Impfstopp EU-Arzneibehörde hält vorerst an Astrazeneca-Impfstoff fest
Nach Berichten über seltene Blutgerinnsel haben die meisten EU-Länder Corona-Impfungen mit dem Astrazeneca-Wirkstoff ausgesetzt. Jetzt äußert sich die europäische Aufsichtsbehörde zur Debatte.
Nach dem Stopp der Astrazeneca-Impfungen in Teilen Europas hat sich die EU-Arzneimittelbehörde (Ema) hinter den Wirkstoff gestellt. "Wir sind immer noch zutiefst überzeugt, dass die Vorteile des Astrazeneca-Impfstoffs bei der Vorbeugung von Covid-19 überwiegen", sagte Ema-Chefin Emer Cooke bei einer Videokonferenz. "Wir werden die Daten weiter genau beobachten und unsere Empfehlungen bei Bedarf anpassen." Am Donnerstag wollen die Fachleute der Brüsseler Behörde erneut zu Astrazeneca beraten und sich dann wieder äußern.
In Deutschland und anderen EU-Ländern waren die Astrazeneca-Impfungen nach Berichten über gefährliche Blutgerinnsel bei Geimpften ausgesetzt worden. Doch die Entscheidungen lösen zunehmend Kritik aus. Italiens Arzneimittelaufsicht Aifa stuft das Mittel als sicher ein. Das Verhältnis von Nutzen zu Risiko sei "weitgehend positiv", sagte Aifa-Direktor Nicola Magrini der Zeitung "La Repubblica". Frankreich erwartet, dass die Europäische Arzneimittelbehörde Ema das Vakzin des britisch-schwedischen Konzerns schon am Donnerstag wieder freigeben wird.
Bund-Länder-Gipfel am Mittwoch abgesagt
Die Bundesregierung rechtfertigte ihre Entscheidung, die Impfungen auf Eis zu legen. Man habe nach der Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) nicht anders handeln können, hieß es in Regierungskreisen am Dienstag. Offen blieb, ob damit die Impfstrategie der Bundesregierung ins Wanken gerät.
Der für Mittwochabend geplante Impfgipfel von Bund und Ländern wurde wegen der Entscheidung abgesagt. Bei der Telefonkonferenz von Kanzlerin Angela Merkel mit den Regierungschefs der 16 Bundesländer sollte es eigentlich um die Impfstrategie und die Einbindung der Hausärzte gehen. Vor einem solchen Treffen sollte die Entscheidung der Ema zu Astrazeneca abgewartet werden, hatte ein Regierungssprecher in Berlin gesagt.
Impfstopp hat offenbar juristische Gründe
Berichte über Blutgerinnsel als mögliche Folge einer Impfung mit dem Präparat hatten eine Diskussion über die Sicherheit entfacht. Die Niederlande, Irland, Dänemark, Norwegen und Island hatten bereits den Einsatz des Impfstoffs ausgesetzt, bevor Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Slowenien und Zypern am Montag folgten. Schweden und Lettland schlossen sich am Dienstag an.
Nach Angaben aus Regierungskreisen hatte die Bundesregierung schon aus juristischen Gründen keine Alternative zum vorläufigen Aussetzen der Impfungen. Denn nach der PEI-Entscheidung am Montag hätten ansonsten Körperverletzungsklagen gedroht, da es sich um eine staatliche Impfkampagne handele, hieß es in den Kreisen.
Nachdem bereits fünf europäische Länder die Impfungen ausgesetzt hatten, registrierte das PEI am Montag insgesamt sieben Fälle einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenenthrombosen unter mehr als 1,6 Millionen Impfungen. Der Anteil der Fälle sei höher als in der Allgemeinbevölkerung, "sodass hier nicht auszuschließen ist, dass wirklich die Ursache in der Impfung liegt", hatte PEI-Präsident Klaus Cichutek dem "ZDF heute journal" gesagt.
- Nachrichtenagentur AFP