"Ernsthaft und ehrlich diskutieren" Habeck reagiert auf Bauernproteste und verteidigt den Regierungskurs
Vizekanzler Robert Habeck hat in den sozialen Medien ein Video veröffentlicht. Darin fordert er Landwirte zu einem Dialog auf – und warnt vor Rechtsextremismus.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat angesichts der Bauernproteste zu einer Debatte über einen weiteren Wandel der Landwirtschaft aufgerufen. Der Grünen-Politiker verwies in einem am Montag auf sozialen Medien verbreiteten Video des Ministeriums auf strukturelle Probleme der Branche.
Habeck erinnerte daran, dass er früher Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein war: "Ich habe viele Betriebe besucht und noch mehr Gespräche mit Bäuerinnen und Bauern geführt", sagte der Vizekanzler. "Sie arbeiten sieben Tage die Woche, sind immer auf Abruf, und wenn andere ihren Jahresurlaub machen, haben sie Erntezeit. Ja, sie wirtschaften unter einem mächtigen ökonomischen Druck, dem Preisdruck durch die Discounter, der großen Schlachthöfe und Molkereien, dem schwankenden Weltmarkt." Es gebe gute und schlechte Jahre, vor allem aber gebe es ein strukturelles Problem.
Die ganze Rede von Robert Habeck sehen Sie hier oder oben im Video.
"Man sollte die Debatte jetzt nutzen"
Bauern könnten ihre Produktionskosten oft nicht weitergeben, weil die Preise nicht von ihnen gemacht würden. "Häufig haben sie Schwierigkeiten, ihre Produktionskosten zu decken. Es muss also immer mehr produziert werden." Genau das passiere auch, so Habeck. "Die Kühe heute geben gut 65 Prozent mehr Milch als noch vor 30 Jahren. Die Zahl der Höfe ist im gleichen Zeitraum um weit mehr als die Hälfte zurückgegangen."
- Protestwoche des Bauernverbands: Das sind die Forderungen der Landwirte
Die Tierbestände pro Hof würden immer größer, kleine Höfe verschwänden. "Strukturwandel nennt man das. Ich finde, etwas beschönigend. Es ist die Industrialisierung der Landwirtschaft." Natürlich wolle man angesichts der Probleme an jeder einzelnen Subvention ohne Abstriche festhalten, sagte Habeck mit Blick auf den Bauernverband. "Nur gibt es auch andere Antworten: faire Preise, gute Bezahlung für anspruchsvolle Arbeit, für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Tierschutz, direkte Vermarktung. Meiner Ansicht nach sollte man die Debatte jetzt nutzen, um ernsthaft und ehrlich genau darüber zu diskutieren."
"Union hat mit dem Ziel geklagt, Milliarden einzusparen"
Die jetzige Entscheidung der Bundesregierung verteidigte der Minister dennoch. Nachdem der Haushalt durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe neu aufgestellt werden musste, müsse nun auch bei der Landwirtschaft gespart werden, so Habeck. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umwidmung von Corona-Krediten für Klimaprojekte für verfassungswidrig erklärt.
Mitglieder der Unionsfraktion hatten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umwidmung angemeldet und daher vor dem Verfassungsgericht Klage eingelegt. "Es ist eine Tatsache, dass die Union mit dem Ziel geklagt hat, dass Milliarden eingespart werden", so Habeck nun.
In seinem Video warnt er zudem davor, dass Rechtsextremisten die Bauernproteste unterwandern und für ihre Zwecke missbrauchen würden. Das dürfe man nicht zulassen. "Umsturzfantasien heißen nichts anderes, als unseren demokratischen Staat zerstören zu wollen", so Habeck.
- Nachrichtenagentur dpa