Olympia-Boykott in China? "Baerbock soll die Kirche im Dorf lassen"
Die designierte Außenministerin Annalena Baerbock legt sich schon vor Amtsantritt mit China an – und bringt sogar einen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking ins Spiel. Ein mächtiger Sportverband kritisiert sie nun scharf.
Die Grünen-Chefin und wahrscheinliche nächste Außenministerin Annalena Baerbock plädiert schon lange für eine härtere Gangart gegen die Kommunistische Partei Chinas. In einem Interview mit der "taz" diese Woche schloss sie auch einen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking nicht aus. Thomas Weikert, der neue Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), kritisierte Baerbock nun scharf für ihre Äußerungen.
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"Frau Baerbock soll die Kirche einfach mal im Dorf lassen, das sage ich mal ganz deutlich", sagte Weikert am Samstag nach seiner Wahl: "Ein Boykott hat noch nie jemandem was gebracht. Das wäre wirklich unfair gegenüber den Athleten, die sich jetzt so lange vorbereitet haben."
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Baerbock begründete in dem Interview ihre Haltung mit der Menschenrechtslage in China: "Wenn ich sehe, wie Chinas Führung mit der Tennisspielerin Peng Shuai umgeht (mehr dazu lesen Sie hier) oder mit der verhafteten Bürgerjournalistin Zhang Zhan, sollten wir natürlich auch die Olympischen Spiele genauer in den Blick nehmen. Da gibt es für Regierungen unterschiedliche Formen des Umgangs, die in den kommenden Wochen sicherlich diskutiert werden."
"Es hat sich nichts verbessert"
Der DOSB werde sich, so DOSB-Präsident Weikert, bei den Winterspielen "im Rahmen unserer Möglichkeiten entsprechend positionieren". Auf der Pressekonferenz nach der Mitgliederversammlung in Weimar am Samstag kritisierte der frühere Tischtennis-Weltverbandschef selbst die Menschenrechtslage in China deutlich. "Seit 2008 haben viele gedacht, dass sich durch Olympia was an der Menschenrechtslage verbessert. Und Fakt ist: Es hat sich nichts verbessert. Wahrscheinlich ist es schlechter geworden, was sehr bedauerlich ist", so Weikert.
Ähnlich äußerte sich Weikert über die Fußball-WM im kommenden Jahr in Katar (mehr dazu lesen Sie hier). "Die WM ist vergeben nach Katar. Ich finde das auch keinen optimalen Ort. Man sollte genauso reagieren wie bei China: Auf die Verletzungen hinweisen", sagte der 60 Jahre alte Anwalt: "Nach meinem Kenntnisstand besteht das Kafala-System weiterhin, auch wenn es niemand zugeben möchte. Die Verletzungen sind weiterhin da." Auch in diesem Fall hält Weikert wenig von einem Boykott: "Ein Boykott hat noch niemandem geholfen. Und deswegen sollte man auch dort nicht boykottieren, sondern hinfahren und versuchen zu ändern."
- Nachrichtenagentur SID