Regierung CDU und SPD in Hessen einigen sich auf Koalitionsvertrag
Mehr Lehrer, mehr Polizistinnen und ein Gender-Verbot: In Hessen rückt die erste unionsgeführte CDU/SPD-Koalition der Landesgeschichte näher.
Gut zwei Monate nach der Landtagswahl in Hessen haben sich CDU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Am Schluss der Verhandlungen mit rund 200 Beteiligten sei es auch um die Zuschnitte der Ministerien gegangen, sagte CDU-Landeschef und Ministerpräsident Boris Rhein in Wiesbaden. Die Ministerinnen und Minister stünden erst Anfang 2024 fest.
Die Koalitionsverhandlungen waren am Mittwochabend zu Ende gegangen. An diesem Samstag müssen zunächst Parteitage von Christ- und Sozialdemokraten in Frankfurt und im südhessischen Groß-Umstadt über den 184-seitigen Entwurf des Koalitionsvertrags befinden. Am kommenden Montag unterzeichnen laut Planung Rhein sowie die SPD-Landesvorsitzende und Bundesinnenministerin Nancy Faeser dieses Regierungsprogramm für die Jahre 2024 bis 2029.
CDU konnte wählen
Im zurückliegenden Jahrzehnt wurde Hessen von einer schwarz-grünen Regierung geführt. Die Landtagswahl am 8. Oktober gewann die CDU deutlich, danach konnte sie komfortabel zwischen Grünen und SPD als Koalitionspartner wählen. Nach Sondierungsgesprächen entschied sich die Union für einen Korb für die Grünen zugunsten einer erstmaligen unionsgeführten CDU/SPD-Koalition in der Landesgeschichte.
Die mehrwöchigen schwarz-roten Verhandlungen sind laut Rhein "fast freundschaftlich" und "verdammt fair" verlaufen. "Enorme Schmerzen" habe er nur, weil das Wirtschaftsministerium an die SPD gehe, aber das gehöre zu den nötigen Kompromissen.
Keinesfalls gebe es eine "Unterwerfung" der Sozialdemokraten. Diese hatten bei der Landtagswahl mit 15,1 Prozent weniger als die Hälfte der Stimmen der Christdemokraten (34,6 Prozent) bekommen. SPD-Fraktionschef Günter Rudolph sprach von sachlichen Gesprächen "auf Augenhöhe". Es finde sich "viel sozialdemokratische Handschrift" im Vertragsentwurf.
Der neue "Hessenvertrag"
Dieser steht unter dem Motto "Eine für alle". Das bedeute "Eine Koalition für alle Menschen in Hessen", erläuterte SPD-Generalsekretär Christoph Degen. Der ausführliche Vertragsentwurf basiert wesentlich auf einem gemeinsamen Eckpunktepapier beider Parteien vom November. So findet sich im neuen "Hessenvertrag" etwa die Ankündigung eines verstärkten Bildungsangebots von Kita und Schule bis zu Handwerksbank und Unihörsaal wieder. Das mehrgliedrige Schulsystem soll erhalten bleiben und die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer erhöht werden.
Weiter heißt es im "Hessenvertrag": "Wir sorgen mit mehr Polizistinnen und Polizisten für mehr Sicherheit." CDU und SPD bekennen sich zum Recht auf Asyl, sprechen aber auch von einer "Belastungsgrenze". Daher solle die irreguläre Migration deutlich begrenzt und zugleich die Integration der Flüchtlinge mit Bleiberecht gestärkt werden.
Schwarz-Rot hält auch an einer umstrittenen Ankündigung fest: "Wir werden festschreiben, dass in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt."
Wer bekommt was?
Im Entwurf des Koalitionsvertrags heißt es weiter: "Die CDU stellt den Ministerpräsidenten." Im politischen Wiesbaden wird die Wiederwahl von Amtsinhaber Rhein erwartet. Den Vizechef oder die Vizechefin der Landesregierung stellt laut Vertragsentwurf die SPD.
Die Ministerien werden demnach neu zugeschnitten. Die CDU soll acht Minister und die SPD drei stellen. An die Christdemokraten gehen unter anderem das Innen-, das Finanz- und das Bildungsressort sowie ein neues Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat. Die SPD bekommt ein Superministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum, das Ressort für Arbeit und Soziales sowie das Wissenschafts- und Kulturministerium.
Rhein sagte, vor Weihnachten und zwischen den Jahren lasse er mögliche Ministerkandidaten in Ruhe. Ein komplettes Personaltableau der CDU gebe es noch nicht. In der SPD hieß es ebenfalls, dass ihre drei Ressortchefs wohl erst Anfang 2024 feststünden.
- Nachrichtenagentur dpa