Umstrittener Lauterbach-Plan Bundesrat stimmt zu: Cannabis-Gesetz gilt ab April
Zum 1. April sollen Haschisch und Marihuana mit vielen Vorgaben legal werden. So haben es Bundestag und Bundesrat beschlossen.
Das Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis kann wie von der Bundesregierung geplant zum 1. April in Kraft treten. Vor der Abstimmung des Bundesrats am Freitag warnten Vertreterinnen und Vertreter mehrerer Bundesländer in der Länderkammer zwar eindringlich vor negativen Folgen des Gesetzes, eine Mehrheit für die Anrufung des Vermittlungsausschusses kam in der Abstimmung aber nicht zustande.
Ein Vermittlungsverfahren zwischen Bund und Ländern hätte das Inkrafttreten des Gesetzes verzögert.
Grünen-Chefin Ricarda Lang begrüßte, dass das Cannabis-Gesetz den Bundesrat passiert hat. "Wir haben es geschafft: Cannabis wird legal", sagte Lang t-online. "Es ist gut, dass der Bundesrat sich gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses entschieden hat. Es braucht nun eine gute Koordination zwischen Bund und Ländern, um den berechtigten Bedenken der Länder, was die zeitnahe Umsetzung angeht, gerecht zu werden. Nötige Unterstützung sollte auch gewährt werden." Mehr Reaktionen lesen Sie hier.
Merz bekräftigt Widerstand der Union
CDU-Chef Friedrich Merz hatte noch vor der entscheidenden Sitzung des Bundesrats den Widerstand der Union bekräftigt. "Ich hoffe, dass die Länder den Vermittlungsausschuss anrufen und das Cannabis-Gesetz dort bleibt und dort nie wieder herauskommt", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Sollte der Bundesrat gegen den Willen der Union stattdessen grünes Licht für die Legalisierung geben, wäre das eine fatale Fehlentscheidung." Merz warnte vor massiven Auswirkungen auf die Gesundheit insbesondere junger Menschen. Zudem müssten Tausende abgeschlossene Strafverfahren neu aufgerollt werden.
Die Union will im Fall einer Regierungsübernahme 2025 die Legalisierung von Cannabis sogar kippen. "Nach einer Regierungsübernahme würde die Union das Gesetz umgehend rückgängig machen", sagte CDU-Chef Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine Verfassungsklage dagegen habe "vermutlich wenig Aussicht auf Erfolg".
Nur Volljährige dürfen konsumieren
Die Bundesregierung bekräftigt in der Erklärung, dass eine vorgesehene Amnestie für Fälle, die künftig legal sein sollen, aus Gerechtigkeitsgründen geboten sei. Aus den Ländern waren Sorgen angesichts einer Überlastung der Justiz wegen anfallender Fallprüfungen laut geworden.
Nach dem vom Bundestag im Februar beschlossenen Gesetz soll für Erwachsene ab 18 Jahren der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum legal werden. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen erlaubt sein und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden – konkret in 100 Metern Sichtweite um den Eingang.
Erlaubt werden sollen zudem nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben – im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll eine erste Bewertung unter anderem dazu vorgelegt werden, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.
Wer wie im Bundesrat stimmte
Für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses beim Cannabis-Gesetz haben am Freitag im Bundesrat vier Länder gestimmt. Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg und das Saarland votierten dafür, das Gesetz zu Nachverhandlungen noch einmal in das Gremium zur Kompromissfindung zwischen Bundestag und Bundesrat zu schicken. Nur so wäre zumindest eine Verzögerung des Inkrafttretens noch möglich gewesen.
Alle anderen Bundesländer bis auf Sachsen enthielten sich bei der Frage, ob der Vermittlungsausschuss angerufen werden soll. Somit konnte das Gesetz den Bundesrat passieren. Normalerweise wird in der Länderkammer einfach per Handheben abgestimmt. Sachsen hatte aber darum gebeten, jedes einzelne Bundesland zur Stimmabgabe aufzurufen.
Die Regierung aus CDU, SPD und Grünen in Dresden war sich nämlich zuvor nicht einig geworden, wie sie abstimmt. Das galt zwar auch für andere Länder mit Koalitionen aus Gegnern und Befürwortern der Cannabis-Legalisierung. Diese einigten sich deshalb aber auf Enthaltung.
Sonderbares sächsisches Votum weckt Erinnerungen
Im Gegensatz dazu wollte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) für Sachsen öffentlich deutlich machen, dass er strikt gegen die Cannabis-Legalisierung ist. Er stimmte deshalb für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses, während seine Koalitionspartner von SPD und Grünen sich für Enthaltung aussprachen. Die uneinheitliche Stimme wurde von Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) als ungültig gewertet.
Das erinnert an eine spektakuläre Abstimmung im Bundesrat vor genau 22 Jahren. Beim Votum über das damalige rot-grüne Zuwanderungsgesetz am 22. März 2002 stimmte der Ministerpräsident von Brandenburg, Manfred Stolpe (SPD), mit Ja, sein Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) dagegen mit Nein.
Stolpes Votum wurde als Entscheidung des Landes gewertet. Doch das Verfassungsgericht stoppte neun Monate später das Gesetz und gab der Klage von sechs unionsgeführten Ländern statt, weil Länder einheitlich abzustimmen hätten.
- Nachrichtenagentur dpa