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Haushalt 2025: Ampel steht vor der schwersten Aufgabe – Drama programmiert


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Staatsfinanzen
Jetzt wird’s dramatisch


15.04.2024Lesedauer: 6 Min.
Christian Lindner, Robert Habeck, Olaf Scholz: Die Politik muss Krisen bündeln, meint Wladimir Kaminer.Vergrößern des Bildes
Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Kanzler Olaf Scholz (v. l. n. r.): Den Haushaltskompromiss für 2024 haben die drei unter sich ausgemacht. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)

Die Ampelregierung steht vor ihrer bislang schwierigsten Aufgabe: In den kommenden Wochen verhandelt sie den Sparhaushalt 2025. Scheitert sie, droht das ganze Bündnis zu platzen.

Wenn Finanzminister Christian Lindner (FDP) dieser Tage vor die Presse tritt, gibt er sich betont entspannt. Charmant lächelt er die Journalisten an, lässt viele Fragen zu, nimmt sich Zeit für die Antworten. Ruhe strahlt er aus.

Wenig deutet darauf hin, dass er – und mit ihm das gesamte Spitzenpersonal der Ampelregierung und ihrer Koalition – derzeit alles andere als locker drauf sein dürfte. Denn nachdem sich die Ampel Anfang des Jahres mit Ach und Krach auf einen Haushalt für das laufende Jahr 2024 geeinigt hat, der die Schuldenregeln einhält, stehen in den kommenden Wochen und Monaten schon wieder Verhandlungen ums Geld an. Und die werden hart, für Lindner als zuständigen Minister, aber auch für seine Kabinettskollegen.

Mit dem Haushalt 2025 muss die Ampelregierung zwei Dinge auf einmal schaffen: Sie muss viel Geld einsparen, einen zweistelligen Milliardenbetrag. Und zugleich wenigstens ein bisschen Geld lockermachen für wichtige Vorhaben, etwa um die Wirtschaft anzukurbeln.

Ein Dilemma – vor allem deshalb, weil schon jetzt viele Beteiligte ankündigen, Kürzungen nicht hinzunehmen. "Noch nie waren die Verhandlungen so schwierig wie jetzt", sagen mehrere Ampelianer fast wortgleich. Den Satz danach muss man sich denken: Scheitern sie, droht das Bündnis zu implodieren.

Schwierige Ausgangslage nach Verfassungsgerichtsurteil

Offen aussprechen will das freilich niemand. Noch nicht. Und doch ist allen klar: Die Ausgangslage könnte herausfordernder kaum sein.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse hatten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner im Dezember auf einen Fahrplan für die Staatsfinanzen geeinigt. Zunächst sollte demnach der Bundestag den reparierten Haushalt für 2024 beschließen, anschließend der Finanzminister den anderen Ministerien für den Etat 2025 konkrete Ausgabenvorgaben machen, die sie zu erfüllen haben.

Das allein ist ungewöhnlich. Normalerweise nämlich verhandeln und verabschieden die Bundesminister Anfang März im Kabinett gemeinsam eine Liste mit Budgets für die einzelnen Ministerien, sogenannte "Eckwerte", über die die Häuser dann bis zur parlamentarischen Sommerpause mit dem Finanzministerium feilschen. In der Vergangenheit gelang es ihnen dabei oft, jeweils noch etwas mehr Geld für sich herauszuschlagen. Grund: Die Steuerschätzung, die traditionell Mitte Mai kommt, prognostizierte für den Fiskus meist höhere Einnahmen.

"Deutlicher Konsolidierungsbedarf"

Wegen der geringen Schuldenspielräume und wegen der schwächelnden Konjunktur, die dieses Jahr kaum zu einem Steuerplus führen dürfte, ist das Finanzministerium aber jetzt allein am Drücker. Per Brief informierte Lindner Anfang März die Ministerien über einen "deutlichen Konsolidierungsbedarf". Die Regierung müsse dieses Jahr sparen, "titelscharf" mögen die Häuser ihre Bedarfe anmelden und zugleich bitte zusätzliche Sparvorschläge machen.

