Radikaler Lockdown über Ostern Corona-Gipfel: Das sind die Beschlüsse von Bund und Ländern
Vor drei Wochen schlugen Bund und Länder einen Lockerungskurs ein. Jetzt reißen sie das Ruder erneut herum. Über Ostern wird der Lockdown schärfer als je zuvor. Urlaubsreisen sind kaum möglich. Ein Überblick.
Nach mehr als zehnstündigen Beratungen hat sich bei den Bund-Länder-Gesprächen über den Corona-Kurs eine Einigung ergeben. Unter anderem wurde eine Verschärfung des Lockdowns vom 1. bis zum 5. April beschlossen. Das öffentliche, wirtschaftliche und private Leben soll dabei in Deutschland so stark heruntergefahren werden wie nie zuvor in der Krise.
Sofern keine abweichenden Regelungen beschlossen wurden, gelten die bisherigen Vorgaben weiter. Neuerungen sollen die Länder bis zum 29. März in ihre Verordnungen übernehmen, sie gelten vorerst bis zum 18. April.
Ein Überblick über die Beschlüsse:
Notbremse: Bund und Länder betonen, es sei notwendig, die Anfang März vereinbarte "Notbremse" konsequent anzuwenden. Sie soll greifen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner in einem Land oder einer Region an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 100 Neuinfektionen liegt. Dann gelten ab dem zweiten darauffolgenden Werktag wieder die Beschränkungen, die bis zum 7. März in Kraft waren. Weitere Öffnungen soll es nur geben, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz unter 100 und stabil ist oder sinkt.
Inzidenz über 100: In Landkreisen, wo die Sieben-Tage-Inzidenz über 100 liegt, greifen härtere Maßnahmen. Diese können so aussehen:
- Pflicht zum Tragen besser schützender Masken im Auto für Mitfahrer, die nicht zum Hausstand des Fahrers gehören;
- Ausweitung einer Schnelltest-Pflicht auf Bereiche, in denen Abstandsregeln und konsequentes Maskentragen erschwert sind;
- Ausgangsbeschränkungen;
- verschärfte Kontaktbeschränkungen.
Kontakte: Es dürfen sich maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen. Paare sollen generell als ein Hausstand gelten. Kinder bis 14 Jahre werden nicht mitgezählt.
Das gilt laut aktuellem Beschluss auch für die Osterzeit vom 1. bis zum 5. April. Die weiterhin geltende Notbremse wird in diesem Abschnitt nicht erwähnt. Diese sieht für Regionen oder Länder mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 vor: Es dürfen sich nur ein Haushalt und eine weitere Person treffen, Kinder bis 14 Jahre sind wieder ausgenommen.
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Ostern: In der Zeit vom 1. April (Gründonnerstag) bis zum 5. April (Ostermontag) gilt ein Verbot von Ansammlungen im öffentlichen Raum. Geöffnete Außengastronomie wird geschlossen. Geschäfte müssen ebenfalls geschlossen bleiben, nur der "Lebensmitteleinzelhandel im engen Sinne" darf am Karsamstag (3. April) öffnen. Religionsgemeinschaften werden gebeten, in dieser Zeit nur virtuelle Gottesdienste durchzuführen. Impf- und Testzentren bleiben geöffnet. Eventuelle Öffnungsschritte nach dem am 3. März vereinbarten Fahrplan sollen frühestens am 6. April greifen. Was die "Ruhetage" genau bedeuten, erfahren Sie hier.
Impfschutz: Das Robert Koch-Institut soll bis zur nächsten Bund-Länder-Runde am 12. April einen Bericht dazu vorlegen, ab welchem Zeitpunkt Geimpfte "mit so hinreichender Sicherheit nicht infektiös sind, dass eine Einbeziehung in Testkonzepte möglicherweise obsolet wird".
Schnell- und Selbsttests: So bald wie möglich sollen Beschäftigte in Schulen und Kitas sowie Schülerinnen und Schüler zweimal pro Woche getestet werden.
Öffnungen in Modellprojekten: In "zeitlich befristeten Modellprojekten" dürfen die Länder in ausgewählten Regionen ausprobieren, wie sich Bereiche des öffentlichen Lebens "mit strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept" öffnen lassen.
Arbeitsplatz: Arbeitgeber sollen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin Homeoffice ermöglichen. Wo das nicht geht, sollen sie regelmäßige Tests anbieten, "mindestens einmal und bei entsprechender Verfügbarkeit zweimal pro Woche". Anfang April sollen die Wirtschaftsverbände Bericht erstatten, wie viele Unternehmen sich beteiligen. Die Bundesregierung will dann mögliche schärfere Arbeitsschutzvorschriften prüfen.
Wirtschaftshilfen: Für Unternehmen, die besonders schwer und lange unter Schließungen leiden, will die Bundesregierung weitere Hilfen entwickeln.
Reisen: Bund und Länder appellieren "eindringlich", auf nicht zwingend notwendige Reisen im In- und Ausland zu verzichten. Für Rückkehrer aus ausländischen Gebieten mit hohen Infektionszahlen oder mit einer starken Verbreitung von Virusvarianten gibt es schon eine Quarantänepflicht. Da insbesondere bei beliebten Urlaubszielen mit einer leichten Verbreitung von Covid-19-Varianten zu rechnen sei, "erwarten" Bund und Länder von allen Fluglinien "konsequente Tests von Crews und Passagieren vor dem Rückflug und keine weitere Ausweitung der Flüge während der Osterferien".
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Die Bundesregierung will zudem einen Test vor dem Abflug für die Einreise nach Deutschland vorschreiben – dafür müsste aber der Bundestag einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes zustimmen.
Hotels im Inland bleiben zu: Tourismus im Inland wird auch in den Osterferien nicht möglich sein. Hotels und andere Beherbergungsbetriebe sollen für Urlauber geschlossen bleiben. Dieser Punkt sorgte in den Beratungen für besonders viel Ärger. Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz drangen darauf, ihren Bürgern Urlaub in Ferienwohnungen, Ferienhäusern, Appartements, Wohnwagen und Wohnmobilen möglich zu machen, sofern diese über eigene Sanitäreinrichtungen verfügen und auch das Essen in Eigenregie organisiert werden kann. Davon ist im Beschluss nichts mehr zu finden.
Senioren und Pflegeheime: Ungeimpfte Bewohner sollen schnell ein Impfangebot erhalten. Das Angebot des Bundes, etwa mit Bundeswehrsoldaten beim Testen zu helfen, steht weiter.
Nächste Schritte: Kanzlerin Angela Merkel will am 12. April wieder mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beraten.
- Beschluss des Bund-Länder-Gipfels
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters