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Ampelstreit blockiert EU erneut: CO2-Emissionsnormen für Lkw und Busse


Neuer Ampelstreit blockiert die EU
"Bundesregierung macht sich auf Dauer lächerlich"

Von dpa, t-online, job

Aktualisiert am 07.02.2024Lesedauer: 3 Min.
Volker Wissing:Vergrößern des Bildes
Volker Wissing: Sein Bundesverkehrsministerium hat Bedenken angemeldet. (Quelle: Felix Zahn/photothek.net/imago-images-bilder)
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Erst das Lieferkettengesetz – jetzt die CO₂-Grenzwerte für Lkw und Busse: Die Ampelkoalition streitet schon wieder über ein EU-Projekt. In Brüssel sind sie genervt.

Innerhalb der Bundesregierung gibt es Streit um neue CO₂-Emissionsnormen für Busse und Lkw. Eine Abstimmung in der EU musste deshalb am Mittwoch verschoben werden. Über die deutsche Position zu den Plänen werde noch verhandelt, bestätigte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Eigentlich war man in Brüssel fest davon ausgegangen, dass die deutsche Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP den Plänen für die neuen CO₂-Emissionsnormen zustimmt. Die FDP aber legte überraschend ein Veto ein und will ein deutsches Ja zu dem Projekt verhindern. Darüber hatte am Dienstag schon die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet.

Aus Regierungskreisen hieß es, das Ergebnis des sogenannten Trilogs entspreche nicht den Erwartungen des Bundesverkehrsministeriums an "Technologieoffenheit". Für Ärger solle auch die Entscheidung der EU-Kommission gesorgt haben, die Regulierung der synthetischen Kraftstoffe für Pkw vertagt zu haben, die seitens der Kommission eigentlich bereits für das vergangene Jahr zugesagt worden sei. Die Kommission habe sich damit nicht an Zusagen gehalten.

Der Chef der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, kritisiert das deutlich. "Die Bundesregierung macht sich mit diesen Last-Minute-Blockaden auf Dauer lächerlich", sagte Andresen t-online. "Dies schadet unserem Ansehen in Europa und schwächt uns politisch." Besonders enttäuschend sei, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich aus der deutschen Europapolitik raushalte. "Er sollte mehr Führungsverantwortung übernehmen."

Emissionen sollen bis 2040 um 90 Prozent sinken

Neben Deutschland hätten weitere Länder wie Italien, Tschechien und Schweden signalisiert, den neuen Flottengrenzwerten nicht zustimmen zu wollen, hieß es aus Regierungskreisen weiter. Statt an diesem Mittwoch stehe das Thema nun für Freitag auf der Tagesordnung. Ob sich die Bundesregierung bis dahin einigt oder die für das Projekt erforderlichen Stimmen ohne Deutschland zustande kommen, ist ungewiss.

Eigentlich hatten sich Unterhändlerinnen und Unterhändler der EU-Staaten bereits am 18. Januar darauf geeinigt, dass die neuen Vorgaben für sogenannte Flottengrenzwerte kommen sollen. Mit diesen Grenzwerten ist geregelt, wie viel klimaschädliches CO₂ die Fahrzeuge künftig ausstoßen dürfen. Die CO₂-Emissionen von Reisebussen und Lkw sollen bis 2040 um 90 Prozent sinken – verglichen mit 2019.

In der Zwischenzeit hatte die FDP aber einen Europaparteitag, auf dem sich die Teilnehmer strikt gegen Flottengrenzwerte aussprachen. Konkret hieß es dort: "Wir werden die Flottengrenzwerte ersatzlos abschaffen."

Erinnerungen an das Verbrenner-Aus

In Brüssel ruft die Positionierung der FDP Erinnerungen an den Streit um das Verbrenner-Aus hervor. Auf ein weitgehendes Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren hatte sich die EU eigentlich vergangenes Jahr geeinigt. In der Bundesregierung hatte daraufhin allerdings vor allem die FDP darauf gedrungen, solche Autos vom Verbrenner-Aus auszunehmen, die ausschließlich mit E-Fuels betankt werden.

Daraufhin gab es teils vehemente Kritik an der Bundesregierung und die Verlässlichkeit Berlins in europäischen Verhandlungen wurde infrage gestellt. Der ehemalige lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins sprach auf einem EU-Gipfel von einem "sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft". Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn alle das täten.

Die deutsche Blockade bei den CO₂-Emissionsnormen wäre zudem die zweite in diesen Wochen. Auch für das eigentlich fertig ausgehandelte EU-Lieferkettengesetz wird Deutschland nicht stimmen können, weil die FDP Bedenken hat. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte der FDP deshalb eine "ideologisch motivierte Blockade" vorgeworfen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte: "Wenn wir unser einmal in Brüssel gegebenes Wort brechen, verspielen wir Vertrauen." Auf Deutschland müsse sich Europa verlassen können.

Automobilindustrie begrüßt neue Regeln

Der Verband der Automobilindustrie erklärte, die deutsche Automobilindustrie begrüße grundsätzlich, dass EU-Rat und EU-Parlament hinsichtlich der CO₂-Flottenregulierung für schwere Nutzfahrzeuge zu einer Einigung gekommen seien. "Sie setzt einen klaren Zeitplan, um die Implementierung emissionsfreier Lösungen auf dem europäischen Markt voranzutreiben. Verlässlichkeit ist für die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie von großer Bedeutung. Alle politischen Akteure sollten möglichst bald zu einer gemeinsamen Lösung kommen, damit die CO₂-Flottenregulierung für schwere Nutzfahrzeuge noch in dieser Legislaturperiode zu einem Abschluss kommen kann und die Unternehmen rasch Planungssicherheit erhalten."

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sagte, ohne Deutschland explizit zu nennen, dass man keine Abmachung rückgängig machen könne. Es gehe um Vertrauen zwischen den Mitgesetzgebern und um die Glaubwürdigkeit des Verfahrens.

Es ist daher nicht das erste Mal, dass eine deutsche Position bis zum letzten Moment ungewiss bleibt. Ein EU-Diplomat sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass die anderen EU-Staaten in den vergangenen Monaten zwar gelernt hätten, damit umzugehen. "Besonders schmerzlich" sei es aber, dass es deutsche Enthaltungen anderen Ländern erleichterten, ausreichende Mehrheiten zu finden, um Entscheidungen zu blockieren. Wie im Bundesrat wirken Enthaltungen bei Abstimmungen unter den EU-Staaten wie Gegenstimmen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherchen
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