Die genaue Höhe des Einsparvolumens kann derzeit nur das Finanzministerium schätzen, offiziell bekannt gegeben hat es die Summe noch nicht. Auf t-online-Anfrage spricht eine Ministeriumssprecherin lediglich von einem jetzt schon fixen "Handlungsbedarf" in Höhe von 5 Milliarden Euro: "Hinzu kommen weitere Belastungen, sodass wir aktuell von einem Handlungsbedarf im unteren zweistelligen Milliardenbereich ausgehen."

Nach t-online-Informationen allerdings steht ein Betrag von bis zu 25 Milliarden Euro im Raum. Dabei handelt es sich um die Differenz zwischen dem Etat für das laufende Jahr 2024 (rund 477 Milliarden Euro) und dem Ansatz für den Haushalt 2025 aus der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes (rund 452 Milliarden Euro). Das ist eine Art Etatvorschau, die die Regierung im Sommer vorgelegt hatte – und die bis auf Weiteres gelten soll.

Harte Verhandlungen ab dem 2. Mai

Die Einsparungen je Ministerium bewegen sich nach einer Sparliste, über die die "Bild"-Zeitung berichtete, zwischen rund 5,2 Milliarden Euro für das Verkehrsministerium unter Lindners Parteikollegen Volker Wissing (FDP) und wenigen Millionen Euro für das von Steffi Lemke (Grüne) geführte Umweltministerium. Einzelne Häuser dürfen dem Bericht zufolge trotz Sparregime sogar mit mehr Geld planen. Etwa das Arbeits- und Sozialministerium von Hubertus Heil (SPD): 2,8 Milliarden Euro mehr als 2024 soll er bekommen. Geld, das wohl in weiten Teilen für den gesetzlich vorgeschriebenen Rentenanstieg draufgehen dürfte.

Das Finanzministerium will diese Zahlen weder bestätigen noch dementieren, verweist auf das laufende Verfahren. Fakt ist: Nach einer Fristverlängerung haben die Ministerien nun bis zum 2. Mai Zeit, ihre Ausgabenpläne ans Finanzministerium zu schicken.

Danach beginnen die eigentlichen Verhandlungen. Und die werden es in sich haben. Sollten sie eskalieren, könnte es sogenannte "Chefgespräche" geben, bei denen nicht nur Lindner, sondern wie schon vergangenes Jahr auch Scholz und nun womöglich auch Habeck eingeschaltet werden.

"Kürzungen im Sozialstaat wird es nicht geben"

Drama scheint da programmiert. Denn schon im Vorfeld sträuben sich zahlreiche Ministerien gegen Lindners Spardiktat – und weisen öffentlichkeitswirksam darauf hin, dass ihre Ausgaben besonders wichtig sind, mancher auch, dass er absehbar sogar noch mehr Geld brauche.

Beispiel Boris Pistorius (SPD), aus dessen Verteidigungsministerium unlängst drang, dass das Sondervermögen für die Bundeswehr schon fast komplett verplant sei. Für 2025 brauche er zudem bis zu 6 Milliarden Euro mehr, um das Nato-Zwei-Prozent-Ziel einzuhalten. Botschaft: Ihr wollt, dass Deutschland verteidigungsbereit ist? Dann gebt mir mehr Budget! Beispiel Volker Wissing (FDP), der angesichts des Investitionsstaus bei Bahn und Brücken zuletzt einen Extra-Fonds ins Spiel brachte, um Infrastrukturausgaben zu finanzieren.

Parallel dazu laufen die fast schon eingeübten Ampel-Scharmützel weiter: Lindner und die FDP wollen ein "Update" fürs Bürgergeld, was nichts anderes heißt als eine Reform, die Geld einsparen soll. Ein No-Go für die SPD. "Das kommt nicht infrage", sagt SPD-Haushälterin Bettina Hagedorn t-online. "Kürzungen im Sozialstaat wird es mit uns nicht geben. Wir haben das Bürgergeld erst vor einem Jahr mit den Stimmen der FDP und der CDU/CSU beschlossen. Eine Rückabwicklung wäre unglaubwürdig und unprofessionell."

