Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Umgang mit der AfD Jetzt bietet sich eine einmalige Chance
Die Junge Alternative ist ein Treiber der Radikalisierung innerhalb wie außerhalb der AfD. Die Innenministerin könnte dem ein Ende bereiten.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wird gerade eine seltene Gelegenheit geschenkt: Sie kann der AfD gehörig schaden. Gestützt von Gerichtsbeschlüssen könnte sie der Partei einen ihrer extremsten und effizientesten Arme abschlagen – und ihre Parteijugend verbieten.
Faesers Glück: Im Gegensatz zur AfD ist die Junge Alternative keine Partei, sondern ein Verein. Der lässt sich von der Ministerin verbieten, hier braucht es keinen jahrelangen Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht. Und Faeser hat eine starke Argumentationsgrundlage: Nicht nur hat der oft als parteiisch kritisierte Verfassungsschutz die Parteijugend als gesichert rechtsextremistisch eingestuft – das unabhängige Verwaltungsgericht Köln hat dies zudem am Dienstag bestätigt: Die Einstufung ist zulässig, gedeckt von Fakten.
Selbst in der AfD sprechen sie von "Hitlerjugend"
Wer die AfD kennt, den verblüfft dieses Urteil nicht. Die Junge Alternative ist seit Jahren einer der stärksten Treiber für die parteiinterne Radikalisierung sowie einer der besten Vermarkter dieser Radikalisierung nach außen. Sie hat starke Verbindungen oder gar personelle Überschneidungen zu einer Reihe von rechtsextremen Organisationen, allen voran der "Identitären Bewegung". Statt Parteijugend der AfD ist sie vielmehr tragendes Gefieder des völkischen Flügels in der AfD.
Ihre Bundes- und Landesvorstände machen aus ihrer Gesinnung in der Regel keinen Hehl; sie sind in eine Reihe von Skandalen verwickelt: In Bayern zum Beispiel tanzten sie zuletzt in der Disko zum NPD-Slogan "Deutschland den Deutschen". Was ist auch schon dabei? Gruselig finden dieses Auftreten und die Stärke der Jungen in der Partei selbst manche älteren und weniger radikalen AfD-Mitglieder und sprechen unter der Hand von "Hitlerjugend".
Offiziell freilich schweigt man lieber, äußert keinerlei Kritik. Denn "Wie hältst du’s mit der JA?" ist in der AfD inzwischen zur Gretchenfrage geworden. Wer sich auf der Bühne beim Europaparteitag der AfD nicht zur JA bekannte und als Fördermitglied der Jugend vorstellte, wurde konsequent ausgebuht – und fiel in der Regel als Kandidat für die Europawahl durch. Auch sonst hat die JA oft die Macht, parteiinterne Wahlen zu drehen: Sie mobilisiert stark, ihre Mitglieder folgen in Reih und Glied. So kann sie Personaldebatten in der AfD zugunsten jener beeinflussen, die sie unterstützen.
Es braucht ein öffentliches Warnschild
Auch nach außen ist die JA mächtig im Werben für ihre Ziele, vergiftet die junge Generation gekonnt. Sie hat sich viele Strategien bei der "Identitären Bewegung" abgeschaut, verkauft Ausländerhass, Staats- und Verfassungsfeindlichkeit in den sozialen Netzwerken, in ihrem Onlineshop und bei Demonstrationen als sexy, jung, erfolgreich. So ist sie in den vergangenen Jahren rasant gewachsen: Hatte sie 2019 noch 1.700 Mitglieder, waren es Anfang 2023 2.100, inzwischen sind es 2.400. Tendenz steigend.
Faeser, die sich selbst immer wieder als große Kämpferin gegen den Rechtsextremismus verkauft, sollte aktiv werden – und ist es hinter den Kulissen hoffentlich bereits. Zwar ist das Verbot einer Parteijugend nicht unumstritten, weitere Runden vor Gericht müssen zuvor außerdem mit der AfD ausgefochten werden. Ein Verbot würde aber nicht nur dem Wachstum der JA und einigen Turbo-Radikalisierungsprozessen innerhalb der AfD einen Riegel vorschieben, sondern vor allem ein öffentliches Warnschild aufstellen: Dieses Gebaren, diese Kontakte wird dieser Staat nicht dulden.
Wie nötig das ist, zeigte gerade erst ein Auftritt von AfD-Chef Tino Chrupalla bei Markus Lanz. Der konnte dort ein Blendwerk zünden und jeden Rechtsextremismus in der AfD wegleugnen, Moderator Lanz fiel trotz taufrischem JA-Gerichtsbeschluss nichts Besseres ein, als nach Björn Höcke zu fragen. Schon eine Verbotsdebatte um die Junge Alternative wäre öffentliche Aufklärung im besten Sinne: An ihrer Jugend nämlich könnt ihr sie erkennen.
- Eigene Beobachtungen