"Medial aufgeputscht" Chrupalla stellt Falschbehauptung um Proteste gegen die AfD auf
Deutschlandweit protestieren Hunderttausende Menschen, gegen die AfD. Der AfD-Vorsitzende Chrupalla mutmaßt, das sei durch die Regierung "aufgeputscht".
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla glaubt, dass die Massenproteste gegen Rechtsradikalismus von der Bundesregierung initiiert sind. Im Frühstart von RTL und ntv sagte er am Dienstag: "Wir sehen, dass natürlich gerade medial durch die Regierung aufgeputscht, hier die Bevölkerung ein Stück weit aufgewiegelt wird. Und das besorgt mich ein Stück weit, dass man mit der Regierung auf die Straße geht."
Belege für seine Behauptung, die Proteste seien von der Bundesregierung initiiert, kann Chrupalla nicht anführen. Mit seiner Behauptung schlägt er in die gleiche Kerbe, wie andere seiner Parteikollegen. Bereits in den vergangenen Wochen, seit Beginn der Proteste gegen Rechtsextremismus und die AfD, verbreiteten mehrere AfD-Politikerinnen und -Politiker, das Narrativ, die Demonstrationen seien von der Regierung gesteuert oder die Bilder von den Veranstaltungen gefälscht. Das aber trifft nicht zu.
Zwar werden die Demonstrationen so wie von Gewerkschaften auch von Parteien und Politikern unterstützt. Bundeskanzler Olaf Scholz etwa bezeichnete es als "starkes Zeichen" für die Demokratie und das Grundgesetz, dass derzeit so viele Menschen auf die Straßen gegen die AfD gingen. Initiatorinnen und Initiatoren der Demonstrationen sind meist jedoch unabhängige Vereine, Bündnisse und andere Gruppen. So beispielsweise Fridays For Future oder Gewerkschaften. Nur vereinzelt sind Parteien darunter.
Das Dresdner Bündnis "Wir sind die Brandmauer" wird etwa von den Regionalverbänden Bündnis 90/die Grünen, CDU, die Linke, FDP, SPD und ihren Jugendverbänden unterstützt. Es wurde aber unabhängig von den Parteien gegründet.
Experte: "Die Erzählung der AfD bekommt Risse"
Auch bei der Demonstration in Berlin vor dem Reichstagsgebäude am Samstag zählten keine Parteien zu den Organisatoren. Einige Politikerinnen und Politiker, wie etwa Saskia Esken und Karl Lauterbach (beide SPD), oder Ricarda Lang (Grüne) nahmen zwar an der Veranstaltung teil. Die Politik der Ampelparteien wurde von den Rednerinnen und Rednern jedoch, wie auch auf anderen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, scharf kritisiert, etwa in den Bereichen Sozial- oder Migrationspolitik.
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Experten, wie Politikberater Johannes Hillje, hat die Behauptung der AfD in den vergangenen Wochen bereits eingeordnet: Die Partei versuche einerseits zu beschwichtigen und habe andererseits mit einer realitätsumkehrenden Opfererzählung von einer "Schmutzkampagne" den Gegenangriff angetreten, so Hillje im Gespräch mit der "taz". Diese Realitätsumkehr verfange jedoch nur bedingt. "Die Erzählung der AfD, man vertrete eine schweigende Mehrheit, bekommt Risse und wird konterkariert", so Hillje. Laut dem Experten brächten die Proteste die AfD daher zunehmend in Erklärungsnot.
Diese Stimmung zeigt sich auch in den Umfragewerten für die Partei: Seit Beginn der Proteste hat die AfD deutlich an Zustimmung eingebüßt. Chrupalla aber spielt das herunter: "Wir sind in Umfragen immer noch stabil über 20 Prozent. Ich denke, das ist ein stolzer Wert", sagt er. Die letzte Umfrage aber zeigt etwas anderes. Demnach sinkt die Zustimmung zur AfD erstmals seit Juli 2023 unter 20 Prozent. Mehr dazu lesen Sie hier.
- Vorabmeldung RTL/ntv
- tagesschau.de: "Neue Demos gegen Rechtsextremismus"
- wir-sind-die-brandmauer-dresden.org: "Wir sind die Brandmauer Dresden"
- taz.de: "Was der Protest bewegt"