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Cannabis-Legalisierung gestoppt? Bundesrat berät Lauterbach-Gesetz


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Bundesrat entscheidet über Cannabis-Gesetz
Die Angst vor der Länder-Blockade


Aktualisiert am 22.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Karl Lauterbach (Archivbild): Der Bundesgesundheitsminister will, dass Cannabis ab 1. April in Deutschland legal wird. (Quelle: Serhat Kocak/dpa/dpa-bilder)
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Der Bundesrat berät das Cannabis-Gesetz. Der Gesundheitsminister fürchtet, dass es dabei "verhungert". Worum geht es? Und können die Länder die Legalisierung der Droge tatsächlich noch verhindern?

Die Länder könnten die Cannabis-Legalisierung im Bundesrat nahezu ewig verzögern. Sie klagen, die geplante Amnestie würde ihre Justiz überfordern. Aber stimmt das? Und wird Kiffen nun doch nicht legal?

In der Politik genügen manchmal wenige Worte, um den Betrieb auf den Kopf zu stellen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist dies Anfang der Woche gelungen: "Mein Ziel ist es, dass das Gesetz nie wieder aus dem VA herauskommt", schrieb Kretschmer auf der Plattform X. Nicht einmal das Wörtchen "Vermittlungsausschuss" buchstabierte der CDU-Politiker aus. Doch der Satz genügte, um in Berlin die Alarmglocken läuten zu lassen. Allen voran die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

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Denn mit "Gesetz" meinte Kretschmer die vom Bundestag kürzlich beschlossene Teil-Legalisierung von Cannabis. Lauterbach will, dass diese zum 1. April in Kraft tritt. Doch nun fürchtet er um dieses Ziel. Das Gesetz stehe "auf Messers Schneide" und könnte im Vermittlungsausschuss "verhungern", sagte der Minister am Montag in der ARD-Sendung "Hart aber fair".

Der Bundesrat will das Gesetz am Freitag beraten. Zahlreiche Bundesländer haben bereits ihren Widerstand gegen die aktuelle Fassung bekundet. Lauterbachs Sorge: Der Rat könnte das Gesetz durch Anrufung des Vermittlungsausschusses monatelang blockieren und so die Legalisierung auf den letzten Metern doch noch verhindern. Worum geht es in dem Streit? Und könnte der Bundesrat das Gesetz wirklich "verhungern" lassen? t-online gibt Antworten.

Warum befasst sich der Bundesrat überhaupt mit dem Gesetz?

In Deutschland muss jedes vom Bundestag beschlossene Gesetz auch durch den Bundesrat. Etwa der Hälfte davon – sogenannten zustimmungspflichtigen Gesetzen – muss der Rat explizit zustimmen, sonst kommen sie nicht zustande. Dies ist bei der Cannabis-Legalisierung nicht der Fall. Allerdings kann der Rat das Gesetz verzögern. Und dies ist gar nicht so unwahrscheinlich: Denn die Cannabis-Legalisierung ist vor allem CDU und CSU ein Dorn im Auge. Und Landesregierungen unter Führung oder Beteiligung der Union haben im Rat eine Mehrheit.

Wie könnte der Bundesrat die Cannabis-Legalisierung verzögern?

Um zu verhindern, dass das Gesetz wie geplant zum 1. April in Kraft tritt, müsste der Rat den Vermittlungsausschuss einberufen, der die Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern klären soll. Darin sitzen je 16 Mitglieder aus Bundestag und Bundesrat.

Der Ausschuss kann Änderungen oder gar die Aufhebung des gesamten Gesetzes vorschlagen. Über die Vorschläge entscheidet dann zunächst der Bundestag. Stimmt er ihnen zu, geht das geänderte Gesetz zurück in den Rat. Lehnt er sie ab, muss sich der Rat erneut mit der ursprünglichen Gesetzesvariante befassen.

Video | Zwei t-online-Nutzer argumentieren das Pro und Kontra einer Cannabis-Legalisierung:
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Quelle: t-online

Erst dann, bei der zweiten Beratung, könnte der Bundesrat Einspruch gegen die Legalisierung einlegen. Der Bundestag könnte diesen überstimmen, womit das Gesetz in Kraft treten würde. Dies wäre auch der Fall, wenn sich im Rat keine Mehrheit für einen Einspruch fände.

Könnte das Gesetz im Vermittlungsausschuss wirklich "verhungern"?

