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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zahlen steigen Bahn kämpft immer häufiger mit umgestürzten Bäumen
Fast jeder dritte Bahnreisende kam 2023 verspätet an sein Ziel. Die Gründe sind vielfältig. Eine zunehmende Belastung: die Folgen des Extremwetters.
Immer häufiger stören umgestürzte Bäume und abgebrochene Äste den Bahnverkehr in Deutschland. Die Zahl ist laut Deutscher Bahn seit 2019 jedes Jahr durchschnittlich um rund 470 Fälle angestiegen. Das ergibt eine Parlamentarische Anfrage des Grünen-Verkehrspolitikers Matthias Gastel ans Bundesverkehrsministerium, die t-online exklusiv vorliegt.
Grund für den Anstieg sind dem Verkehrsministerium zufolge die "klimatischen Entwicklungen, die – durch intensivere Stürme, Trockenheit und Starkregenereignisse – dafür sorgen, dass zunehmend Bäume geschädigt werden oder stürzen", wie der Parlamentarische Staatssekretär Michael Theurer (FDP) erklärt.
Die Zahlen liegen nach Ministeriumsangaben bei der Deutschen Bahn erst ab 2019 vor. Seitdem steigen sie jedoch kontinuierlich und liegen auf hohem Niveau. Gab es 2019 noch 6.886 Störfälle durch die Vegetation am Streckenrand, waren es 2020 schon 7.129 Fälle. 2021 waren es 7.897 und 2022 dann 8.317. Für das Jahr 2023 sind die Zahlen noch nicht komplett, lagen bis zum November aber schon bei 7.744 Störfällen.
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Grünen-Bahnexperte: Dringender Handlungsbedarf
"Die Zunahme der Störungen zeigt einen dringenden Handlungsbedarf auf", sagt Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen, zu t-online. Das sieht die Deutsche Bahn offensichtlich inzwischen auch so. Bislang hatte sie versucht, das Problem zu beheben, indem sie sechs Meter links und rechts der Gleise die Vegetation zurückschneidet.
Weil das offensichtlich nicht ausreicht, soll von diesem Jahr an eine deutlich großzügigere "grüne Schutzzone" um die Gleise eingerichtet werden. Das Ziel der Bahn ist es dem Verkehrsministerium zufolge, dass "in den ersten 20 Metern neben Gleisen kein Baum mehr stehe, der ins Gleis fallen kann". Auf den ersten zehn Metern soll jährlich zurückgeschnitten werden. In der sich anschließenden zehn Meter breiten "Stabilisierungszone" sollen "regelmäßige waldbauliche Methoden hohe Bäume verhindern".
Der Grünen-Bahnexperte Gastel begrüßt das zwar grundsätzlich. "Die neue Strategie der DB klingt nach einem guten Ansatz, um vegetationsbedingte Störungen zu reduzieren", sagt Gastel t-online. "Allerdings wird der Weg dahin aufgrund der aktuellen Rechtslage und des notwendigen Personals schwierig."
Das Problem: Oft sind es Privatgrundstücke, die neben den Bahngleisen liegen. Die Bahn will ihre "grüne Schutzzone" zwar auch dort durchsetzen, hat auf privatem Grund aber natürlich weniger Rechte. Sie gesteht laut Ministerium deshalb selbst ein, dass die Umsetzung "aufgrund der damit verbundenen Genehmigungsverfahren, notwendigen Prüfverfahren, Untersuchungen und Anträgen sehr zeitaufwendig und personalintensiv" sei. Und eine Genehmigung am Ende: "ungewiss".
Grünen-Bahnexperte Gastel fordert deshalb, es müsse "über rechtliche Anpassungen diskutiert werden, um eine wirkungsvolle Baumpflege" zu ermöglichen. "Angesichts zunehmender Unwetter braucht die Deutsche Bahn eine Rechtsgrundlage, die entsprechende Vorbeugungsstrategien erleichtert, also den Rückschnitt von Vegetationsbestand unabhängig von den Eigentumsverhältnissen."
- Parlamentarische Anfrage von Matthias Gastel (Grüne) und Antwort des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr