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AfD-Kandidat gewinnt Oberbürgermeisterwahl in Pirna: Wer ist Tim Lochner?


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Tim Lochner gewinnt OB-Wahl
Wer ist der neue AfD-Mann im Rathaus von Pirna?


18.12.2023Lesedauer: 4 Min.
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Pirna: Das sagt die AfD nach ihrem Wahlsieg zur Oberbürgermeisterwahl.
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Im sächsischen Pirna gelingt es der AfD, erstmals einen Oberbürgermeister zu stellen. Tim Lochner zieht ins Rathaus ein. Wer ist der Mann auf dem AfD-Ticket?

Seit Sonntagabend feiert die AfD: Mit Tim Lochner ist erstmals ein Kandidat der Partei als Oberbürgermeister in ein deutsches Rathaus eingezogen. Im sächsischen Pirna gewann der 53-Jährige den zweiten Wahlgang mit deutlichem Vorsprung. Lochner konnte 38,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Dahinter rangierten Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) mit 31,4 Prozent und der Freie-Wähler-Kandidat Ralf Thiele mit 30,1 Prozent. Mehr zur OB-Wahl in Pirna lesen Sie hier.

Lochner ist parteilos, ließ sich aber von der AfD als Kandidat aufstellen. Der sächsische Landesverband der AfD war erst kürzlich vom Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Wer ist der erste AfD-Oberbürgermeister Deutschlands? Und was hat Tim Lochner jetzt im Pirnaer Rathaus vor?

Wer ist der AfD-Kandidat Tim Lochner?

Tim Lochner ist 53 Jahre alt, kommt aus Pirna-Jessen und führt seit 1995 eine Tischlerei in der 40.000-Einwohner-Stadt. Bis zu seinem Parteiaustritt im Jahr 2016 war Lochner Mitglied der CDU und auch bereits Stadtrat. Seitdem mischt er als Parteiloser in der Pirnaer Stadtpolitik mit.

So trat Lochner bereits 2017 als unabhängiger Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl an, verlor aber gegen den damals amtierenden Rathauschef Klaus-Peter Hanke (parteilos), der in diesem Jahr wegen der Überschreitung der Altersgrenze von 65 Jahren nicht erneut antreten konnte.

2019 zog Lochner für die Wählervereinigung "Pirna kann mehr" erneut in den Pirnaer Stadtrat ein. Diese stand der mittlerweile aufgelösten blauen Partei der ehemaligen AfD-Bundessprecherin Frauke Petry nahe. Das Bündnis zerstritt sich jedoch alsbald, sodass sich Lochner noch im Dezember 2019 der AfD-Fraktion im Stadtrat Pirnas anschloss.

Seinen Wechsel erklärte er dem Lokalsender Pirna TV damals damit, dass er als Fraktionsloser vom "Informationsfluss" im Stadtrat weitgehend abgeschnitten worden wäre. Die AfD-Fraktion bezeichnete er als "homogenste Vereinigung" im Stadtrat. Dennoch will er der Partei nicht beitreten, obwohl er sich mit seiner selbsterklärten politischen Linie als "Rechtskonservativer" dort am stärksten repräsentiert sieht.

Seinen Wahlsieg erklärte Lochner am Sonntagabend mit seinem angeblich hohen Bekanntheitsgrad in der Stadt. "Ich halte seit mehr als 20 Jahren in Pirna meinen Kopf aus dem Schützengraben", sagte er mehreren Medien in einem Interview auf der Wahlparty. "Das hat eingezahlt." Laut der "Taz" hatte Lochner außerdem während der Pandemie die Proteste gegen die Corona-Politik in Pirna mitorganisiert.

Was hat Tim Lochner nun in Pirna vor?

Seine erste Amtshandlung werde sein, das Eingangsportal des Pirnaer Rathauses neu streichen zu lassen, sagte Lochner den "Dresdner Neuesten Nachrichten" (DNN). Der staatlich geprüfte Restaurator habe es einst selbst getischlert. "Es sieht heruntergekommen aus", erklärte der neue OB Pirnas. Dem MDR sagte Lochner zudem, dass er auf einen Dienstwagen verzichten und stattdessen sein Privatauto nutzen wolle.