Doch so weit will Lauterbach es gar nicht erst kommen lassen. Dazu hat er bereits eine Protokollerklärung aufgesetzt, die Gesetzesänderungen vorsieht. Damit will er den Ländern entgegenkommen. Denn die Krux bei der drohenden Blockade ist: Während Bundestag und Bundesrat enge Fristen bei der Beratung von Gesetzen haben, hat der Vermittlungsausschuss dafür keine Vorgaben. Dies erklärt auch Kretschmers Drohung, das Gesetz könnte den Ausschuss nie wieder verlassen. Theoretisch wäre etwa denkbar, dass der Ausschuss einfach gar nicht erst tagt. Oder aber, sollte er zusammenkommen, die Cannabis-Legalisierung nicht auf die Tagesordnung setzt.

Solch eine Hinhaltetaktik kennt man sonst vor allem aus den USA: Dort können Abgeordnete aufgrund einer Tücke der Kongressgeschäftsordnung Beschlüsse durch Dauerreden, auch Filibuster genannt, verhindern und so die Gesetzgebung erpressen.

Droht also nun der deutsche Filibuster? Der Co-Vorsitzende des Vermittlungsausschusses, der CDU-Bundestagsabgeordnete Hendrik Hoppenstedt, wehrt sich entschieden gegen solch ein Schreckensszenario. In einem Brief an Lauterbach sicherte er jüngst zu, dass der Vermittlungsausschuss noch in dieser Legislaturperiode tagen werde, alles andere sei "verfassungswidrig". Und wenn der Ausschuss tagt, so Hoppenstedt, kämen auch alle an den Ausschuss überwiesenen Gesetze auf die Tagesordnung.

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Überhaupt hat sich der Bundesrat in der Vergangenheit als durchaus kompromissfähig erwiesen. Seit 2009 hat er den Vermittlungsausschuss nur 44-mal einberufen – bei mehr als 1.800 beratenen Gesetzen. Und nur einmal, im Jahr 2010, hat der Rat danach Einspruch gegen ein Gesetz eingelegt. Der Streitpunkt damals: Die Beteiligung des Bundes an den Wohn- und Heizkosten von Hartz-IV-Empfängern.

Welche Länder stellen sich gegen das Gesetz?

Derzeit sieht es danach aus, dass der Bundesrat, wenn überhaupt, den Vermittlungsausschuss nur wegen einer Verschiebung des Inkrafttretens der Cannabis-Legalisierung einberufen wird. Wirklich vorhersagen lässt sich die Entscheidung der Länderkammer jedoch nicht, da sich die meisten Länder bei ihren Abstimmungsplänen bisher bedeckt halten.

Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass der Rat den Ausschuss für grundlegende Änderungen am Gesetzestext anrufen wird – oder gar, um die Legalisierung komplett zu kippen. Denn dafür gibt es nach derzeitigem Stand keine Mehrheit. Bislang hat nur Bayern in Person von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) öffentlich erklärt, das Gesetz grundsätzlich abzulehnen. Selbst Michael Kretschmers Regierung in Sachsen ist in der Frage gespalten.

Die meisten skeptischen Länder – darunter die von Grünen und CDU regierten Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, aber auch Rheinland-Pfalz, wo wie im Bund eine Ampelkoalition regiert – stören sich vor allem an dem frühen Inkrafttreten des Gesetzes.

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Worum geht es bei der umstrittenen Amnestie-Regelung?

Die darin enthalten Amnestie-Regelung, so die Länder, überfordere ihre Justizsysteme. Die Regelung sieht vor, dass bereits verhängte Haft- und Geldstrafen im Zusammenhang mit Cannabis nachträglich erlassen werden. Auch entsprechende laufende Verfahren sollen aufgehoben werden. Als potenziell neuer Stichtag für das Inkrafttreten der Legalisierung wird vor allem der 1. Oktober genannt.

Derzeit ist jedoch überhaupt nicht klar, wie viele Fälle von der Amnestie tatsächlich betroffen wären – und wie lange dies dauern würde. Eine Anfrage von "Deutsche Richterzeitung" bei den Ländern ergab, dass mehr als 210.000 Strafakten neu überprüft werden müssten. Lauterbachs Gesundheitsministerium hingegen spricht von höchstens 7.500 komplexeren Fällen, bei denen eine zeitintensive Überprüfung erforderlich wäre.

Und während der deutsche Richterbund vor einer Überlastung der Justiz warnt, gibt es auch Expertenstimmen, die den Aufwand für gering halten. Die Hamburger Staatsanwaltschaft jedenfalls hält eine Cannabis-Legalisierung zum 1. April für machbar. Eine Sprecherin sagte der "Zeit", dass die Behörde bis dahin alle 4.000 relevanten Fälle überprüft haben wird.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • zeit.de: "'Wir wären in der Lage, das Cannabisgesetz zum 1. April umzusetzen'" (kostenpflichtig)
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