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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Begrenzung der Migration CDU will "Ruanda-Modell" – kann das klappen?
Die CDU wirbt derzeit für das sogenannte "Ruanda-Modell". Was damit genau gemeint ist? Ein Überblick.
Von einer "Überraschung" sprach Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Die CDU-geführten Bundesländer hatten bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag – offenbar unabgesprochen – einen Vorschlag eingebracht: Die Bundesregierung solle sich doch dafür einsetzen, dass Asylverfahren künftig auch außerhalb der EU durchgeführt werden könnten.
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Die Frage sorgte erst zwischen den Länderchefs, später auch mit Kanzler Olaf Scholz für Streit. Am Ende setzen sich die CDU-Länder nicht durch – erreichten aber eine Zusage der Bundesregierung, das sogenannte "Ruanda-Modell" zu prüfen. Doch was steckt eigentlich hinter dem Vorschlag? Und welche Hindernisse würde es geben? Ein Überblick:
Was ist das "Ruanda-Modell"?
Das "Ruanda-Modell" basiert auf dem Versuch Großbritanniens, irregulär eingereiste Asylbewerber festzusetzen und nach Ruanda auszufliegen. Die konkrete Idee in der deutschen Politik, ein daran angelehntes Modell zu entwickeln, nahm bereits im Sommer an Fahrt auf. Nicht nur die CDU, sondern auch Migrationsexperte Gerald Knaus werben dafür.
Im Interview mit dem ZDF erklärte Knaus, wie genau der Vorschlag, der ihm zufolge funktionieren könnte, aussieht: Ab einem bestimmten Stichtag sollen diejenigen, die irregulär über das Mittelmeer in Europa ankommen, direkt vom Ankommensort in einen sicheren Drittstaat gebracht werden.
Der Migrationsexperte bezieht sich dabei auf das EU-Türkei-Abkommen von 2016, als dessen Architekt er gilt. Der Deal lautete: Die Türkei nimmt irregulär nach Griechenland gereiste Asylbewerber, damals vor allem Syrer, zurück. Dafür nimmt die EU Kontingente von Geflüchteten aus der Türkei auf. Deutschland müsse nun mit Griechenland gemeinsam der Türkei ein Angebot machen, um den Deal wiederzubeleben, fordert Knaus. Darüber hinaus müsse die Bundesregierung mit anderen Staaten, wie Italien, ein Abkommen mit einem anderen sicheren Drittstaat schließen – "wie zum Beispiel Ruanda", so der Experte.
Dort sollen dann die Asylverfahren durchgeführt werden. "Mit dem ganz expliziten Ziel, dass dann sehr, sehr schnell, sich viel weniger Menschen (...) in die Boote setzen", so Knaus.
Auch Hendrik Wüst, CDU-Politiker und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, bezieht sich auf das EU-Türkei-Abkommen. Er schlägt vor, auf Staaten in Nordafrika zuzugehen, die entlang der Fluchtroute liegen. Dorthin sollen die Geflüchteten dann gebracht werden, "damit dort Verfahren und Schutzgewährung nach rechtsstaatlichen Regeln stattfinden", sagte Wüst vergangene Woche der "Süddeutschen Zeitung".
"Das heißt: Die, die keinen Schutzstatus erwarten können, kommen erst gar nicht in unser Land. Dabei müssen wir diese Partnerländer finanziell unterstützen. Es geht um Abkommen mit Leistung und Gegenleistung", sagte Wüst.
Welche Staaten kämen dafür infrage?
Ein als sicher geltender Drittstaat muss sich bereit erklären, die Menschen aufzunehmen. Im Gegenzug kann der Staat eine hohe Geldsumme erwarten. Ruanda wird deswegen immer wieder als Beispiel genommen, weil es diese Bereitschaft prinzipiell hat. Es schloss bereits mit Großbritannien ein Abkommen, das wegen rechtlicher Streitigkeiten allerdings derzeit nicht umgesetzt wird. Die britische Regierung zahlte dem Land bereits mehr als 160 Millionen Euro.
Abseits von Ruanda gibt es allerdings kaum Staaten, die sich aufdrängen. Die EU und Deutschland führen derzeit Verhandlungen über Migrationsabkommen mit verschiedenen Staaten, etwa in Afrika. Dort geht es unter anderem darum, dass die Staaten ihre eigenen Staatsangehörigen zurücknehmen im Austausch für mehr Arbeitsvisa. Selbst das scheint kompliziert zu sein.
Eine darüber hinausgehende Bereitschaft, auch fremde Staatsangehörige aufzunehmen, ist zumindest derzeit nicht erkennbar. Im Sommer hatte sich Tunesiens Präsident etwa an die Presse gewandt und sich über entsprechende Vorschläge beschwert. Mehr dazu lesen Sie hier.
Welche Hindernisse gibt es?
In Großbritannien ist das Vorhaben derzeit pausiert, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2022 einen Abschiebeflug gestoppt hatte. Ein britisches Berufungsgericht urteilte im Juni dieses Jahres, das Asylsystem in Ruanda habe zu große Mängel, als dass der Staat als sicheres Drittland angesehen werden könnte. Derzeit liegt die Frage beim Obersten Gerichtshof Großbritanniens. Knaus schlägt deswegen vor, dass Deutschland und die EU auf das UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, zugehen müssten, damit diese Organisation die Asylverfahren in Ruanda durchführt. "Dann wäre diese Bedingung erfüllt."
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Deutschland ist nicht der erste EU-Staat, der Großbritannien nacheifern möchte. Bereits Dänemark und Österreich haben versucht, ein eigenes "Ruanda-Modell" anzuschieben, konnten es aber bislang nicht umsetzen. Als Dänemark 2021 ein entsprechendes Gesetz auf den Weg brachte, erntete das Land scharfe Kritik aus der EU-Kommission.
Erst am Montag hatte die EU-Kommission zudem den Vorstoß Österreichs zurückgewiesen. "Derzeit gilt das EU-Asylrecht nur für Anträge, die auf dem Territorium eines Mitgliedstaates gestellt werden, nicht aber außerhalb", sagte ein Sprecher dem "EU-Observer" zufolge. Dementsprechend wäre eine Gesetzesänderung nötig, Österreich und Dänemark müssten also mehr Staaten auf ihre Seite ziehen. Deutschland könnte dabei als bevölkerungsstärkstes Mitgliedsland eine Schlüsselrolle zukommen.
Kanzler Olaf Scholz gilt nicht als ein Verfechter des "Ruanda-Modells". Im Koalitionsvertrag heißt es allerdings, dass die Ampelparteien prüfen wollen, ob Verfahren in Drittstaaten "in Ausnahmefällen" möglich seien.
- zdf.de: "So funktioniert das Ruanda-Modell"
- bbc.com: "What is the UK's plan to send asylum seekers to Rwanda?" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa