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AfD: Volksverhetzung von Halemba? Höcke als Vorbild, Himmler im Haus


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AfD-Politiker Halemba
Höcke als Vorbild, Himmler im Haus


Aktualisiert am 07.11.2023Lesedauer: 5 Min.
Tag nach der Festnahme: Daniel Halemba am Dienstag im bayerischen Landtag.Vergrößern des Bildes
Daniel Halemba: Wegen Volksverhetzung wird gegen ihn ermittelt. (Quelle: Peter Kneffel/dpa)
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"Sieg Heil" und Himmler-Drucke: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den AfD-Abgeordneten Daniel Halemba. Er ist Mitglied einer extrem rechten Burschenschaft. Nicht nur sie hat enge Kontakte zur AfD.

Einen SS-Befehl von Hitlers mächtigstem Vollstrecker Heinrich Himmler ausgedruckt in seinem Zimmer; die Widmung "Sieg Heil" in einem Gästebuch, signiert mit seinem Namen – wegen dieser Funde feierte der AfD-Politiker Daniel Halemba am Montag nicht unbeschwert seinen ersten Tag als jüngster Abgeordneter im neuen bayerischen Landtag, sondern wurde zunächst festgenommen. Auch Schlagringe und Schlagstöcke, eine Machete, ein Messer und eine Schreckschusswaffe wurden in den Räumen von Halembas Burschenschaft Teutonia Prag in Würzburg sichergestellt.

Bereits Mitte September hatten Ermittler das Haus der Burschenschaft durchsucht. Danach muss die Unruhe in der Burschenschaft groß gewesen sein. Laut Staatsanwaltschaft sei der "dringende Verdacht" entstanden, dass Halemba und andere Mitglieder der Verbindung einen Mitbeschuldigten "massiv eingeschüchtert" hätten. Es folgte: ein Haftbefehl für Halemba.

Der 22-Jährige aber tauchte unter. Die Polizei fahndete nach ihm, ortete unter anderem sein Handy – und spürte ihn so in Kirchheim unter Teck nahe Stuttgart auf. Wegen des Verdachts auf Volksverhetzung sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen wird nun gegen ihn ermittelt.

Der Fall zeigt, wie sich Nazi-Kult und Rechtsextremismus durch die Burschenschaft Teutonia Prag ziehen – und wie wichtig Mitglieder solcher Verbindungen wiederum für die AfD sind. Noch bevor die Staatsanwaltschaft am Dienstag öffentlich machte, was die Ermittler bei Halemba sichergestellt hatten, verteidigte die bayerische AfD-Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner ihren Abgeordneten Halemba und sprach von einem "herbeikonstruierten Haftgrund" sowie "staatlicher Repression" in neuer Qualität. Von Skepsis und Zurückhaltung angesichts der schweren Vorwürfe keine Spur.

Zu extrem selbst für andere rechte Burschenschaften

Die Teutonia Prag ist unter den rund 30 Verbindungen in der Stadt wegen ihrer extrem rechten Haltung völlig isoliert, sagt Leon Montero, aus Würzburg stammender Journalist und Experte für Burschenschaften. "Bei anderen Verbindungen gibt es Kontakt- und Hausverbot, niemand will mit denen etwas zu tun haben. In Würzburg sind sie geächtet."

Andere schlagende Verbindungen wollten auch nicht mit den Teutonen fechten, deshalb müssten sie sich für die Mensur, den Kampf mit Klingenwaffen, mit auswärtigen Verbindungen zusammentun. Zu einem Interview mit der "Mainpost" vor der Landtagswahl erschien Halemba mit einer frischen Narbe über der linken Schläfe - vom Fechtkampf. "Das trägt man mit Stolz", sagte er da.

In Würzburg mögen die Teutonen geächtet sein, überregional allerdings seien sie gut vernetzt, so Montero. In der Szene insgesamt zeigten sich Burschenschaften durchaus auch solidarisch. "Insgesamt stören extrem Rechte einen großen Teil der Verbindungsszene – aber meist nicht so sehr, öffentlich auf Distanz zu gehen."

