Einigung im Heizungsstreit Zu früh gefreut
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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Kurz vor der Sommerpause hat sich die Ampelregierung zu einem gemeinsamen Vorschlag zum Heizungsgesetz durchgerungen. Doch die Koalitionäre sollten sich nicht zu früh freuen.
Krise abgewendet: Nach wochenlangem Streit über das Heizungsgesetz hat die Ampelregierung am Dienstagabend einen gemeinsamen Vorschlag präsentiert und mal wieder klingt es, als hätte jeder gewonnen.
Die Systematik des Gesetzes habe grundlegend geändert werden müssen, das "haben die Freien Demokraten im Deutschen Bundestag" erreicht, heißt es von den einen. Bei den Grünen ist hingegen von einem "Meilenstein für den Klimaschutz" die Rede.
Doch die Koalitionäre sollten sich nicht zu früh freuen. Denn die eigentliche Arbeit geht jetzt erst los.
Ein Gesetzesproblem mit einem anderen lösen
Tatsächlich zeigt ein Blick in den Gesetzesentwurf nämlich vor allem eins: Auf den einen Streit über das Heizungsgesetz dürfte nun gleich der nächste folgen. Denn ehe Besitzerinnen und Besitzer von Bestandsimmobilien zum Umbau ihrer Heizungsanlage verpflichtet werden, soll die kommunale Wärmeplanung geregelt werden.
Das ist zunächst erfreulich, sowohl Verbraucherschützer als auch Hausbesitzer und die Energiebranche hatten genau das gefordert. Ohne Klarheit darüber, welche klimafreundlichen Heizmöglichkeiten in den kommenden Jahren in den einzelnen Ortschaften zugänglich sein werden, lassen sich schließlich kaum sinnvolle Entscheidungen für den Umbau der Heizungen treffen.
Hitziger Streit über Wärmeplanung
Das Problem dabei: Für die kommunale Wärmeplanung braucht es erst einmal ein weiteres Gesetz. Und das dürfte genauso umstritten sein wie das Heizungsgesetz selbst. Vor allem, da noch mehr Diskussionspartner hinzukommen, denn die Wärmeplanung obliegt den Ländern, die diese wiederum an die Kommunen delegieren können.
Sie sollen in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen. In manchen Bundesländern gibt es entsprechende Pläne schon, darunter Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen.
Andernorts könnte es hingegen stressig werden. Für Großstädte etwa sollen die Wärmepläne bis Ende 2026 fertig sein, kleinere Städte sollen zwei Jahre länger Zeit haben. Dazu sollen unter anderem Netzbetreiber und Industrieunternehmen Daten zu Energieträgern und Verbräuchen bereitstellen.
Kritik aus Union und FDP
Die Datenerhebung bezeichneten CDU-Politiker bereits als "Energie-Stasi", die den Bürgerinnen und Bürgern in ihre Keller schaue. Und auch aus der FDP gab es bis vor Kurzem harsche Kritik. Finanzpolitiker Frank hatte das Gesetz für "undurchführbar" erklärt. Das klingt nicht nach einer schnellen Einigung.
Hinzu kommt: Fernwärme – um die es im Falle der Wärmeplanung vornehmlich geht – ist nicht automatisch klimafreundlich. Aktuell stammt gut 70 Prozent der Fernwärme aus fossilen Brennstoffen. Mehr dazu lesen Sie hier. Damit also überhaupt das übergeordnete Ziel eines emissionsfreien Gebäudesektors bis 2045 erfüllt werden kann, braucht es hier umso deutlichere Vorgaben.
Nach der vermeintlichen Einigung bleiben folglich viele Fragen offen. Wie es gelingen soll, diese ohne erneute Koalitionskrisen und vor allem schnell zu klären, ist ungewiss. Klar ist hingegen: Es gibt viel zu tun. Die Frist bis 2028 scheint genug Zeit zu bieten, doch der politische Entscheidungsprozess ist oft langsam. Die Ampel sollte sich also nicht zu früh über ihren aktuellen Kompromiss freuen. Denn er steht auf wackligen Beinen.
- Eigene Recherche