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Asylgipfel | Minister streiten mit Kanzler: So steht es um Migrationspläne


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"Untätigkeit" der Bundesregierung?
So steht es um die Migrationspläne der Ampel


06.03.2024Lesedauer: 5 Min.
Olaf Scholz (SPD) bei einem Besuch des SC Freiburg im Dialog mit Bürgern.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler: Er will zum Treffen der Ministerpräsidenten dazustoßen. (Quelle: IMAGO/Fotostand / Hettich)
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Im November hatten Bund und Länder eine schärfere Migrationspolitik beschlossen. Doch viele Umsetzungen stehen noch aus, kritisieren die Länder. Ein Überblick.

Die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der Länder kommen am Mittwoch zusammen, um über die Migrationspolitik zu beraten. Auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) wird am Nachmittag dazustoßen. Er wird sich der Kritik der Länderchefs stellen müssen, denn diese fordern ein schärferes Vorgehen gegen illegale Migration, eine schnellere Abschiebung von Asylbewerbern und mehr Unterstützung in der Asylpolitik.

Bereits im November waren schärfere Migrationsregeln bei einem Bund-Länder-Treffen vereinbart worden. Hintergrund waren die im vergangenen Jahr stark gestiegenen Asylbewerberzahlen und der Versuch, die illegale Migration zurückzudrängen. Zudem wächst die Sorge vor weiteren Wahlerfolgen der AfD in diesem Jahr, falls im Frühjahr die Asylbewerberzahlen wieder deutlich steigen sollten.

Die Länderchefs sehen sich jedoch betrogen. Viele Beschlüsse, auf die man sich geeinigt habe, seien nicht umgesetzt worden. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst warf der Bundesregierung im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sogar "Untätigkeit" vor. Doch hat er recht? Und welche Maßnahmen wurden in den vergangenen Monaten tatsächlich umgesetzt? Ein Überblick:

