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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Folgen des Handelskriegs Trump bringt deutsche Weinbauern in Existenznot
Der US-Präsident hat hohe Zölle auf Produkte aus der EU erlassen. Besonders betroffen sind deutsche Qualitätsweine, wie eine FDP-Anfrage im Bundestag ergab. Der deutsche Weinbau schlägt Alarm – und fordert Subventionen.
Die US-Strafzölle auf Agrarprodukte aus der Europäischen Union zeigen erste Auswirkungen in Deutschland: Besonders deutsche Qualitätsweine der Sorte Riesling aus den Anbaugebieten an der Mosel und Rheinhessen sind erheblich von den Zöllen betroffen.
Das geht aus Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP im Bundestag hervor, die t-online.de exklusiv vorliegen. Die Einfuhrgebühren setzen den ohnehin schwächelnden Exportsektor weiter unter Druck. Die Fraktion wirft der Bundesregierung deswegen Versäumnisse im Handelsstreit mit der US-Regierung vor – der Deutsche Weinbauverband fordert staatliche Subventionen.
"Die USA sind unser wichtigster Absatzmarkt im Ausland", sagt Verbandsgeneralsekretär Christian Schwörer t-online.de. "Wir registrieren schon jetzt einen erheblichen Rückgang der Ausfuhren nach Amerika. Zahlreiche Erzeuger, die sich auf das Exportgeschäft spezialisiert haben, fürchten durch die Zölle um ihre Existenz."
"Wir haben nichts damit zu tun"
Die USA hatten im Herbst wegen rechtswidriger EU-Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus Strafzölle in Milliardenhöhe auf Importe aus Europa verhängt. Bei Produkten wie Käse, Wein, Butter, Olivenöl und Kaffee wird eine Abgabe von 25 Prozent verlangt. Aus Deutschland sind laut den aktuellen Angaben der Bundesregierung vor allem Liköre, Wein, Süßwaren, Milchprodukte – insbesondere Käse – sowie Wurstwaren und Schweinefleisch betroffen.
Zwar lasse sich noch nicht in Zahlen ausdrücken, wie stark die Wein-Exporte jüngst zurückgegangen seien. Trotzdem ärgert es Schwörer und viele Weinbauern, dass sie in den Handelskrieg hereingezogen werden. "Wir haben nichts damit zu tun", sagt er. "Und doch sind wir die Leidtragenden. Das ist nicht in Ordnung."
Die Weinpreise sind in den USA ohnehin hoch
Insgesamt wurden nach Angaben des Weinbauverbandes im vergangenen Jahr rund 17 Millionen Liter Wein aus Deutschland in die USA exportiert. Der Warenwert belief sich auf eine Summe von knapp 69 Millionen Euro. 80 Prozent des 2019 in die USA exportierten Weines war Riesling, den viele Amerikaner besonders mögen: Von der Mosel kamen rund 7,8 Millionen Liter Riesling nach Amerika, aus Rheinhessen 4,8 Millionen Liter, aus der Pfalz 1,1 Millionen Liter.
"Die USA sind für uns ein ohnehin ein schwieriger Markt", erklärt Schwörer. Hintergrund seien die hohen Preisaufschläge, die Importeure und Zwischenhändler nehmen. "Das bedeutet, dass unser Wein in den USA schon ohne die Zölle sehr teuer ist. Mit ihnen wird deutscher Wein für viele Amerikaner unerschwinglich. Viele US-Importeure streichen deutsche Weine deshalb schon jetzt von ihren Einkaufslisten und ersetzen sie durch günstigere Alternativen."
Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.
Das Problem, so Schwörer: Wieder gelistet zu werden, sei schwierig. "Die Zölle können deshalb einen nachhaltigen Schaden für den deutschen Weinexport haben. Die langfristigen Folgen sind kaum abzuschätzen. Vielen Betrieben könnte die Schließung drohen."
Weinbauern fordern finanzielle Förderungen vom Staat
Schwörer fordert deshalb von der Bundesregierung staatliche Subventionen. "Exportorientierte Weinbauern brauchen eine direkte finanzielle Unterstützung durch den Staat. Zudem muss sich die Bundesregierung in Brüssel noch stärker dafür einsetzen, dass die Zölle fallen."
Letzterem schließt sich auch FDP-Bundestagsabgeordnete Carina Konrad an. "Die Bundesregierung darf unsere Winzer nicht im Regen stehen lassen. Sie sieht einfach tatenlos zu, wie ein wichtiger Exportmarkt wegbricht", sagt sie. "Statt sich nur auf Freihandelsabkommen mit Australien und Südamerika zu fokussieren, sollte sie alles tun, um den Warenhandel mit den USA auf zukunftssichere Beine zu stellen."
Dass durch die geringeren Riesling-Ausfuhren der Preis für Riesling in Deutschland sinkt, ist übrigens unwahrscheinlich. Zwar erhalten Weinbauern vom deutschen Großhandel tendenziell weniger Geld, weil das Angebot am heimischen Markt größer wird. Diesen geringeren Preis geben die Händler dem Weinbauverband zufolge aber nur selten an den Endverbraucher weiter.
- eigene Recherchen
- Kleine Anfrage der FDP: Bundestagsdrucksache 19/16469