Montero hat keinen Zweifel, dass die Teutonen zum extremen Rand innerhalb des Dachverbands Deutsche Burschenschaft gehören. Von dem Verband hatten sich bereits einige Verbindungen wegen fehlender Distanzierung zu Rechtsextremen gelöst. Innerhalb der Deutschen Burschenschaft gehören die Teutonen außerdem der völkisch-nationalen Abspaltung Burschenschaftliche Gemeinschaft an. Bei den Würzburger Teutonen habe auch Götz Kubitschek gesprochen – der Gründer des vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften "Instituts für Staatspolitik". Auch weitere "ganz bekannte und vernetzte Leute aus der rechten Szene" seien Gast gewesen.

Treffen der Teutonen können gewalttätig werden: Als 2016 der AfD-Politiker Raimond Hoffmann, zeitweise außerordentliches Mitglied* der Freiburger Burschenschaft Saxo-Silesia, zu einem Vortrag bei den Teutonen war, schlug ein AfD-Funktionär dem heutigen Grünen-Kreisrat Sebastian Hansen ins Gesicht. Hansen hatte eine Gegendemo angemeldet. Das Verfahren gegen den AfD-Politiker wurde eingestellt – wegen "fehlendem öffentlichen Interesse". Es erscheine sehr plausibel, dass es bei der Burschenschaft schon lange gute Verbindungen zur AfD gibt, sagte Hansen t-online.

Montero sagt, derartige Burschenschaften seien "Rückzugs- und Vernetzungsorte für die rechte Szene in Deutschland". Wenn jemand in der Jungen Alternative sei und zum Studieren in eine andere Stadt gehe, führe sein Weg oft zu einer entsprechenden Burschenschaft.

Kontakte zu Skinheads und der NPD

Die Würzburger Burschenschaft ist 2009 aus dem Zusammenschluss der kurz zuvor gegründeten Libertas Würzburg mit der Teutonia Regensburg hervorgegangen. Die Regensburger Teutonen hatten sich da schon einen Ruf erworben: Der Hauptverdächtige eines Skinhead-Überfalls war von einem Teutonen in ein Versteck der vom Verfassungsschutz beobachteten Münchener Burschenschaft "Danubia" gebracht worden war. Bei den Teutonen hatte kurz zuvor ein NPD-Aktivist über "Die Grundlagen nationaler Politik – ist die BRD souverän?" gesprochen.

Nach der Fusion wurde der Regensburger Standort aufgegeben, um in Würzburg die neue Unterkunft zu kaufen. Ein Haus in guter Gegend im Stadtteil Frauenland. 2015 warb die Teutonia um Mieter: "High-Speed DSL im gesamten Haus und großer Garten schaffen Arbeitsbedingungen, die man ab 80 € woanders schwer finden kann."

Das Teutonenhaus wird von einem Verein getragen, dessen Vorsitzender ein Mann ist, der zumindest in der Vergangenheit in der AfD in Nürnberg aktiv war. Halemba, der an der Fernuni Hagen studiert, darf dort jetzt erst einmal nicht mehr auftauchen: Der Haftbefehl gegen ihn ist außer Vollzug gesetzt worden – unter der Auflage, dass er die Räumlichkeiten nicht betritt und keinen Kontakt zu Mitgliedern der Burschenschaft aufnimmt. Laut Staatsanwaltschaft wird das "engmaschig überwacht".

Ein Burschenschaftler und Ex-AfDler vertritt Halemba vor Gericht

Juristisch vertreten wird Halemba nun von dem Freiburger Rechtsanwalt Dubravko Mandic. Auch Mandic war Mitglied in der AfD, dort allerdings umstritten und hat die Partei 2021 verlassen. Bundesweit bekannt geworden war er durch die Aussage: "Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützer-Umfeld, nicht so sehr durch Inhalte." Nachdem er sich in ein Handgemenge mit vermeintlichen Dieben von AfD-Plakaten eingemischt und Tierabwehrspray eingesetzt hatte, wurde er wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Mandic gehörte der Freiburger Burschenschaft Saxo-Silesia an und hatte dort bereits Ärger: Bei einer Feier, zu der er eingeladen haben soll, ertönten "Heil Hitler"-Rufe. Ein Alter Herr der Burschenschaft, also ein Mitglied nach beendetem Studium, beschwerte sich über Hitlergrüße und laute Musik der Neonazi-Band "Landser" – es kommt dem nahe, was nun über die Teutonen berichtet wird. Die Saxo-Silesia schloss Mandic aus, der vergebens dagegen vor Gericht gezogen war.*

