"Gefährdung der Öffentlichkeit" Dobrindt beklagt eine "Anti-Abschiebe-Industrie"

Weil zu viele Flüchtlinge zu Unrecht gegen ihre Abschiebung klagen würden, sieht Alexander Dobrindt den Frieden im Land gefährdet. Das sabotiere den Rechtsstaat, sagte der CSU-Politiker.
In der Debatte um eine schnellere Ausweisung abgelehnter Asylbewerber hat CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eine "Anti-Abschiebe-Industrie" in Deutschland beklagt. Wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden, sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag". "Es ist nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird."
Dobrindt äußerte sich vor dem Hintergrund des Polizei-Großeinsatzes in einem Flüchtlingsheim in Ellwangen. Dort hatte die Polizei bei einer Razzia am Donnerstag einen Asylbewerber aus Togo, dessen Abschiebung zunächst am Widerstand von bis zu 200 Mitbewohnern gescheitert war, mit einem Großaufgebot abgeholt. Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte von einem "Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung" gesprochen. Er will bis Ende Mai einen Masterplan für schnellere Asylverfahren und Abschiebungen vorlegen.
Deutsche mit Abschiebepraxis unzufrieden
Mit der derzeitigen Abschiebepraxis sind die Deutschen einer Umfrage zufolge mehrheitlich unzufrieden. 81 Prozent hielten den Staat bei Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber für überfordert, ergab eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die "Bild am Sonntag" vom Donnerstag. Nach dem Vorfall von Ellwangen haben demnach nur 12 Prozent der Befragten nicht den Eindruck, dass der Staat überfordert sei. Sieben Prozent waren sich unsicher oder haben keine Angabe gemacht.
Eine Lösung für die derzeitige Abschiebe-Diskussion kommt derweil von der Bundespolizeigewerkschaft. Die fordert nämlich, nicht einreiseberechtigte Flüchtlinge direkt beim Grenzübertritt abzuweisen.
Bundespolizei-Gewerkschaft lehnt Anker-Zentren ab
Die ganze Diskussion über "Anker-, Bundesausreise- oder sonstige Zentren" würde sich erübrigen, wenn die Bundespolizei "jeden Ausländer ohne Einreiseberechtigung an unseren Binnengrenzen wieder rechtskonform konsequent in unsere zweifelsohne "sicheren Nachbarstaaten" zurückweisen oder zurückschieben dürfte", sagte der Bundesvorsitzende der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, Ernst Walter, der Deutschen Presse-Agentur.
Darüber hinaus müssten alle Bundesländer "endlich ausreichend Abschiebehaftplätze bereitstellen und die Gerichte entsprechende Abschiebehaft für vollziehbar Ausreisepflichtige auch anordnen".
Die große Koalition hofft, mit den geplanten Ankerzentren für jeweils bis zu 1500 Flüchtlinge Asylverfahren und Abschiebungen zu beschleunigen. Wer nicht als Flüchtling anerkannt wird, soll direkt aus diesen Zentren abgeschoben werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die ersten Einrichtungen bereits im August oder September in Betrieb nehmen. Er kann sich vorstellen, "unterstützend für die Länder mit unserer Bundespolizei tätig zu werden".
Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen
Walter lehnte es jedoch ab, "die Bundespolizei demnächst womöglich mit robusten Polizeieinheiten an Stelle der damit überforderten Polizeien der Länder in Massenunterkünfte zur Krisenbewältigung einrücken zu lassen".
Lieber sollte man über eine Unterstützung der Bundespolizei durch die Länder und den Zoll nachdenken, "um sämtliche illegale Einreisen bereits an den Grenzen zu verhindern, dort notwendige Zurückweisungen konsequent durchzusetzen und für vollziehbar Ausreisepflichtige im Inland nach Optimierung der Passersatzbeschaffung die Rückführung zeitnah sicherzustellen".
- Reuters
- dpa