"Die Schuldenbremse gilt"

Umgekehrt bringen immer wieder Sozialdemokraten und Grüne ins Spiel, die Schuldenbremse auszusetzen, etwa für den Fall, dass Deutschland und die europäischen Staaten die USA als wichtigsten Geldgeber für die Ukraine ersetzen müssen. Hier halten die Liberalen wie gewohnt das Stoppschild hoch. "Die Schuldenbremse gilt und es gibt keine Notlage, die ein Aussetzen rechtfertigen würde", sagt FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer im Gespräch mit t-online. "Die Einsparungen lassen sich durch Prioritätensetzung und den Wegfall unnötiger Ausgaben darstellen. Das wissen SPD und Grüne auch."

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Tatsächlich könnte es an dieser Stelle noch einmal richtig knirschen – nicht nur wegen der Ukraine, sondern auch, weil bei all den Sparanstrengungen noch gar nicht mögliche Extra-Milliarden berücksichtigt sind, die es wohl bräuchte, um die lahmende Wirtschaft anzukurbeln. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Anfang des Jahres laut über ein entsprechendes Sondervermögen für Förderungen oder Steuererleichterungen für Unternehmen nachgedacht. Lindner lehnte einen neuen Schuldentopf zwar ab, schlug zugleich als ersten Schritt einer nötigen "Wirtschaftswende" die schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages als Entlastung vor.

Das Problem: Das allein würde den Bund nach einer Rechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft rund 12 Milliarden Euro kosten. Selbst wenn nur die rund 500.000 Unternehmen, die ihn noch zahlen, davon befreit würden, müsste der Bund Mindereinnahmen von über 7 Milliarden Euro ausgleichen. Ähnlich sähe es aus bei einer umfassenden Senkung der Unternehmenssteuern.

Unlängst hat Lindner laut "Spiegel" Scholz und Habeck gar eine Liste mit weiteren Ideen für mehr Wachstum unterbreitet, in der neben steuerfreien Überstunden auch die Soli-Abschaffung eine Rolle spielen soll. Für alle Maßnahmen nötig: rund 20 Milliarden Euro. Bei SPD und Grünen fehlt vielen die Fantasie, wie man derlei Summen ohne neue Schulden finanzieren soll.

Verhandlungen zum Erfolg verdammt

Vielmehr scheint sich innerhalb der Ampel darum allmählich die Einsicht durchzusetzen, dass es für finanzielle Entlastungen für die Firmen im kommenden Haushalt nur sehr geringe Spielräume gibt. Inzwischen denken dem Vernehmen nach viele eher an Maßnahmen, die den Staat nur wenig kosten, aber Signalwirkung haben: noch mehr Bürokratieabbau, weniger Regulierung, mehr Arbeitsanreize. Das Motto: Erst einmal sparen, das allein wird schon schwer genug, und dann mal sehen.

"Eigentlich", so heißt es in Regierungskreisen, "ist das alles nur schwer zu vereinen. Aber irgendwie muss es gehen." Der Druck auf die Regierung ist enorm und die Erwartungen sind hoch, nicht zuletzt im Parlament. Bis Anfang Juli muss der Etatentwurf durchs Kabinett und ins Parlament geschickt sein. "Alles andere wäre ein Armutszeugnis", sagt SPD-Haushälterin Hagedorn.

Und: Alles andere könnte durchaus Folgen für die Ampel insgesamt haben. Vom Ende der Koalition sprechen will niemand. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Klar aber ist: Sollte der Etat nicht wie geplant fertig werden, ist alles offen. Politisch stünde Deutschland dann ein sehr heißer Sommer ins Haus.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Bundesfinanzministerium: Brief von Finanzminister Christian Lindner an die Ministerien
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