In der gesamten AfD sind Burschenschaftler stark vertreten. Nur ein paar Beispiele: Torben Braga, Mitglied des Thüringer AfD-Vorstands unter Björn Höcke, war Bundessprecher der Deutschen Burschenschaft sowie Mitglied der Marburger Burschenschaft Germania. Joachim Paul, ehemals Mitglied im Bundesvorstand, und Alexander Jungbluth, der auf Listenplatz 5 für die EU-Wahl 2024 kandidiert, sind Mitglieder in der nationalistischen "Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks in Bonn". Die Raczeks brachten den "Arier-Antrag" ein, nach dem nur Mitglied in einer Burschenschaft werden sollte, wer eine deutsche Abstammung nachweisen kann.

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"Bananen-Nolte" und White-Power-Zeichen

In Bayern wurde neben Halemba gerade ein weiterer Burschenschaftler ins Parlament gewählt: Benjamin Nolte, bekannt auch als "Bananen-Nolte". Seinen Spitznamen in der Szene verdiente er sich, weil er 2009 bei einem Treffen Vertretern einer anderen Burschenschaft eine Banane überreichte – weil die ein schwarzes Mitglied in ihren Reihen hatten. Später war Nolte bei der Danubia aktiv.

Erst im Juni machten die Verbindungen zwischen der AfD und der Danubia-Burschenschaft bundesweit Schlagzeilen – auf Einladung von AfD-Abgeordneten feierten da unter anderem Mitglieder der Identitären Bewegung und Danubia-Burschenschaftler im bayerischen Landtag. Eingefangen wurde dabei, wie zwei Burschenschaftler das "White Power"-Zeichen zeigten.

Da verwundert es wenig, dass sich Burschenschaftler Halemba, gegen den nun wegen Himmler-Abdrucken und "Sieg Heil" ermittelt wird, in der bayerischen AfD gut aufgehoben fühlt. Mehr noch: Seine größten Vorbilder sind Funktionäre der Partei.

So sagte Halemba kurz vor der Landtagswahl der "Mainpost" über Christina Baum, die zum völkischen Flügel der AfD zählt und Mitglied im Bundesvorstand ist: "Sie hat mein politisches Denken stark geprägt." In Baums Kreisverband Main-Tauber war Halemba Schriftführer. Sein großes politisches Vorbild aber ist demnach der Thüringer Faschist Björn Höcke. Dessen Politikstil sei "erstrebenswert", findet Halemba.

*Wir haben an diesen Stellen klargestellt, dass Hoffmann und Mandic heute nicht mehr Mitglied der Saxo-Silesio sind. Die Burschenschaft Saxo-Silesia hat mitgeteilt, dass Hoffmann außerordentliches Mitglied war, ihm der Status aber verhaltensbedingt aberkannt worden sei.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Telefonat mit Leon Enrique Montero und Sebastian Hansen
  • justiz.bayern.de: Ermittlungsverfahren gegen 22-jährigen Landtagsabgeordneten: Ermittlungsrichter setzt Untersuchungshaftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug
  • dlf.de: Studentenverbindungen – Humus für die braune Elite?
  • br.de: Neue AfD-Fraktion: Junge Hardcore-Rechte im Landtag
  • spiegel.de: Rechte Burschenschaft Unterschlupf für Skinhead?
  • n-tv.de: Verurteilung von Ex-AfD-Stadtrat wegen Körperverletzung rechtskräftig
  • badische-zeitung.de: Der Freiburger Stadtrat Dubravko Mandic hat die AfD verlassen
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