Deutsche Bestellung von F-35-Kampfjets EU-Warnung: Vertraut den USA nicht bei Waffen

Macht sich Deutschland militärisch abhängig von den USA? In einem EU-Papier werden mehr europäische Waffensysteme gefordert.
Deutschland soll laut einem Vorschlag von EU-Außenbeauftragter Kaja Kallas und Verteidigungskommissar Andrius Kubilius den Kauf von amerikanischen Waffen und Kampfjets neu bewerten. Die beiden EU-Funktionäre wollen auch andere Länder dazu bewegen, bei strategisch wichtigen Rüstungsprojekten nicht mehr auf die USA zu vertrauen.
Die Befürchtung: Die Vereinigten Staaten könnten die Nutzung von Schlüsselkomponenten für die militärische Einsatzfähigkeit einschränken oder sie sogar unterbinden. Der einzige Weg, Abhängigkeiten zu überwinden, bestehe deswegen darin, die notwendigen Fähigkeiten durch gemeinsame europäische Rüstungsprojekte zu entwickeln, heißt es in einem Entwurf für ein neues sicherheits- und verteidigungspolitisches Grundlagendokument der EU.
Als Beispiel werden etwa Systeme zur Luftverteidigung und Flugkörperabwehr genannt. Der Entwurf für das sogenannte Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Ukraine als mahnendes Beispiel
Hintergrund des Vorstoßes der Kommissionsmitglieder sind offensichtlich die jüngsten Erfahrungen der von Russland angegriffenen Ukraine. Sie hatte erleben müssen, wie die Regierung von Präsident Donald Trump die Nutzung von US-Waffensystemen aus der Ferne einschränken konnte, nachdem die Ukraine sich geweigert hatte, US-amerikanischen Forderungen zu möglichen Friedensgesprächen mit Russland und zu einem Rohstoff-Deal nachzukommen. Dabei ging es vor allem um Satellitendaten, die zur Zielerfassung benutzt werden.
Befürchtet wird nun, dass die USA im Fall von Meinungsverschiedenheiten oder Konflikten auch an Nato-Partner gelieferte Waffensysteme aus der Ferne lahmlegen könnten. Besonders gilt dies für Hightech-Produkte wie Kampfjets des Typs Lockheed Martin F-35A Lightning II. Es gibt Hinweise darauf, dass die F-35-Kampfjets einen sogenannten Kill-Switch haben. Damit können sie aus der Ferne lahmgelegt werden.
Allerdings hat der Rheinmetall-Chef Armin Papperger vor einer Abbestellung der US-Kampfjets für die Bundeswehr gewarnt. Man habe kein vergleichbares Kampfflugzeug, die Amerikaner könnten dann Deutschland als unzuverlässig einstufen. Deutschland hat 35 Jets für rund zehn Milliarden Euro bestellt.
Wie das Magazin "Politico" berichtet, will Portugal seine in den USA hergestellten F-16-Kampfjets nicht durch F-35-Kampfjets ersetzen. Die Luftwaffe des Landes hatte den Kauf der F-35 von Lockheed Martin empfohlen. Aber der scheidende Verteidigungsminister Nuno Melo sagte nun der portugiesischen Zeitung "Público": "Die jüngste Position der Vereinigten Staaten im Rahmen der Nato ... muss uns veranlassen, über die besten Optionen nachzudenken, und dabei müssen wir auch über die größere Zuverlässigkeit unserer europäischen Verbündeten nachdenken. Diese ist ein unbestreitbarer Vorteil." Er verwies daher auf europäische Alternativen bei der Beschaffung von Kampfflugzeugen.
Einige Alternativen vorhanden
Um dem Ziel einer Unabhängigkeit von den USA möglichst schnell näherzukommen, könnte nach dem Willen von Kallas und Kubilius in einer Richtlinie festgelegt werden, dass EU-Staaten bevorzugt europäische Militärgüter kaufen sollten. Wichtige Industrieakteure außerhalb der EU schränkten häufig den Zugang zu ihren Märkten ein, heißt es in dem Text. Zudem bemühten sie sich, ihre eigene Produktionskapazität in kritischen Technologien auszubauen.
Die Arbeiten an dem neuen sicherheits- und verteidigungspolitischen Grundlagendokument sollen den derzeitigen Planungen zufolge in der kommenden Woche abgeschlossen werden. Danach soll die Endfassung im Kollegium der EU-Kommissionsmitglieder angenommen werden und dann den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten als Handlungsleitfaden dienen. Sie treffen sich am Donnerstag und Freitag kommender Woche zum Gipfel in Brüssel.
An Alternativen mangelt es Europa eigentlich nicht, auch wenn diese, vor allem, was die Tarnfähigkeiten angeht, nicht mit den F-35 mithalten können. Der Eurofighter Typhoon, entwickelt von Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien, ist ein modernes Mehrzweckkampfflugzeug der vierten Generation. Er zeichnet sich durch seine exzellenten Luftüberlegenheitsfähigkeiten aus und verfügt über eine hoch entwickelte Avionik sowie moderne Sensorik.
Eine weitere Alternative ist die französische Dassault Rafale, die als besonders vielseitig gilt. Sie kann sowohl für Luftüberlegenheitsmissionen als auch für Bodenangriffe eingesetzt werden. Zudem ist sie als Trägerversion für den Einsatz auf Flugzeugträgern verfügbar.
Eine kostengünstigere Option stellt die Saab JAS 39 Gripen aus Schweden dar. Dieses leichte Mehrzweckkampfflugzeug ist bekannt für seine hohe Effizienz und geringe Betriebskosten. Es kann auf kurzen und sogar unbefestigten Pisten starten und landen, was es für kleinere Luftstreitkräfte besonders attraktiv macht.
Da die F-35 ein Tarnkappenflugzeug der fünften Generation ist, arbeiten europäische Länder an eigenen Alternativen für die Zukunft. Dazu gehört das Future Combat Air System (FCAS), das gemeinsam von Deutschland, Frankreich und Spanien entwickelt wird und ab 2040 einsatzbereit sein soll.
- armyrecognition.com: "Rafale, Gripen or F-16: What’s the Future of Peru’s Combat Air Fleet?" (englisch)
- politico.eu: "Portugal rules out buying F-35s because of Trump" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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