  • Bund zahlt Pro-Kopf-Pauschale für Asylsuchende an Länder: Bei ihrem Treffen im November haben Scholz und die Ministerpräsidenten vereinbart, dass der Bund seine Zahlungen an die Länder erhöht. Mit einer Pro-Kopf-Pauschale von 7.500 Euro pro Jahr für jeden, der erstmals in Deutschland Asyl beantragt, gibt es nun ein System, das eine automatische Anpassung an die Zahl der Asylbewerber vorsieht. Das war Ländern und Kommunen wichtig und wurde auch sogleich umgesetzt. Der Deutsche Städtetag begrüßt die Einigung, kritisiert allerdings, dass der aktuelle Betrag nicht ausreiche.
  • Leistungen für Asylbewerber: Vor November hatten Asylbewerber eineinhalb Jahre Anspruch auf staatliche Grenzleistungen. Nach 18 Monaten stiegen die Sätze, blieben aber dennoch etwas unter der regulären Sozialhilfe. Nach dem Beschluss der Bund-Länder-Konferenz im November soll dieser Schritt künftig später erfolgen, was im Effekt eine Kürzung der staatlichen Leistungen bedeutet. Das heißt, wenn sich ein Asylverfahren lange hinzieht, werden nicht 18, sondern 36 Monate lang Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt. Dieser Schritt wurde bereits umgesetzt.
  • Bezahlkarte für Asylbewerber: Ein weiterer Punkt des Treffens im November war eine Bezahlkarte für Asylbewerber, auf der sie künftig einen Teil ihrer Leistungen als Guthaben bekommen sollten. Die Ampelkoalition hat sich inzwischen dazu durchgerungen, eine von den Ländern geforderte bundesgesetzliche Regelung für die Bezahlkarte auf den Weg zu bringen. In einzelnen Regionen, wie etwa in Hannover, wird die Bezahlkarte zudem schon an Geflüchtete vergeben. Allerdings sind noch viele Detailfragen offen, mehr dazu lesen Sie hier.
  • Schnellere Asylverfahren: Gerichte und Behörden sollen Asylverfahren schneller abarbeiten, eine erste Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und ein Gerichtsverfahren in erster Instanz sollen nach sechs Monaten stehen. Innenministerin Nancy Faeser kündigte am Wochenende 1.160 neue Stellen für das Bamf an. Dort liegt die Verfahrensdauer aktuell durchschnittlich bei 7,2 Monaten. Für die Gerichtsverfahren sind hingegen die Länder verantwortlich. Laut Bundesamt dauerten die Verfahren dort im vergangenen Jahr alleine in der ersten Instanz durchschnittlich 20,7 Monate, etwa wegen Personalmangels.
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  • Prüfung von Asylverfahren außerhalb Europas: Die Bundesregierung prüft nach Absprache im November zudem, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind. Die Prüfung, "ob Asylverfahren auch rechtsstaatskonform in Drittstaaten möglich sind, werden wir gemeinsam mit Migrationsexperten und Juristen intensiv fortsetzen", sagte Faeser dem Magazin "Spiegel". Im Sommer werden dazu konkretere Ergebnisse erwartet.
  • Grenzschutzkontrollen: An den Landesgrenzen zu Österreich, zur Schweiz, zur Tschechischen Republik und zu Polen sollen weiter Grenzkontrollen durchgeführt werden. Mit Erfolg: Seit dem 16. Oktober hat die Bundespolizei im Rahmen der Binnengrenzkontrollen zu den vier Ländern insgesamt knapp 23.000 unerlaubte Einreisen festgestellt, wie das Innenministerium mitteilte. Die monatliche Zahl sank demnach von rund 21.000 im September auf etwa 6.700 im Januar. Zudem wurden in diesem Zeitraum 564 Schleuser festgenommen. Innenministerin Faeser verlängerte die Maßnahme daher über den 15. Dezember hinaus für zwei Monate.
  • Schnellere und einfachere Abschiebungen: Um Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern künftig schneller zu ermöglichen, hatte der Bundestag im Januar zudem das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz beschlossen. So haben Behörden mehr Möglichkeiten, Ausreisepflichtige aufzufinden und ein Untertauchen zu verhindern. Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wird von bislang zehn Tagen auf 28 Tage verlängert. Da das Gesetz erst Ende Februar in Kraft getreten ist, kann man aber noch nicht sagen, welche Wirkung die Änderungen in der Praxis haben werden. Faeser sagte dem "Spiegel", es gebe bei den Abschiebungen bereits eine Steigerung von mehr als 25 Prozent. Die Durchführung liege in der Verantwortung der Länder.
  • Migrationsabkommen mit Herkunftsstaaten: Regierungschefs der Länder, wie etwa Hendrik Wüst (CDU) aus Nordrhein-Westfalen, kritisieren, dass die Bundesregierung sich nicht an die Vereinbarung halte, weitere Migrationsabkommen mit Herkunftsländern zu schließen. Tatsächlich gibt es Gespräche, doch diese gehen schleppend voran. So wurde etwa ein Abkommen mit Georgien unterzeichnet. Mit Staaten wie Moldau, Kolumbien, Usbekistan, Kirgisistan, Kenia und Marokko sei man zudem in guten Gesprächen, sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe im Januar.
  • EU-Türkei-Abkommen: Die Länder kritisieren, dass das EU-Türkei-Abkommen nicht wiederbelebt wurde. Die Türkei und die EU hatten 2016 einen Flüchtlingspakt unterzeichnet, in dem der Türkei insgesamt sechs Milliarden Euro Flüchtlingshilfe zugesagt wurden. Ankara wollte im Gegenzug gegen irreguläre Migration vorgehen. Auch sollte die EU Flüchtlinge und Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken können. Doch das Abkommen liegt auf Eis. Die Milliardenhilfe ist ausgegeben, und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kündigte 2020 an, sich nicht mehr an die Abmachung halten zu wollen. Die Bundesregierung kündigte im November an, sich weiter für das Abkommen einsetzen. Ob sie dabei Erfolg haben wird und ihre Worte bei Erdoğan auf offene Ohren treffen, ist derzeit jedoch unklar.

Eine Bilanz soll gezogen werden

Im Januar war die Zahl der neuen Asylanträge im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken. Mit 26.376 Erstanträgen lag sie um 9,3 Prozent unter dem Wert vom Januar 2023, jedoch 14,6 Prozent über dem von Dezember 2023. Insgesamt geht es bei dem Bestreben der Bundesregierung, die Migration zu begrenzen, also langsam voran. Die Länderchefs werden mit Scholz am Mittwoch eine Bilanz ziehen.

Sie stellen jedoch weitere Forderungen. So hat Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (CDU) etwa eine Obergrenze bei der Aufnahme von Geflüchteten gefordert. Zudem wurden Überlegungen laut, Geflüchteten aus der Ukraine nur noch Asylleistungen und kein Bürgergeld mehr zu zahlen. Für die Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg geflohen sind, gilt dahingehend bislang eine Ausnahme. Auch darüber wird am Mittwoch debattiert.

Verwendete Quellen
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