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Heizungsgesetz | Expertenanhörung: Jetzt geht es ans Eingemachte


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Heizungsgesetz
Jetzt geht's noch mal ans Eingemachte


Aktualisiert am 21.06.2023Lesedauer: 5 Min.
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Quelle: Daniel Roland/AFP/getty-images-bilder
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Nach langem Streit hat sich die Ampel auf Eckpunkte des Heizungsgesetzes geeinigt. Doch die lassen Raum für Interpretation – an entscheidenden Stellen.

Es ist ruhig geworden um Robert Habeck und das Heizungsgesetz. Überraschend ruhig, wenn man die vergangenen Monate als Maßstab nimmt. Immerhin verging kaum ein Tag ohne Schlagzeile des Boulevards zum "Heiz-Hammer" und ohne Forderung der FDP an den Vizekanzler, doch bitte einfach noch mal von vorne zu beginnen. "Zurück in die Montagehalle" mit dem "schlechten Gesetz", aber pronto.

Doch seitdem sich die Ampelregierung vergangene Woche auf ein zweiseitiges Leitplankenpapier für Änderungen am Vorhaben verständigt hat, lobt selbst FDP-Heizungsrebell Frank Schäffler auf Twitter das "gute Gesetz". Wohlgemerkt der Frank Schäffler, der die Kabinettsfassung vor einigen Wochen noch eine "Atombombe für unser Land" genannt hatte. Was zwei Seiten Papier doch für einen Unterschied machen können.

Das Problem an der wohligen Heizungsruhe: Sie könnte trügerisch sein. An entscheidenden Stellen ist das Leitplankenpapier so vage formuliert, dass es viel Raum für Interpretationen bietet. Das deutete sich schon am Tag der Einigung an. Und wirklich überraschend ist das nicht. Denn es geht ans Eingemachte.

Expertenanhörung ohne Gesetzestext

Kaum etwas am Streit über das Heizungsgesetz ist normal. Daran hat sich nicht viel geändert, selbst wenn es vergangene Woche dort angekommen ist, wo jedes Gesetz beschlossen werden muss: im Deutschen Bundestag.

Dass Gesetze im Parlament noch verändert werden, ist ebenfalls normal. Dass sie so stark verändert werden wie von der Ampelregierung im Leitplankenpapier vorgesehen, nicht unbedingt. Zumal es nun in entscheidenden Passagen darauf ankommt, wie die Leitplanken nun interpretiert werden.

Es wird deshalb interessant, was am heutigen Mittwoch von 11 bis 13 Uhr im Ausschuss für Klima und Energie im Bundestag passiert. Dort nämlich werden Experten zur Anhörung erwartet. Ein wichtiger Schritt im Gesetzgebungsverfahren, um alle Interessen und Perspektiven einzubinden.

Nur bedeutet es in diesem Fall, dass die Experten einen Gesetzentwurf bewerten müssen, der in der Form niemals beschlossen wird. Zusammen mit einem Leitplankenpapier, das an mehreren Stellen so vage bleibt, dass es ganz verschiedene Szenarien ermöglicht.

Union: "Unwürdiges Spektakel"

Die Opposition macht der Ampel deshalb schwere Vorwürfe. "Das wird heute die erste Anhörung in der Geschichte des Bundestags zu schwammigen Leitplanken statt zu einem konkreten Gesetzestext", sagte CDU-Klimapolitiker Andreas Jung t-online. "Mit diesem unwürdigen Spektakel macht die Ampel die Beratungen zur Farce – eine Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament."

In der Koalition sieht man das naturgemäß etwas anders. "Nach unserer Einigung auf Leitplanken geht es jetzt um die konkrete Umsetzung", sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch t-online. "Gut, dass jetzt Sachverständige angehört werden, wir unter den Berichterstattern Details verhandeln. Das alles ist Kern des parlamentarischen Verfahrens." Die Koalition habe "neuen Schwung" und werde das Gesetz vor der Sommerpause beschließen.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte, sie gehe davon aus, dass es noch genug Gelegenheit geben werde, in den Fachausschüssen und dem Plenum über die Ergänzungen zu beraten. Sportlich wird es in jedem Fall. Das Gesetz soll in der nächsten Sitzungswoche Anfang Juli beschlossen werden. Es ist die letzte vor der Sommerpause.

Weniger strikt – oder deutlich entkernt

Dass es nicht einfach wird, die Leitplanken in ein Gesetz zu gießen, zeichnete sich früh ab. Als Robert Habeck am Tag nach der Einigung darauf angesprochen wurde, dass die Deutungen zwischen Grünen und FDP auseinandergehen, sagte er: "Ist ja kein Wunder, dass sich die Interpretationen unterscheiden. Weil wir es interpretationsoffen gelassen haben."

Man habe sich konkreter schlicht noch nicht verständigen können, sagte Habeck. "Sonst hätten wir es da reingeschrieben." Nun habe man "intensive Wochen" vor sich. "Da werden wir noch viel Freude an diesen Aushandlungsprozessen haben, die wir alle so lieben in dieser Regierung." Zumindest seinen Humor hat er noch nicht verloren.

