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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kommt es zur Populismus-Superschlacht? In der AfD-Zentrale steigt die Nervosität
Wagenknecht will der AfD Stimmen abluchsen – und könnte das Umfragen zufolge tatsächlich schaffen. AfD-Chefin Alice Weidel will nun die Strategie im Umgang mit der Linkspopulistin ändern.
In der AfD-Parteizentrale steigt die Nervosität. Der Grund: Sahra Wagenknecht. Die ehemalige Linken-Politikerin hatte angekündigt, mit ihrer Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) der AfD Stimmen abluchsen zu wollen. Und sie scheint damit erfolgreich zu sein – zumindest in einem Bundesland.
Während sich die AfD in Sachsen laut Umfragen stabil bei rund 34 Prozent hält, ist die Zustimmung in Thüringen im gerade erschienenen Thüringen-Trend auf unter 30 Prozent gefallen – zum ersten Mal seit einem Jahr. Fünf Prozentpunkte hat die unter Björn Höcke besonders radikal auftretende AfD damit im Vergleich zur letzten Thüringen-Trend-Befragung im Juli 2023 verloren. Und Wagenknechts Partei, erstmals mit abgefragt, erreicht aus dem Stand 15 Prozent.
Macht Wagenknecht der AfD nun einen Strich durch ihren großen Ost-Plan? Die Landtagswahlen 2024 sollen für die Partei schließlich ein Durchmarsch werden: Sie ist derzeit in allen drei Ländern, in denen im September gewählt wird (Thüringen, Sachsen, Brandenburg), stärkste Kraft. In Thüringen und Sachsen will sie erstmals Regierungsmacht erlangen, so das offiziell ausgerufene Ziel. Oder mit mindestens 33 Prozent zumindest die sogenannte Sperrminorität, mit der sich viele wichtige Gesetzesvorhaben blockieren lassen.
Vor allem Höcke tritt seit Monaten selbstbewusst auf: Er lässt sich in einem Auto mit dem Kennzeichen "MP 2024" (Abkürzung für "Ministerpräsident 2024") herumfahren, verkündete bereits Teile seines avisierten Regierungsprogramms und arbeitet an einem Schattenkabinett. Das aber könnte nun nichts weiter bleiben als eine Fantasterei.
Weidel: "Wagenknecht politisch sehr talentiert"
In der Berliner AfD-Zentrale werden die Veränderungen der Umfragewerte genau registriert. "Sahra Wagenknecht spricht in Teilen auch die Wählerklientel der AfD an. Wir können dies auch an den aktuellen Umfragewerten ablesen", sagt AfD-Chefin Alice Weidel. Die AfD-Frontfrau schätzt Wagenknecht und hat merklich Respekt vor ihr: "Sie ist politisch sehr talentiert, rhetorisch beschlagen und auch in unserer Wählerschaft beliebt."
Bisher hat die AfD wenig auf Wagenknecht reagiert. Der Hauptfeind der rechtspopulistischen bis rechtsextremen Partei ist die Ampelregierung, vor allem die Grünen. Auf sie richtet die AfD immer wieder ihren Wahlkampf aus.
Das aber könnte sich nun ändern: "Wir haben zwei Optionen: Ignorieren oder direkt angreifen", sagt Weidel mit Blick auf Wagenknechts Bündnis. "Eine Mischung aus beidem halte ich für angezeigt."
Populismus-Superschlacht im TV?
Den Gegenangriff würde Weidel auch selbst übernehmen. Gerne würde sie mit Wagenknecht in ein TV-Duell gehen, so wie es zwischen dem Thüringer CDU-Chef Mario Voigt und AfD-Chef Björn Höcke für April geplant ist, sagt sie. Dann hieße es: Frontfrau der Rechtspopulisten gegen Frontfrau der Linkspopulisten. Die Populismus-Superschlacht.
"Selbstverständlich wäre ich für ein solches TV-Duell bereit", sagt Weidel t-online. "Ich kann mir gut vorstellen, dass es auf großes Interesse in der Öffentlichkeit stoßen könnte." Und auch Wagenknecht ist nicht abgeneigt. Ihr Büro teilt auf Anfrage von t-online mit: "Wenn ein TV-Sender Frau Wagenknecht gemeinsam mit Frau Weidel einlädt, ist sie selbstverständlich zu einer Diskussion bereit."
Weidel beobachtet Wagenknecht bereits seit Langem genau. Schon im Oktober 2022, als das Bündnis Sahra Wagenknecht noch nicht gegründet war und lediglich Gerüchte über die neue Partei kursierten, warnte sie im Gespräch mit t-online vor den Folgen einer Parteigründung für die AfD durch die ehemalige Linken-Politikerin.
Die größte Schwäche Wagenknechts glaubt Weidel bereits ausgemacht zu haben: Das BSW habe im Gegensatz zur AfD kein klares Programm. "Das Programm lautet lediglich Sahra Wagenknecht", sagt sie.
Aber auch das könnte für die AfD zum Problem werden: Erstens ist auch der AfD ihr Programm nicht sonderlich wichtig, sie bleibt darin oft denkbar vage. Zweitens setzt Wagenknecht auf sehr ähnliche Themen wie die Rechtspopulisten. Allen voran: eine russlandnahe Friedenspolitik, die im Osten gut ankommt.
Ohnehin aber fehlt für das Duell der Populistinnen bisher eines: ein Sender, der sich darauf einließe.
- Eigene Recherchen
- mdr.de: "Wahlumfrage in Thüringen: AfD verliert an Rückhalt - BSW bei 15 Prozent"