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Chemnitz: Staatsanwaltschaft will Umfeld rechter Terrorgruppe durchforsten


Rechte Terrorgruppe in Chemnitz
Staatsanwaltschaft will das Umfeld durchforsten

Von dpa, afp
Aktualisiert am 01.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Die mutmaßliche Rechtsterroristen erreichen den Bundesgerichtshof. Rund 100 Polizisten waren an der Festnahme beteiligt.Vergrößern des Bildes
Die mutmaßliche Rechtsterroristen erreichen den Bundesgerichtshof. Rund 100 Polizisten waren an der Festnahme beteiligt. (Quelle: Christoph Schmidt/dpa)

Nach der Zerschlagung einer mutmaßlichen rechtsextremen Terrorgruppe in Chemnitz nimmt die Polizei das Umfeld der Männer in den Blick. Gegen die Anführer wurde bereits U-Haft angeordnet.

Die Bundesanwaltschaft hat am Montag in Sachsen einen weiteren Mann wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung festnehmen lassen. Auch ihm wird die Mitgliedschaft in der Gruppe "Revolution Chemnitz" vorgeworfen. Es handele sich um einen Mann namens Maximilian V., sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Zum Alter konnte sie zunächst nichts sagen. Zuvor waren in Sachsen und Bayern bereits sechs Deutsche festgenommen worden, die den Angaben zufolge unter anderem dringend verdächtig sind, gemeinsam mit dem 31-jährigen Christian K. die Vereinigung "Revolution Chemnitz" gegründet zu haben. Christian K. war bereits am 14. September wegen besonders schweren Landfriedensbruchs festgenommen worden.

K. und drei der am Montag Festgenommenen waren am Montag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt worden. Für sie wurde Untersuchungshaft angeordnet. Die vier anderen Männer sollen am Dienstag vorgeführt werden.

Zudem will die Generalbundesanwaltschaft das Umfeld der rechtsextremen Gruppe durchforsten. Gemeinsam mit den sächsischen Behörden werde die Bundesanwaltschaft der Frage nachgehen, wie die Strukturen vor Ort seien und ob es weitere Vernetzungen in der rechtsextremen Szene gebe, sagte Köhler. Geprüft werde außerdem, ob die Tatverdächtigen an den Ausschreitungen in Chemnitz in den vergangenen Wochen beteiligt gewesen seien.

Zugriff auf einer Raststätte

Die Bundesanwaltschaft hatte am Montag in Sachsen und Bayern sechs Männer wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung festnehmen lassen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen war der in Bayern festgesetzte Verdächtige zu einer Montage unterwegs, kommt aber aus Sachsen. Der Zugriff vom mobilen Einsatzkommando der Polizei erfolgte in der Nacht zum Montag an einer Raststätte nahe Aurach bei Ansbach.

Wie die Behörde in Karlsruhe mitteilte, wurden zudem mehrere Wohnungen sowie weitere Räumlichkeiten in Sachsen durchsucht. An dem Einsatz waren insgesamt über 100 Beamte der sächsischen Polizei beteiligt. Für den 3. Oktober, den Tag der Deutschen Einheit, hätte die Gruppe ein "in seinen Einzelheiten noch nicht näher aufgeklärtes Geschehen" geplant.

Anschläge auf politisch Andersdenkende geplant

Die Männer wollten den Ermittlungen zufolge mit Gewalt gegen den Rechtsstaat kämpfen. Sie sollen Angriffe und bewaffnete Anschläge auf Ausländer und politisch Andersdenkende geplant haben. "Zu den politisch Andersdenkenden zählen die Beschuldigten den Erkenntnissen zufolge auch Vertreter des politischen Parteienspektrums und Angehörige des gesellschaftlichen Establishments", so die Bundesanwaltschaft.

Die Beschuldigten sollen sich bereits darum bemüht haben, sich halbautomatische Schusswaffen zu besorgen. Fünf von ihnen sollen am 14. September bewaffnet mit Glasflaschen, Quarzhandschuhen und einem Elektroimpulsgerät mit weiteren gewaltbereiten Rechtsextremen auf der Schlossteichinsel in Chemnitz mehrere Ausländer angegriffen und verletzt haben. Ein Opfer wurde durch den Wurf einer Glasflasche am Hinterkopf verletzt. Der Übergriff sollte den Ermittlungen zufolge ein "Probelauf" für ein von den Beschuldigten für den 3. Oktober 2018 geplantes, in seinen Einzelheiten aber noch nicht näher aufgeklärtes Geschehen sein.

Beschuldigte sollen zur Skinhead- und Neonazi-Szene gehören

Nach den bisherigen Erkenntnissen gehören die Beschuldigten der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene im Raum Chemnitz an und sollen sich als führende Personen in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstanden haben. Spätestens am 11. September 2018 haben sich die Beschuldigten den Ermittlungen zufolge zu der Gruppierung "Revolution Chemnitz" zusammengeschlossen.

Seehofer warnt vor Terrorgefahr in Deutschland

Innenminister Horst Seehofer begrüßte die Festnahme der Männer, warnte vor der Terrorgefahr in Deutschland: "Die Terrorgefahr ist anhaltend hoch in Deutschland. Und das heißt übersetzt, dass mit einem Anschlag jederzeit gerechnet werden muss", sagte der CSU-Chef am Rande einer Parteivorstandssitzung in München. So erfreulich der Rückgang der allgemeinen Kriminalität sei, so besorgniserregend sei die terroristische Gefahr im Land. "Seit Monaten sage ich, dass eine hohe Gefährdungsstufe von Terrorismus besteht in Deutschland, und zwar jeder Schattierung", betonte er.

Auch Justizminister Katarina Barley warnte vor der Bedrohung von Rechts: "Von rechtem Terror geht reale und große Gefahr aus, die wir sehr ernst nehmen", schrieb Barley auf Twitter. Weiter sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Hooligans, Skinheads und Neonazis schließen sich zu gefährlichen Gruppen zusammen, um mit schweren Gewalttaten Angst und Hass zu verbreiten." Die Gruppierung Revolution Chemnitz, gegen die sich aktuell die Ermittlungen des Generalbundesanwalts richteten, stehe nicht allein. Die ebenfalls in Sachsen gegründete sogenannte Gruppe Freital sei ein weiteres Beispiel für eine rechtsterroristische Vereinigung gewesen, die Anschläge auf Flüchtlinge und politische Gegner begangen habe.

Barley erinnerte in diesem Zusammenhang an die NSU-Mordserie. "Aus den Verbrechen des NSU haben wir gelernt, dass wir sehr viel wachsamer sein müssen als früher", sagte sie den Funke-Zeitungen.

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach in Dresden von einem "entscheidenden Schlag gegen den Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus". "Wer aus niederen Motiven Anschläge auf Ausländer, Amtsträger, Politiker oder andere Menschen plant, dem begegnet das Gesetz zu Recht mit ganzer Härte." Die Festnahmen sind Wöller zufolge "ein klares Zeichen, dass wir solche rechtsterroristische Strukturen bereits frühzeitig erkennen und zerschlagen".

Verwendete Quellen
  • Pressemitteilung der Generalbundesanwaltschaft
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