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Mutmaßliche Folterknechte aus Syrien in Deutschland vor Gericht


"Ein wichtiges Zeichen"
Mutmaßliche Folterer aus Syrien in Deutschland vor Gericht

Von afp
Aktualisiert am 29.10.2019Lesedauer: 3 Min.
Qamischli in Syrien: Soldaten der syrischen Armee bei ihrem Einsatz. (Symbolfoto)Vergrößern des Bildes
Qamischli in Syrien: Soldaten der syrischen Armee bei ihrem Einsatz. (Symbolfoto) (Quelle: dpa-bilder)

Sie sollen Menschen selbst gefoltert und zu Folter beigetragen haben. Nun wurde Anklage gegen zwei frühere syrische Geheimdienstmitarbeiter erhoben. Der Vorwurf: Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Bundesanwaltschaft hat zwei mutmaßliche ehemalige Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Die Männer sollen ein Foltergefängnis geleitet sowie diesem zugearbeitet haben, wie die Anklagebehörde in Karlsruhe mitteilte. Einem der Beschuldigten werden zudem 58 Morde, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorgeworfen.

Die Männer wurden im Februar dieses Jahres in Berlin und Rheinland-Pfalz festgenommen und sitzen seitdem in Haft. Der Hauptbeschuldigte Anwar R., dem die Morde und weitere Verbrechen vorgeworfen werden, leitete der Anklage zufolge 2011 und 2012 eine auf die Bekämpfung von Oppositionellen gegen Machthaber Baschar al-Assad spezialisierte Einheit. In einem von dieser betriebenem Gefängnis wurden Verdächtige systematisch gefoltert.

Tausende sollen gefoltert worden sein

R. habe als Chef der Geheimdiensteinheit die Abläufe in dem Gefängnis kontrolliert und sei dadurch auch für den Tod von mindestens 58 Gefangenen verantwortlich, teilte die Behörde mit. Er gehörte demnach zu der für die Region um die Hauptstadt Damaskus zuständigen Abteilung 251 des Geheimdienstes. Im Gefängnis seien unter seiner Aufsicht mindestens 4.000 Gefangene gefoltert worden, unter anderem mit Peitschen und Elektroschockern.

Der zweite Angeklagte Eyad A. war laut Anklage in einer Abteilung tätig, die der Einheit von R. zuarbeitete. Er war demnach für Verhaftungen zuständig und soll 2011 Teilnehmer einer regierungskritischen Demonstration verfolgt und in das Gefängnis gebracht haben, obwohl er von der Folter wusste. Ihm wird deshalb Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

Die beiden Männer verließen Syrien nach Erkenntnissen der deutschen Ermittler 2012 und 2013 und reisten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die Bundesrepublik ein, nachdem sie zunächst Zeit anderswo verbracht hatten. R. kam im Juli 2014 nach Deutschland, A. im August 2018.

Erhoben wurde die Anklage vor dem Oberlandesgericht im rheinland-pfälzischen Koblenz, das nun für die Prüfung der Vorwürfe und die etwaige Eröffnung eines Prozesses zuständig ist. Wann dies sein wird, blieb noch offen.

"Assads Foltersystem"

Die Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) sprach von dem absehbar ersten Strafprozess wegen Folterungen in Syrien weltweit. "Die Anklage ist ein wichtiges Zeichen, vor allem für die Betroffenen von Assads Foltersystem", erklärte Generalsekretär Wolfgang Kaleck in Berlin. Das ECCHR betreut nach eigenen Angaben 14 Syrer, die in dem Gefängnis gefoltert wurden und gegenüber deutschen Ermittlern als Zeugen aussagten.

In Syrien kam es im Frühjahr 2011 zu Protesten, die von der Regierung brutal unterdrückt wurden und in einen bis heute andauernden Bürgerkrieg mündeten. Seit dem Beginn des Konflikts starben dort nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 60.000 Menschen durch Folter oder aufgrund schlechter Haftbedingungen. Die Vereinten Nationen warfen den Konfliktparteien mehrfach Kriegsverbrechen sowie auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Im Zusammenhang mit den Ermittlungen und den Festnahmen von R. und A. im Februar war in Frankreich ein dritter mutmaßlicher früherer syrischer Geheimdienstmitarbeiter festgenommen worden. Auch diesem Mann wird Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Die Ermittlungen gegen ihn führt die französische Justiz.


Die Verfahren gegen alle Beschuldigten sind laut ECCHR das Ergebnis einer ganzen Reihe von Strafanzeigen, die die Organisation seit 2016 gemeinsam mit etwa 50 Syrern in Deutschland, Schweden und Österreich einreichte. Ein Prozess gegen R. und A. wäre dabei auch ein "wichtiges Zeichen im Kampf gegen die Straflosigkeit", betonte sie.

Verwendete Quellen
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