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Grünen-Politiker Kindler: "Scheuers Autobahn-Privatisierungen sind Goldesel für Berater"


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Straßenbau in Deutschland
Grünen-Politiker: "Scheuers Privatisierungen sind Goldesel für Berater"


22.11.2019Lesedauer: 3 Min.
Das Bundesverkehrsministerium setzte bei großen Straßenbauprojekten in den vergangenen Jahren zunehmend auf öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP). Dafür flossen auch seit 2009 fast 20 Millionen Euro an externe Beratungsfirmen.Vergrößern des Bildes
Das Bundesverkehrsministerium setzte bei großen Straßenbauprojekten in den vergangenen Jahren zunehmend auf öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP). Dafür flossen auch seit 2009 fast 20 Millionen Euro an externe Beratungsfirmen. (Quelle: imago-images-bilder)
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Das Bundesverkehrsministerium hat sich externe Berater für öffentlich-private Partnerschaften beim Straßenbau fast 20 Millionen Euro kosten lassen. Die Kosten steigen meist stärker als bei rein öffentlichen Projekten.

Das Bundesverkehrsministerium hat seit 2009 insgesamt 19,4 Millionen Euro für externe Berater ausgegeben, um Straßenbauprojekte in umstrittener Partnerschaft mit Privaten umzusetzen. Das geht aus einer t-online.de exklusiv vorliegenden Berichtsbitte von Sven-Christian Kindler hervor, dem haushaltspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. Kindler folgert: "Für Großkanzleien und Unternehmensberater ist die von Scheuer vorangetriebene Privatisierung von Autobahnen ein wahrer Goldesel."

Kindler wirft dem CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer "Beratungswahn" auch vor dem Hintergrund vor, dass Bundesrechungshof und Europäischer Rechnungshof Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) bei Bauprojekten in der Vergangenheit deutlich kritisiert haben. Diese Projekte sind Kooperationen mit einer Laufzeit von 30 Jahren und mehr, in denen private Betreiber etwa im Gegenzug für Planung, Bau und Unterhaltung der Fernstraßen Erlöse aus der Lkw-Maut erhalten.

Kostenanstieg größer als bei konventionellen Projekten

Kindler: "Das kann der Staat besser und günstiger. Das zeigen alle Untersuchungen des unabhängigen Bundesrechnungshofes. Trotzdem setzt Verkehrsminister Scheuer auch 2020 seinen Privatisierungswahnsinn fort." Die Zeche zahlten die Bürger, "denn ÖPP-Projekte sind unwirtschaftlich".

Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die Kosten bei zwölf von fünfzehn ÖPP-Vorhaben erheblich über den Ansätzen lagen. Die Kosten stiegen bei den ÖPP-Projekten zudem noch stärker als bei konventionell gebauten Straßen, wo der Rahmen auch oft nicht eingehalten wird. Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hatte deshalb "Management-Versagen" kritisiert.

Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes kritisiert die Autobahn-ÖPP seit Langem als teuer, ineffektiv und nachteilig für den heimischen Mittelstand. Die Zahlen, die Kindler nun erfragt hat, bringen ans Licht, wie viel Ressourcen der Bund auch noch aufwendet, um die fragwürdigen Partnerschaften zu realisieren, die Banken und Versicherungskonzernen komplexe Finanzprodukte ermöglichen.

Zehn Vollzeitstellen für Privatisierungsprojekte

Dem Ministerium zufolge sind dort seit 2009 Mitarbeiter auf mindestens sieben, zeitweise auch fast zehn Vollzeitstellen mit nichts anderem befasst als der Vorbereitung und Begleitung von ÖPP-Projekten. Die eigenen Kräfte reichten aber nicht. Alleine die Kanzlei Norton Rose Fulbright LLP ist zur rechtlichen Umsetzung von ÖPP-Projekten mit einem Vertrag ausgestattet, der seit 2017 bis voraussichtlich 2021 ein Volumen von rund 2,8 Millionen Euro hat, wie aus der Antwort auf eine ältere Anfrage der Grünen hervorgeht. Kindler kritisiert, Scheuer wolle "in seinem Beratungswahn (...) scheinbar Frau von der Leyen nacheifern. Damit muss endlich Schluss sein.“

Scheuer steht aktuell wegen seines Vorgehens bei der Pkw-Maut unter großem Druck, bei dem das Ministerium bis 2018 etwa 32,2 Millionen für externe Berater und Gutachter ausgegeben hat. Dem CSU-Minister wird vorgeworfen, dass er zur vermeintlichen Rettung des CSU-Prestigeprojekts die Kosten der Maut künstlich habe niedrig rechnen lassen, um die vom Bundestag vorgegebene Höchstgrenze von zwei Milliarden Euro einzuhalten. Scheuer hatte an der Maut trotz erheblicher rechtlicher Bedenken etwa des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags festgehalten.


Nachdem der Europäische Gerichtshof sie gekippt hat, hat das Ministerium eine Task Force eingerichtet. Zur Aufarbeitung der eigenen Affäre sind wieder externe Berater im Einsatz, die seit dem Sommer fast 700.000 Euro gekostet haben. Kindler fordert: "Verkehrsminister Scheuer sollte mehr auf die eigenen Fachleute und auch die Expertise im Haus vertrauen und weniger auf teure, private Unternehmensberater von außen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Europäischer Rechnungshof: Öffentlich-private Partnerschaften in der EU: Weitverbreitete Defizite und begrenzte Vorteile
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