Obwohl Lochner als AfD-Kandidat in das Rathaus einzieht, erwarte die Stadt keine AfD-Politik, "sondern Tim-Lochner-Politik", sagte der Kommunalpolitiker den DNN weiter. Einerseits wolle er "den Logik-Faktor im Rathaus definitiv erhöhen", so Lochner. Dazu gehört laut seiner Aussage, die Erhöhung der Parkgebühren in der Innenstadt zu stoppen. Die Verwaltung habe dies trotz vieler leerstehender Geschäfte beschlossen. "Das wird es mit mir nicht geben."

Was "Tim-Lochner-Politik" noch bedeuten könnte, dürften die Verwaltungsmitarbeiter von Pirna bald zu spüren bekommen. "Ich werde die Mitarbeiter im Rathaus versuchen, möglichst einzeln kennenzulernen – und auf Loyalität prüfen", zitiert der MDR den neuen Oberbürgermeister. Was genau das bedeutet, ließ Lochner offen.

Lochner machte im Wahlkampf auch damit auf sich aufmerksam, dass er die Verschwörungserzählung vom "Großen Austausch" teilte. Diese zirkuliert insbesondere in Kreisen der Neuen Rechten und gilt als politischer Kampfbegriff. Auch auf seiner Wahlparty am Sonntag wiederholte er dies laut MDR: "Wenn wir einen Ausländeranteil in gewissen Stadtteilen haben von nachweislich 38 Prozent in den Grundschulen und Kitas, dann ist das für mich schon ein Austausch der einheimischen Bevölkerung".

Warum ist Tim Lochner parteilos?

Schon bei seinem Austritt aus der CDU 2016 sagte Lochner der "Sächsischen Zeitung": "Ich schließe aus, dass ich in den nächsten zehn Jahren in eine Partei eintreten werde." Auf die rechtspopulistische Partei angesprochen, fügte Lochner hinzu: "Auch die AfD kommt für mich nicht infrage."

"Meine politische Heimat ist die CDU der 1990er-Jahre", erklärte Lochner in dem Interview. Er wolle grundsätzlich den Dialog suchen. "Sich Scheuklappen anzulegen, ist definitiv der falsche Weg." Offenbar gehörte zu dieser Heimat auch die mehrfache Teilnahme an den asylkritischen und teils fremdenfeindlichen Pegida-Demonstrationen, die seit 2014 vor allem in Dresden stattfinden. Seinen Facebook-Followern empfahl er laut "Sächsischer Zeitung" die Teilnahme an den Protesten. Pegida wird seit 2021 vom sächsischen Verfassungsschutz als "erwiesen extremistische Bestrebung" eingestuft.

Auch die AfD in Sachsen wird seit Anfang Dezember als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Mehr dazu lesen Sie hier. Dennoch fühlt sich Lochner bei der Partei "politisch zu Hause", wie er Pirna TV in einem Vorwahlinterview sagte. Und auch nach der Wahl bleibt Lochner bei dieser Einschätzung. Die Einstufung des Verfassungsschutzes sei kein Problem, erklärte Lochner dem MDR.

Dennoch will er der AfD weiterhin nicht beitreten. Das begründete er im Interview mit Pirna TV folgendermaßen: "Ich möchte vermeiden, dass es Anrufe aus Dresden gibt: 'In der Sache entscheidest du als Oberbürgermeister so.'" Davon könne er sich als Parteiloser "abschirmen", sagte Lochner. Er schätze zwar Jörg Urban, den Chef der AfD in Sachsen, sehr. Aber er wolle ausschließlich die Interessen Pirnas vertreten, so Lochner. Ob das der einzige Grund für seine Parteilosigkeit ist oder ob Lochner möglicherweise öffentlich den Schein einer Unabhängigkeit seiner Politik wahren will, bleibt offen.

Trotzdem: Die AfD in Sachsen verbucht den Wahlerfolg in der Stadt am Rande der Sächsischen Schweiz für sich – und schielt bereits auf die Landtagswahlen im Freistaat im kommenden Jahr. "Wir wollen hier in Sachsen gewinnen, wir wollen deutlich gewinnen, wir wollen an die 40 Prozent rankommen. Das ist eine Steilvorlage für unsere Partei für das nächste Jahr", sagte Urban der Nachrichtenagentur dpa.

Verwendete Quellen
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