Verteidigungsetat nur um 1,2 Milliarden Euro wachsen. Boris Pistorius zeigt sich verärgert.
Nach der Einigung der Ampel-Spitzen auf einen Haushaltsentwurf kritisiert Verteidigungsminister Boris Pistorius die geringen Steigerungen für die Bundeswehr deutlich. "Ja, ich habe deutlich weniger bekommen, als ich angemeldet habe. Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen", sagte Pistorius, der in Alaska die Übung Arctic Defender 2024 besuchte und dann zum Nato-Gipfel nach Washington D.C. weiterreisen wollte.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hofft indes zumindest vorübergehend auf ein Ende der Haushalts-Debatte. "Konkrete Diskussionen über Korrekturen am Haushalt ergeben erst Sinn, sobald der ausgefertigte Haushaltsentwurf des Kabinetts beschlossen wurde. Das wird am 17. Juli der Fall sein", sagte Kühnert der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Zumindest bis dahin sollte der Berliner Politikbetrieb sich und den Menschen im Land eine kleine Sommerpause gönnen."
Verteidigungsetat wächst nur um 1,2 Milliarden Euro
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten in der Nacht zum Freitag den seit Monaten schwelenden Haushaltsstreit beigelegt und sich auf Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2025 geeinigt. Die Schuldenbremse wird eingehalten, eine Haushaltsnotlage etwa wegen der Ausgaben für die militärische und humanitäre Unterstützung der Ukraine wird nicht festgestellt. Dies war der FDP und ihrem Finanzminister Christian Lindner wichtig.
- FDP-Fraktionschef über Haushaltseinigung: "Ich empfand das nicht als Drama"
Der Verteidigungshaushalt von derzeit rund 52 Milliarden Euro soll demnach nur um etwa 1,2 Milliarden Euro wachsen. Pistorius hatte deutlich mehr und eine Ausnahme dieser Ausgaben von der Schuldenbremse gefordert. Daran gibt es deutliche Kritik, auch aus der Ampel-Koalition. Pistorius sagte zu dem Etatentwurf: "Wir werden sehen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter ergibt. Ich muss mich darauf einstellen und das Beste daraus machen."
Embed
1,2 Milliarden Euro werden aktuellen Bedrohungslage "nicht gerecht"
Auch der Bundeswehrverband fordert deutliche Nachbesserungen am Entwurf für den Verteidigungsetat. Ein Zuwachs von 1,2 Milliarden Euro werden "keinesfalls der aktuellen Bedrohungslage und erst recht nicht Deutschlands Verantwortung in der Welt gerecht", sagte der Verbandsvorsitzende André Wüstner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Er warnte: "Mit diesem Haushalt mag sich die Bundesregierung zwar durch diese Legislaturperiode hangeln wollen, aber die Bundeswehr als wesentlicher Teil unserer Sicherheitsarchitektur – und damit wir alle – zahlt den Preis dafür."
Wüstner verwies auf politische Instabilität und Unklarheit über die künftige Rolle der USA als Sicherheitsgarant für Europa, insgesamt die "gefährlichste Sicherheitslage seit dem Fall des Eisernen Vorhangs".
"Die Truppe ist verwundert, größtenteils schockiert. Gerade nach der Aussage des Bundeskanzlers während der Münchner Sicherheitskonferenz 'Ohne Sicherheit ist alles nichts' hätte niemand mit einer derartigen Unterdeckung des Verteidigungsetats gerechnet", rügte Wüstner. "Trotz Ausrufung der Zeitenwende ist leider keine Erkenntniswende eingetreten."
Bundeswehrverband fordert Nachbesserung im Parlament
Jeder wisse, dass das sogenannte Sondervermögen der Bundeswehr bereits in diesem Jahr vollständig in Verträgen gebunden sei. "Wir brauchen den Aufwuchs des Verteidigungshaushaltes auch, um die dramatisch steigenden Betriebsausgaben zu decken – vom Stromerzeugeraggregat über Betriebsstoff und Sonderwerkzeugsätze bis hin zum Personal", betonte Wüstner. Ohne weitere Investitionen werde der begonnene Kapazitätsaufbau der Rüstungsindustrie ganz schnell wieder abgewürgt.
Er forderte für die parlamentarische Befassung des Haushalts: "Kurzum: Das Parlament muss massiv nachsteuern!" Wenn das Parlament bis zum Haushaltsbeschluss nicht nachsteuere, "dann heißt es ZeitenWende – ZeitenEnde!"
- Nachrichtenagentur dpa