Behörden in Kabul verärgert Bisher größte Abschiebung nach Afghanistan
Flüchtlingsorganisationen reagierten empört auf die Abschiebung von 69 Afghanen: Statt nur Straftäter nach Kabul zu fliegen, sollen auch Auszubildende im Flugzeug gesessen haben.
Bund und Länder haben mit einem Sammelflug ungewöhnlich viele abgelehnte afghanische Asylbewerber abgeschoben und damit die Behörden in Kabul verärgert. Zurückgeflogen wurden 69 Menschen – das sind mehr als doppelt so viele wie die bisher größte Gruppe seit Beginn der direkten Sammelflüge. Das bestätigten Mitarbeiter internationaler und afghanischer Flüchtlingsinstitutionen in Kabul.
Vertreter des Flüchtlingsministeriums reagierten empört. Es gebe eine mit Deutschland vereinbarte Obergrenze von 50 Passagieren, sagte ein Beamter, der namentlich nicht genannt werden wollte, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Deutschen haben einen Fehler gemacht." Man habe die deutschen Polizisten an Bord auf die hohe Zahl angesprochen. Die Antwort sei gewesen, dass man die früheren geringeren Passagierzahlen habe wettmachen wollen. Die mit 34 Passagieren bisher größte Gruppe von Abschiebekandidaten war mit dem ersten Sammelflug im Dezember 2016 angekommen.
"In Bayern gibt es offenbar keine Grenzen mehr"
Flüchtlingsaktivisten von Pro Asyl und Bayerischem Flüchtlingsrat kritisierten, dass die seit Mitte 2017 geltende Selbstverpflichtung von Bund und Ländern, nur Straftäter, terroristische Gefährder und sogenannte Identitätstäuscher abzuschieben, offenbar weggefallen sei. "Vor allem für Bayern gibt es offenbar keine Grenzen mehr", sagte Bernd Mesovic von Pro Asyl am Mittwoch. Der Bayerische Flüchtlingsrat hatte am Dienstagabend eine Stellungnahme veröffentlicht, wonach auch Auszubildende, Berufsschüler und ein Mann in einem festen Arbeitsverhältnis auf der Liste standen.
Die aus München kommende Maschine war um 8.40 Uhr Ortszeit in Kabul gelandet. Mit dem neuen Flug hat Deutschland insgesamt rund 300 Afghanen in ihr kriegszerrissenes Heimatland abgeschoben.
Die Abschiebungen sind wegen der sich rasant verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan umstritten. Die radikalislamischen Taliban lehnen Friedensangebote ab und verschärfen ihre Angriffe auf Regierung, Sicherheitskräfte, Bezirks- und Provinzzentren.
- dpa