Kampf gegen Rechtsextremismus Kabinett will Hass im Netz strenger verfolgen und bestrafen
Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sollen Hass und Hetze auf ihren Seiten künftig den Sicherheitsbehörden melden. Die Bundesregierung plant noch weitere Maßnahmen gegen Rechtsextremismus.
Als Konsequenz aus dem Anschlag auf die Synagoge in Halle verstärkt die Bundesregierung den Kampf gegen Rechtsextremismus. Ein am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedeter Neun-Punkte-Plan zielt darauf ab, "sämtliche rechtsstaatlichen Mittel gegen Hass, Rechtsextremismus und Antisemitismus einzusetzen", wie es in der Vorlage heißt. Darin geht es um die schärfere Verfolgung von Hetze im Netz, die Stärkung der Ermittlungsbehörden und den Ausbau von Präventionsarbeit.
Eine der wichtigsten Neuregelungen richtet sich an Internetunternehmen: Soziale Netzwerke sollen verpflichtet werden, strafbare Inhalte künftig aktiv den Sicherheitsbehörden zu melden. Im Falle des begründeten Verdachts müssen sie auch die IP-Adresse der Nutzer herauszugeben, um eine Strafverfolgung zu ermöglichen. Die Auskunftspflicht soll vor allem bei Morddrohungen und Volksverhetzung gelten.
Härtere Strafen für Beleidigungen und Hetze
Aggressive Beleidigungen und Hetze im Netz sollen künftig härter bestraft werden können. Damit werde berücksichtigt, dass Beleidigungen im Netz besonders folgenschwer sein können, weil sie eine "unbegrenzte Reichweite" erzielen und wegen der "vermeintlichen Anonymität im Netz oft sehr aggressiv" ausfielen, heißt es in dem Kabinettsbeschluss.
Kommunalpolitiker sollten der Vorlage zufolge einen besonderen Schutz gegen Beleidigungen und üble Nachrede auch im Internet erhalten. Dafür wird Paragraf 188 im Strafgesetzbuch erweitert, der Beleidigungen gegen "Personen des öffentlichen Lebens" unter Strafe stellt. Kommunalpolitiker werden darin bislang nicht ausdrücklich genannt.
Waffenrecht soll verschärft werden
Auch zivilgesellschaftlich engagierte Bürgerinnen und Bürger sollen besser vor Hass und Hetze geschützt werden. So will die Koalition das Melderecht ändern, damit die Adressen von Betroffenen besser geschützt werden können.
Auch das Waffenrecht soll verschärft werden: Wer Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung ist, soll künftig keinen Waffenschein bekommen. Anträge auf einen Waffenschein sollen eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz nach sich ziehen.
Mehr Mittel für Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt
Die Bundesregierung will zudem den Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt besser für den Kampf gegen rechts ausstatten. Die Verfassungsschützer sollen Rechtsextremisten intensiver als bislang beobachten, und die Behörden sollen mehr Finanzmittel und Personal für rechtsextrem motivierte Kriminalität bekommen - die Haushaltsmittel dafür müssen aber noch vom Bundestag genehmigt werden, heißt es in dem Kabinettsbeschluss.
Das Kabinett will zudem die präventive Arbeit gegen Rechtsextremismus verstärken. Programme zur Förderung der Demokratie und zur Sensibilisierung gegen Extremismus, Rassismus und Antisemitismus sollen eine ständige Förderung "auf hohem Niveau" erhalten, beschloss das Kabinett. Bislang war die Förderung für viele solcher Programme befristet.
"Die Bedrohungslage ist hoch"
Die Kabinettsvorlage stammt aus den Bundesministerien für Inneres, Justiz und Familie. Die Ressortchefs Horst Seehofer (CSU), Christine Lambrecht und Franziska Giffey (beide SPD) wollen das Maßnahmenpaket um 11.30 Uhr vor der Presse in Berlin erläutern.
"Die Bedrohungslage durch Rechtsextremismus und Antisemitismus ist hoch in Deutschland", hatte Bundesinnenminister Seehofer am Dienstag gesagt. Als ähnlich gefährlich sei hierzulande nur noch der islamistische Terrorismus einzuschätzen.
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Die Kabinettsvorlage beruht auch auf Absprachen mit den 16 Landesinnenministern. Sie hatten sich kürzlich nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle getroffen und die Grundlagen für den Plan ausgearbeitet. Die Vorlage wurde auch vom SPD-geführten Bundesjustizministerium unterstützt.
- Nachrichtenagentur AFP