Doch es geht um weitreichende Fragen, die das Potenzial haben, den Charakter des Gesetzes zu verändern: Wird es am Ende nur weniger strikt als geplant – oder doch deutlich entkernt?

Müssen die Gasheizungen im Zweifel wieder raus?

Was von beiden es wird, darüber entscheidet unter anderem die Interpretation des Punktes 1 c) des Leitplankenpapiers. Der Kompromiss der Ampelkoalition sieht vor, dass das Heizungsgesetz ab 2024 ohne Einschränkungen nur in Neubaugebieten gilt. Für alle anderen Häuser gelten die Pflichten erst, wenn die Kommune eine Wärmeplanung aufgestellt hat. Spätestens 2028 soll es die überall geben.

Wenn es dann eine kommunale Wärmeplanung gibt, sollen jedoch alle neu eingebauten Heizungen klimaneutral sein. Was aber passiert, wenn sich Hausbesitzer nächstes Jahr eine wasserstofffähige Gasheizung einbauen in der Hoffnung, dass die Wärmeplanung eine Umrüstung ihres Gasnetzes vorsieht – und es am Ende doch nicht dazu kommt?

In Punkt 1 c) der Leitplanken heißt es, dass sich dann "angemessene Übergangsfristen zur Umstellung auf die neue Technologie" ergeben würden. Die Grünen schließen daraus, dass Gasheizungen, die ab nächstem Jahr neu eingebaut werden, wieder rausgerissen werden müssen, wenn sie am Ort nicht mit Wasserstoff oder Biogas betrieben werden können. Nach einer Übergangsfrist, die noch zu definieren ist.

Aus der FDP heißt es hingegen: "Jede Heizung muss erlaubt sein, die das Potenzial hat, klimaneutral betrieben zu werden." Und eine theoretisch wasserstofffähige Gasheizung hätte streng genommen auch ohne Wasserstoffnetz "das Potenzial" zur Klimaneutralität – nur eben keinen Wasserstoff.

Die Grünen fürchten ohnehin, dass Gasheizungen nun für viele Menschen zur Kostenfalle werden könnten. Auch weil sie nicht damit rechnen, dass es viele Wasserstoffnetze fürs Heizen geben wird. Sie pochen deshalb auf einen weiteren Passus des Leitplankenpapiers. Dort heißt es, der Verkauf von Gasheizungen "darf" nur noch stattfinden, "wenn eine Beratung erfolgt". Die Grünen sehen damit eine Pflicht zur Beratung, während die FDP von einem "Beratungsangebot" spricht.

Wie lange wird noch Gas verfeuert?

Ebenso viel Potenzial für Streit bietet eine weitere Entschärfung. Im bisherigen Gesetzentwurf mussten Gasnetzbetreiber einen "Transformationsplan" zum Umbau in ein Wasserstoffnetz vorlegen. Nur wenn es den gab, durften Hausbesitzer wasserstofffähige Gasheizungen einbauen.

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Dieser Transformationsplan sah strenge Pflichten für die Netzbetreiber vor – auch um sicherzugehen, dass ein versprochenes Wasserstoffnetz wirklich kommt. Und zwar möglichst rasch. Sie mussten versprechen, dass schon 2030 als Zwischenziel mindestens 50 Prozent Biomethan durch das Netz fließen. Spätestens ab 2035 sollten es mindestens 65 Prozent Wasserstoff sein.

Der FDP war das zu streng. Sie fürchtete, dass Wasserstoff mit diesen Zielen nur eine theoretische Option bleiben würde. Mit dem Leitplankenpapier sollen die Transformationspläne nun entfallen. Ersetzt werden sie durch einen "verbindlichen Fahrplan" von Kommunen und Netzbetreibern, der "nachvollziehbare Zwischenziele (Monitoring) zum Hochlauf des Wasserstoffs bis 2045" enthalten soll.

Ob es darin verbindliche und ambitionierte Ziele für den Umstieg auf Biogas oder Wasserstoff gibt, wird deshalb darüber mitentscheiden, wie lange noch breitflächig Gas verfeuert werden kann. Ebenso wichtig ist, ob es Sanktionen für Kommunen und Betreiber gibt, falls es mit dem Wasserstoffnetz nichts wird.

Wer bekommt wie viel Geld?

Am wenigsten Wörter verlieren die Koalitionäre in den Leitplanken zur Frage, wie der Umstieg auf klimaneutrale Heizungen nun gefördert werden soll. SPD und Grüne plädieren weiterhin für eine soziale Staffelung: Ärmere Menschen sollen mehr bekommen als reichere. Die FDP will das nicht.

Im Papier hießt es zum Geld lediglich, dass es eine Förderung geben werde, "die möglichst passgenau die einzelnen Bedürfnislagen und soziale Härten bis in die Mitte der Gesellschaft berücksichtigt".

Ob das bedeutet, dass die Bundesregierung nun doch mehr Geld zur Verfügung stellen will als im ursprünglichen Fördermodell vorgesehen, das die Ampel mit dem Kabinettsentwurf vorgestellt hatte? Unklar. Selbst bei den Grünen scheinen sich die Beteiligten darüber nicht einig zu sein.

Noch ist der Streit über die Heizungen also nicht vorbei. Auch wenn er gerade hinter verschlossenen Türen stattfindet.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Gespräche
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