"Schwieriges Gesetz" Beitrag zur Pflegeversicherung soll steigen
Das Kabinett bringt eine Pflegereform auf den Weg. Diese sieht unter anderem höhere Beiträge vor.
Bei der Pflege liegt in Deutschland vieles im Argen – von finanziellen Problemen der Pflegeversicherung über hohe Eigenbeiträge für Menschen in Pflegeheimen bis hin zum Fachkräftemangel. Bei einigen Punkten soll nun ein Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Abhilfe schaffen, den das Kabinett am Mittwoch beschloss. Dazu gehört auch eine Beitragserhöhung. Die gesetzlichen Kassen und mehrere Sozialverbände bemängeln, die Reform gehe nicht weit genug.
Dem Entwurf zufolge soll der Beitrag zur Pflegeversicherung zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte steigen. Er liegt derzeit bei 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens, bei Kinderlosen sind es 3,4 Prozent. Angesichts der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Entlastung für kinderreiche Familien soll der Kinderlosenzuschlag um 0,25 Beitragssatzpunkte auf 0,6 Beitragssatzpunkte angehoben werden. Wer mehrere Kinder hat, soll wiederum ab dem zweiten bis zum fünften Kind unter 25 Jahren pro Kind 0,25 Beitragssatzpunkte weniger zahlen.
Mehr Geld für pflegende Angehörige
Auf der Ausgabenseite sieht der Entwurf mehr Mittel für die häusliche Pflege vor. So soll das Pflegegeld zum Jahreswechsel um fünf Prozent steigen. Dieses Geld bekommen Pflegebedürftige, die zu Hause ehrenamtlich versorgt werden – in der Regel von Angehörigen. Ebenfalls um fünf Prozent steigen die sogenannten Sachleistungsbeträge für die Leistungen von Pflegediensten, die Betroffene zu Hause betreuen.
Für Menschen im Pflegeheim sollen die sogenannten Leistungszuschläge um fünf bis zehn Prozentpunkte angehoben werden. Diese Zuschläge werden von der Pflegekasse an das Pflegeheim gezahlt, um den von den Pflegebedürftigen selbst zu tragenden Eigenanteil zu verringern.
Lauterbach sagte in Berlin, es handele sich insgesamt um ein "schwieriges Gesetz", über das innerhalb der Bundesregierung lange verhandelt worden sei. Nunmehr sei eine "stabile Reform" für die laufende Legislaturperiode auf den Weg gebracht. "Aber so kann es natürlich nicht weitergehen", räumte Lauterbach mit Blick auf die Finanzlage des Systems ein. Er verwies darauf, dass bereits eine Kommission berufen wurde, die sich mit Fragen der langfristigen Finanzierung befasst.
Krankenkassen: Regierung springe "deutlich zu kurz"
Der Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen (GKV) reagierte unzufrieden. Die Regierung springe "deutlich zu kurz und verfehlt die selbst gesetzten Ziele aus dem Koalitionsvertrag", erklärte GKV-Vizevorstandschef Gernot Kiefer. Er beklagte unter anderem "jährliche Ausgaben für versicherungsfremde Leistungen wie die knapp vier Milliarden Euro für Sozialversicherungsbeiträge pflegender Angehöriger", wodurch die Pflegeversicherung belastet werde.
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Diakonie-Präsident Ulrich Lilie erklärte, Lauterbachs Vorlage "bedeutet für die schwer angeschlagene Pflegeversicherung erneut nur weiße Salbe". Der Minister drücke sich "um eine grundlegende Pflegereform, die auch die Finanzierung auf eine solide Basis stellt. Dazu gehört zwingend ein dauerhafter Bundeszuschuss für die versicherungsfremden Leistungen."
Grüne: Verbesserung der Arbeitsbedingungen fehlt
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband bezeichnete den Entwurf als "halbherzig und völlig unzureichend". Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa kritisierte unter anderem, dass angesichts der hohen Inflation die Anhebung des Pflegegeldes nicht reiche. Auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, die Anhebung stehe "nicht ansatzweise im Verhältnis zur Kostenexplosion" der vergangenen Jahre. Er forderte eine Kopplung der Pflegeleistungen an die Inflation.
Für die Grünen kündigten Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink und Pflegeexpertin Kordula Schulz-Asche Änderungsbedarf an. "Die vereinbarte Vereinfachung bei der Beantragung von Entlastungsleistungen in der häuslichen Pflege fehlt. Auch die Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bleiben hinter dem Vereinbarten zurück", bemängelten sie. Außerdem stelle Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nicht genügend Geld zur Verfügung. "In all diesen Punkten werden wir im parlamentarischen Verfahren auf Nachbesserungen dringen."
- Nachrichtenagentur AFP