Während seiner Rede im Bundestag AfD-Fraktion attackiert Selenskyj scharf: "Amtszeit ist abgelaufen"
Weite Teile der AfD-Fraktion haben die Rede von Wolodymyr Selenskyj im Bundestag boykottiert. Jetzt attackieren die Parteichefs den Präsidenten der Ukraine scharf.
Die AfD-Fraktion hat den Präsidenten der Ukraine während seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag scharf kritisiert. Vier Minuten, nachdem Wolodymyr Selenskyj ans Pult getreten war, teilten die AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla in einer schriftlichen Stellungnahme mit: "Selenskyjs Amtszeit ist abgelaufen. Er ist nur noch als Kriegs- und Bettelpräsident im Amt." Weite Teile der Fraktion hatten die Rede boykottiert.
"Wir lehnen es ab, einen Redner im Tarnanzug anzuhören", teilten Weidel und Chrupalla weiter mit. "Die Ukraine braucht jetzt (aber) keinen Kriegspräsidenten, sie braucht einen verhandlungsbereiten Friedenspräsidenten, damit das Sterben aufhört und das Land eine Zukunft hat." Was Selenskyj im Bundestag genau gesagt hat, lesen Sie hier.
AfD boykottiert Selenskyjs Rede im Bundestag
Die AfD-Fraktion boykottierte Selenskyjs Rede im Bundestag fast komplett. Nur vier Abgeordnete tauchten auf: Norbert Kleinwächter, Albrecht Glaser, Joachim Wundrak und Rainer Kraft.
Nur wenige Minuten zuvor hatte die Fraktion in einer Sitzung einen Beschluss gefasst, der den Abgeordneten das Fernbleiben empfahl. Die Entscheidung wurde nach Informationen von t-online mit großer Mehrheit gefasst.
Der Fraktionsvorstand der AfD hatte bereits am Montag beschlossen, den Abgeordneten zu empfehlen, der Rede von Selenskyj nicht beizuwohnen. Diese Empfehlung soll an die Landesgruppen im Bundestag übermittelt worden sein. Allerdings erreichte sie viele Abgeordnete nicht, so mancher erfuhr am Dienstag erst in der Fraktionssitzung ab 14 Uhr davon.
BSW kommt der AfD zuvor
Bevor der Boykott der AfD bekannt wurde, berichtete t-online am Dienstag exklusiv, dass die Abgeordneten des Bündnisses Sarah Wagenknecht (BSW) das Bundestagsplenum bei Selenskyjs Rede verlassen würden. Die Partei begründete den Boykott in einer Erklärung. Demnach würden sie "den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands in der Ukraine" zwar verurteilen, Präsident Selenskyj trage aktuell aber dazu bei, "eine hochgefährliche Eskalationsspirale zu befördern". Er nehme damit das Risiko eines atomaren Konfliktes in Kauf.
Der Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat das Fernbleiben der Abgeordneten von BSW und AfD scharf kritisiert. "Man kann ja über die Hilfe für die Ukraine unterschiedlicher Meinung sein", sagte der CDU-Vorsitzende am Dienstag in Berlin. "Aber dass man als Abgeordneter im Deutschen Bundestag dem Staatspräsidenten dieses vom Krieg bedrohten Landes den Respekt versagt, ist ein wirklicher Tiefpunkt in der Kultur unseres Parlaments." Er sei darüber einigermaßen entsetzt.
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Warum der ukrainische Präsident in Berlin ist
Wolodymyr Selenskyj ist in Berlin, um auf der Wiederaufbaukonferenz für weitere Hilfen für sein Land zu werben. "Die Bundesregierung sollte ihm keine Bühne für Wiederaufbaubettelei geben", schrieb die AfD. Erst müsse das Land Frieden mit Russland schließen. Außerdem habe Deutschland bereits genug finanzielle Hilfen geleistet. "Jetzt soll deutsches Steuergeld verschleudert werden für Blackrock und andere Investoren, die am Wiederaufbau beteiligt sind. Das lehnen wir ab. Für uns stehen die eigenen Leute an erster Stelle", schreiben Weidel und Chrupalla in der Erklärung.
Am 20. Mai endete die Amtszeit des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj formell. Ende März hätten die Präsidentschaftswahlen stattfinden sollen, doch das Parlament hatte sie gar nicht erst angesetzt. In dem Land herrscht Kriegsrecht und einige Grundrechte sind zeitweise ausgesetzt. So gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Bewegungsfreiheit nicht mehr. Die Ukraine kann deshalb keine freien Wahlen gewährleisten – und Selenskyj bleibt bis auf Weiteres im Amt.
- Schriftliche Stellungnahme der AfD
- dw.com: Ukraine: Warum Selenskyj ohne Wahlen im Amt bleiben kann
- Nachrichtenagentur dpa