Auch "Die Toten Hosen" dabei Über 150.000 Menschen demonstrieren gegen rechts
Düsseldorf, Osnabrück, Sigmaringen: Es wird weiter demonstriert gegen rechts und die AfD. Auch prominente Politiker waren vor Ort
An Demonstrationen gegen rechts haben sich wieder mehr als 150.000 Menschen beteiligt. Allein in Düsseldorf waren es nach Schätzungen der Veranstalter mindestens 100.000 Menschen – die Polizei wollte die Zahl zunächst nicht bestätigen, sprach aber von einem sehr starken Andrang. Mehr zur großen Demonstration in Düsseldorf lesen Sie hier.
Demonstriert wurde auch in vielen anderen Städten Deutschlands, mancherorts mit prominenter politischer Unterstützung. In Sigmaringen war Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) privat mit dabei. In Osnabrück warnte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei einer Kundgebung vor der AfD.
Pistorius: "Sie wollen zurück in die dunklen Zeiten"
Pistorius sagte, die AfD wolle den Systemwechsel. "Das heißt nichts anderes als, sie wollen zurück in die dunklen Zeiten des Rassenwahns, der Diskriminierung, der Ungleichheit und des Unrechts." Pistorius zog auch einen Vergleich mit der Weimarer Republik, die nicht an ihren Feinden, sondern an der Schwäche ihrer Freunde zugrunde gegangen sei.
"Heute wissen wir es besser, Geschichte darf sich nicht wiederholen", sagte der SPD-Politiker. Polizei und Veranstalter sprachen in Osnabrück von rund 25.000 Teilnehmern.
Düsseldorf: "Nicht nochmal!"
In Düsseldorf stand die Demonstration unter dem Motto "Gegen die AfD – Wir schweigen nicht. Wir schauen nicht weg. Wir handeln!" Unter den Protestierenden waren Menschen jeden Alters, darunter viele Familien mit Kindern. In Düsseldorfer Tradition marschierten die Demonstranten teilweise mit Punkmusik – auch Mitglieder der Band "Die Toten Hosen" waren unter den Teilnehmern.
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Auf den Transparenten standen Aufschriften wie "Ich mag Nazis generell nicht" und "Nicht nochmal!". Ein 69-Jähriger, der nach eigenen Worten erstmals seit Jahrzehnten wieder in einer Demo mitlief, sagte: "Wenn wir jetzt nicht Flagge zeigen, gehen wir in eine Richtung, aus der wir nicht mehr rauskommen."
Etwa 15.000 Teilnehmer in Kiel
In Kiel zählten die Veranstalter mehr als 15.000 Teilnehmer einer Demonstration gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus, die Polizei sprach von 11.500 Menschen. "Unsere Demokratie ist stabiler als die Demokratie vor 100 Jahren, aber seien wir uns nicht zu sicher", sagte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) auf der Kundgebung.
Aber auch in kleineren Orten waren die Menschen auf den Straßen: In Singen zählte die Polizei nach ersten Angaben 4.000 Demonstranten, in Sigmaringen waren es rund 2.000 Menschen. In Neumarkt in der Oberpfalz sprach die Polizei von rund 1.500 Menschen bei einer Demo gegen rechts.
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Bundeskanzler Scholz: "Unser Land ist gerade auf den Beinen"
Schon am Freitag gingen in mehreren Städten erneut Tausende Menschen auf die Straße. Proteste gab es etwa in Frankfurt am Main, Saarbrücken, Herne und Gütersloh. Am vergangenen Wochenende hatten sich nach Angaben des Bundesinnenministeriums mehr als 900.000 Menschen an Demonstrationen gegen rechts beteiligt.
Es berief sich dabei auf Polizeiangaben. Die Demonstrationen heute fallen zusammen mit dem Holocaust-Gedenktag, an dem bei zahlreichen Veranstaltungen an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die zahlreichen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus der letzten Tage und Wochen. "Unser Land ist gerade auf den Beinen. Millionen Bürgerinnen und Bürger gehen auf die Straße", sagte er in seinem wöchentlichen Video "Kanzler kompakt".
Es sei der Zusammenhalt der Demokratinnen und Demokraten, der die Demokratie stark mache. "Unsere Demokratie ist nicht gottgegeben. Sie ist menschengemacht. Sie ist stark, wenn wir sie unterstützen. Und sie braucht uns, wenn sie angegriffen wird."
Correctiv-Enthüllungen lösten Proteste aus
Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang. Laut Correctiv nannte Sellner drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und "nicht assimilierte Staatsbürger".
In Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden im September neue Landtage gewählt. Umfragen zufolge könnte die AfD in allen drei Bundesländern stärkste Kraft werden, sogar mit deutlichem Abstand. In zwei bundesweiten Umfragen der Institute Insa und Forsa (für die "Bild" und für RTL/ntv) aus der auslaufenden Woche verlor die AfD an Zuspruch, sie blieb aber nach der Union die zweitstärkste Kraft.
Die AfD wird in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom jeweiligen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch bewertet, bundesweit ist sie als Verdachtsfall eingestuft.
- Nachrichtenagentur dpa