Scholz verteidigt Einsparungen "Wir müssen mit dem Geld auskommen, das wir haben"
Die Ampel-Koalition ringt mühsam um den Etat für das kommende Jahr. Der Kanzler stellt klar, dass der finanzielle Spielraum begrenzt ist.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat vorgesehene Einsparungen für den Bundeshaushalt 2025 verteidigt. "Wir müssen mit dem Geld auskommen, das wir haben. Daran führt nun mal kein Weg vorbei", sagte Scholz im Sommerinterview der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".
Die Koalition habe sich fest vorgenommen, einen Haushalt aufzustellen, der sich entlang der Finanzplanung für die Ressorts bewege. Darüber werde sehr konstruktiv geredet. Scholz betonte, er sei "ganz zuversichtlich, dass wir den Haushalt im Juli auf den Weg bringen".
Scholz, Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) haben schwierige Verhandlungen über den Etat begonnen. Mehrere Ministerien planen, den Sparvorgaben nicht nachzukommen. Lindner pocht aber darauf, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten wird.
"Wir werden den Sozialstaat verteidigen"
Zur Frage, eine Notlage wegen des Ukraine-Krieges festzustellen, um den Spielraum für neue Schulden zu vergrößern, sagte Scholz, es gehe jetzt darum, "erst mal seine Hausarbeiten zu machen und Stück für Stück jeden einzelnen Haushaltsposten durchzugehen und nicht irgendwie sich den bequemen Ausweg zu suchen". Alle anderen Fragen stellten sich nicht jetzt. "Was wir dann machen, wenn wir alles getan haben und gucken, da ist noch ein Problem zu lösen, müssen wir dann auch gemeinsam bereden."
Der Kanzler betonte auch mit Blick auf Mahnungen aus der SPD, Einschnitte bei Sozialausgaben abzuwenden: "Wir werden den Sozialstaat verteidigen. Und wir werden ihn auch entwickeln." Beim Bürgergeld gelte es, die Treffsicherheit zu erhöhen.
"Das heißt, dass niemand sich drücken kann, dass man mitarbeitet, um die eigene Arbeitslosigkeit zu überwinden." Es dürfe auch nicht passieren, dass jemand arbeite, Einkommen verschweige und gleichzeitig Bürgergeld bekomme. Deshalb würden Schwarzarbeits-Kontrollen des Zolls ausgebaut. Die Koalition werde dazu auch noch Gesetzesverschärfungen beschließen, machte Scholz deutlich.
Angesprochen auf ein anlaufendes Mitgliederbegehren in der SPD gegen einen rigiden Sparkurs sagte der Kanzler: "Über den Bundeshaushalt wird ja laut dem Grundgesetz im Bundestag entschieden, und das ist auch der richtige Ort, solche Debatten zu führen."
Mögliche Bündnisse mit BSW?
Scholz setzt darauf, dass es nach den Landtagswahlen im Osten keinen Ministerpräsidenten von der AfD geben wird. Ein AfD-Regierungschef "wäre sehr bedrückend", sagte Scholz in dem Interview. Er sei aber "ganz zuversichtlich", dass bei den nächsten Wahlen die anderen Parteien neben der AfD die Mehrheit in den Landtagen haben werden.
In Thüringen und Sachsen werden am 1. September neue Landtage gewählt, in Brandenburg wird am 22. September abgestimmt. In Umfragen liegt die AfD in allen drei Ländern vorn, wenn auch teilweise knapp. In Brandenburg lag die SPD zuletzt zusammen mit der CDU auf dem zweiten Platz, in Thüringen und Sachsen ist sie aktuell nur einstellig.
Dass die SPD im Osten teilweise bei nur sieben Prozent liegt, kommentierte Scholz mit den Worten: "Da ist was los. Und ich finde, da darf man nicht drum herumreden." Viele Menschen seien mit der Unterstützung der Ukraine und den Sanktionen gegen Russland nicht einverstanden. "Das schlägt sich auch in Wahlergebnissen nieder", sagte Scholz in der ARD. Es gebe aber "nicht die Alternative, dass wir das ändern". Darüber müsse im Osten und im Westen Deutschlands diskutiert werden.
Mit Blick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) nach den bevorstehenden Landtagswahlen sehen sowohl Scholz als auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz die Entscheidungshoheit bei den jeweiligen Landesverbänden ihrer Parteien. "Es hat sich bewährt, dass man denen, die vor Ort Erfahrung haben, selbst Entscheidungen überlässt und nicht von außen da reinredet", sagte Scholz im ARD-Interview. Dies gelte unverändert. Einigkeit bestehe durchweg darüber, dass die AfD "nicht akzeptabel als Partner" sei. "Mit denen darf nicht kooperiert werden", betonte Scholz.
Auch Merz bekräftigte am Sonntag im ZDF-Sommerinterview mit Blick auf eine mögliche Kooperation mit dem BSW, dass die Entscheidung bei den CDU-Landesverbänden liege. "Was auf der landespolitischen Ebene nach diesen sehr schwierigen Landtagswahlen jetzt im Herbst passiert, das müssen zuerst die Landesparteien entscheiden", sagte Merz. Darüber gebe es in der CDU "einen Konsens".
Die Debatte um eine mögliche Zusammenarbeit mit dem BSW hatte innerhalb der CDU Differenzen offenbart. Während sich Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt und Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann eine Zusammenarbeit mit dem BSW offenhalten, erteilte Merz einer Koalition mit dem Wagenknecht-Bündnis zunächst eine klare Absage. Nachdem dies parteiintern teils für Kritik sorgte, präzisierte er, dass die Aussage nur für den Bund gelte.
In Umfragen liegt das BSW in Thüringen und Sachsen derzeit hinter AfD und CDU auf Rang drei, in Brandenburg zudem hinter der derzeit regierenden SPD auf Platz vier. Da keine Partei mit der zurzeit in Umfragen führenden AfD koalieren möchte, könnte das BSW auch an neuen Landesregierungen beteiligt sein.
Scholz besorgt über Ausgang der Wahl in Frankreich
Scholz zeigte sich in dem Interview allerdings besorgt über den möglichen Ausgang der kurzfristig angesetzten Parlamentswahl im wichtigen EU-Partnerland Frankreich. "Ich mache mir Sorgen wegen der Wahlen in Frankreich", sagte der SPD-Politiker. Er hoffe, "dass Parteien, die nicht Le Pen sind", erfolgreich seien, erläuterte er mit Blick auf die rechtsnationale Partei Rassemblement National von Marine Le Pen.
Scholz betonte: "Darüber entscheiden die Französinnen und Franzosen." In den Gremien, in denen er als Kanzler sitze, werde er weiterhin den französischen Präsidenten Emmanuel Macron sehen. Trotzdem wäre es eine Veränderung.
Macron hatte als Reaktion auf die Niederlage seiner liberalen Kräfte bei der Europawahl und einen haushohen Sieg der Rechtsnationalen überraschend Neuwahlen zur Nationalversammlung für den 30. Juni und 7. Juli angekündigt.
- Nachrichtenagentur dpa