t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikDeutschland

Diabetiker in Bayern scheitert: Richter drücken nicht aufs Impf-Tempo


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

Richter entscheiden
Staat muss nicht den Impfturbo einschalten


Aktualisiert am 30.03.2021Lesedauer: 3 Min.
Ärztin impft Patient: Es hat Pieks gemacht.Vergrößern des Bildes
Ärztin impft Patient: Es hat Pieks gemacht. (Quelle: imago-images-bilder)
News folgen

Dieser Rechtsstreit machte vielen Menschen Hoffnung: Ein chronisch Kranker wollte seine Impfung erstreiten, weil sehr viele Dosen herumlagern. Doch die Richter wiesen sein Ansinnen ab.

Der Verwaltungsgerichtshof in Bayern hat das Ansinnen eines Diabetikers zurückgewiesen, sehr zeitnah einen Anspruch auf eine Impfung zu haben. Ein 45-Jähriger hatte diesen beim Gesundheitsamt Würzburg durchsetzen wollen. Wäre das Gericht ihm gefolgt, hätte eine Klagewelle gedroht oder das Land Bayern hätte die Regeln beim Impfen überarbeiten müssen.

Genau das sei das Ziel gewesen, sagt Anwalt Chan-jo Jun, der den Mann aus der zweiten Prioritätsgruppe vertritt. Die Idee dahinter: Weil die Impfverordnung den Anspruch danach ausrichtet, ob es ausreichend Impfstoff gibt, sollten bei großen Mengen vorrätigen Impfstoffs Menschen ihre Impfung einfordern können.

"Wir kommen ja nicht hinterher, die großen Mengen zu verimpfen", sagte Jun. Bei der Einhaltung von Regeln zur Notbremse habe der Bürger wegen fehlenden individuellen Anspruchs keine Chance, juristisch die Politik zu etwas zu zwingen. Beim Impfen sei das theoretisch anders.

So bestand die Hoffnung des Klägers und seiner Anwälte darin, dass nach einer Entscheidung des Gerichts gelagerter Impfstoff schneller zum Einsatz kommen könnte. Jun verwies auch auf die Ständige Impfkommission, die keine Vorratshaltung mehr empfiehlt.

Seine Rechnung, die sich allerdings auf den 19. März bezieht: Bayern hat mit bereits gelieferten und zugesagten Lieferungen bis Ende März 700.000 Dosen, hat aber nach eigenen Angaben nur Kapazitäten, um davon weniger als 400.000 zu verabreichen.

Fast 400.000 Impfungen im Lager

Inzwischen sind nach Bayern insgesamt 2,5 Millionen Dosen geliefert worden, verabreicht waren zuletzt 2,14 Millionen. Es befinden sich also fast 400.000 Dosen auf Lager.

Mit seinem ungenutzten Impfstoffvorrat liegt Bayern jedoch nur im Mittelfeld der Bundesländer. Am meisten bleibt in absoluten Zahlen, aber auch prozentual, in Nordrhein-Westfalen liegen: 3,41 Millionen Dosen gingen an das Land, 2,58 Millionen Dosen wurden gespritzt. Klassenbester beim schnellen Einsatz vorhandenen Impfstoffs ist aktuell Thüringen.

Juns Mandant hatte erklärt, für eine Impfung an jeden Ort in Bayern zu fahren und jeden Impfstoff zu akzeptieren. Das Verwaltungsgericht Würzburg hatte den Eilantrag zunächst abgewiesen, daraufhin legte der Kläger Beschwerde ein.

Der Verwaltungsgerichtshof ließ sich von der Argumentation und den Zahlen allerdings nicht beeindrucken: In dem Beschluss, der t-online vorliegt, heißt es, es sei nicht belegt, dass innerhalb von zwei Wochen, in denen der Mann die Impfung haben wollte, der Impfstoff reiche, um alle Anspruchsberechtigten mit hoher Priorität zu berücksichtigen.

Das Gericht könne nach den vorlegten Unterlagen "nicht davon ausgehen, dass bereits sämtliche lmpfwilligen aus der Impfgruppe mit höchster Priorität ein Impfangebot erhalten haben".

Andere aus Gruppe 2 werden schon geimpft

Das heißt: Bei dem Diabetiker aus Prioritätsgruppe 2 stellt sich die Frage trotz wachsender Vorräte erst, wenn alle Personen mit Impfwunsch aus der ersten Prioritätsgruppe auch tatsächlich einen Impftermin haben. Doch im örtlichen Impfzentrum wird derzeit noch in der Gruppe der höchsten Priorität geimpft.

Der Haken an dieser Argumentation: Andere Personen aus der zweiten Gruppe werden auch in Bayern bereits geimpft. Anwalt Jun hat dafür entsprechende Bestätigungen. Es solle also zumindest transparent gemacht werden, nach welchen Kriterien Termine vergeben werden, fordert er. Aus seiner Sicht habe das Gericht vor allem auch eine pragmatische Entscheidung getroffen – nach dem Motto: "Wo kommen wir denn hin, wenn sich dann alle ihre Impfung einklagen wollen?"

Bei seinem Mandanten sah das Gericht aber auch keine besondere Eilbedürftigkeit: Auch wenn er in Innenräumen Kontakt mit Menschen habe, sei doch seine Zuckerkrankheit einem Attest zufolge nicht mit besonderen Komplikationen verbunden. Im Februar hatte das Gericht bereits den Antrag eines Krebskranken mit bevorstehender Chemotherapie abgelehnt: Eine Höherstufung in der Priorität sei nicht möglich.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Der Mann muss weiter auf seinen Impfstoff warten. Und Impfstoff in Lagern auf den Einsatz.

Verwendete Quellen
  • Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs
  • Twitter: Chan-jo Jun
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website