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Merkels Ex-Berater Röller räumt Fehler ein: "Sind sehr abhängig"


Fehler in der Wirtschaftspolitik
Merkels Ex-Berater räumt ein: "Sehr abhängig von russischem Gas"

Von t-online, lw

02.10.2023Lesedauer: 3 Min.
Lars-Hendrik Röller: Er war jahrelang an Merkels Seite.Vergrößern des Bildes
Lars-Hendrik Röller: Er war jahrelang an Merkels Seite. (Quelle: allefarben-foto/imago-images-bilder)
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Merkels langjähriger Berater Lars-Hendrik Röller hat die Wirtschaftspolitik der damaligen Kanzlerin verteidigt – und zugleich Fehler eingestanden.

Angela Merkels ehemaliger Finanz- und Wirtschaftsberater, Lars-Hendrik Röller, hat eingeräumt, dass sich Deutschland während der Regierungszeit der Ex-Bundeskanzlerin zu abhängig von russischem Gas gemacht hat. "Wenn wir damals gewusst hätten, was wir heute wissen, hätten wir natürlich anders gehandelt", sagte Röller der "Financial Times" (FT). Die billigen russischen Energieexporte hätten der deutschen Wirtschaft jedoch einen enormen Auftrieb verliehen und dazu beigetragen, dass diese zehn Jahre in Folge wachsen konnte.

So hätte man Dinge bezahlen können, "die sonst nicht möglich gewesen wären", sagte Röller. Merkel, die von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin war, habe kaum eine andere Wahl gehabt, als auf russisches Gas zu setzen – denn Deutschland hatte den Atomausstieg beschlossen, so der Ex-Berater. "Man kann darüber streiten, ob das die richtige Entscheidung war, aber es war damals gesellschaftlicher Konsens."

"Sehr abhängig von russischem Gas"

Der Widerstand gegen das Fracking der heimischen unkonventionellen Gasvorkommen und gegen den Bau von Importterminals für Flüssiggas habe mögliche Alternativen zu den russischen Kohlenwasserstoffen verhindert, die in jedem Fall viel billiger seien als Lieferungen aus Ländern wie Katar, sagte Röller der FT.

Moskau habe sich über mehrere Jahrzehnte hinweg als zuverlässiger Energiepartner erwiesen, dessen Gas "während des gesamten Kalten Krieges" geflossen sei. "Aber das Ergebnis ist, dass wir am Ende sehr abhängig von russischem Gas geworden sind – das ist eine Tatsache", sagte der 65-Jährige, der zehn Jahre als Merkels Berater tätig war. Heute lehrt er Wirtschaftswissenschaften an der ESMT Berlin, einer der führenden Wirtschaftshochschulen in Deutschland.

"Zu viele Einwände"

Röller räumte außerdem ein, dass die Regierung "die erneuerbaren Energien nicht so schnell ausgebaut hat, wie wir es hätten tun sollen", und machte dafür übermäßige Bürokratie und "zu viele Einwände" der Bürger gegen Projekte verantwortlich. "In jeder Bundesregierung sind bestimmte Dinge gut gelaufen und andere nicht", ergänzte Röller im Gespräch mit dem "Tagesspiegel". "Aber ich weiß natürlich, dass die Kritik sich vor allem an den entstandenen Abhängigkeiten entzündet."

Für die meisten sei es damals unvorstellbar gewesen, dass Kremlchef Wladimir Putin "wirklich einen vollumfänglichen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom Zaun brechen würde". Deutschland habe sich parallel mit ihm um die Erfüllung der Minsker Friedensvereinbarung bemüht, bekräftigte Röller beim "Tagesspiegel".

"Hätten all die Dinge tun müssen, die die jetzige Regierung auch tut"

Der ehemalige Berater weiß heute: "Wir hätten all die Dinge tun müssen, die die jetzige Regierung auch tut – mit den Folgekosten höherer Energiepreise, der Inflation und geringeren Wirtschaftswachstums. Vermutlich wäre uns die Umsetzung noch schwerer gefallen, weil politisches Handeln immer dann besonders schwierig ist, wenn ein Problem in der Zukunft verhindert werden soll."

Mit Blick auf die Ampelkoalition sagte Röller der "Financial Times": "Die Regierung Scholz kann ihre derzeitige Politik nur aufgrund der starken Wirtschaft, die wir ihr hinterlassen haben, und der Haushaltsdisziplin des letzten Jahrzehnts verfolgen. Wir haben die Wirtschaft in der Vergangenheit gut gemanagt und den Spielraum für die jetzige Regierung geschaffen, um die notwendigen Investitionen zu tätigen."

Auch Ex-Kanzlerin Merkel hatte nach ihrer Amtszeit bereits Fehler in ihrer Russlandpolitik eingeräumt. "Wir hätten schneller auf die Aggressivität Russlands reagieren müssen", sagte Merkel der Wochenzeitung "Die Zeit" im Dezember vergangenen Jahres. Lesen Sie hier mehr dazu.

Verwendete Quellen
  • ft.com: "Merkel’s policies left Germany too reliant on Russian gas, adviser admits" (englisch)
  • tagesspiegel.de: "'Hätten wir das geahnt, hätten wir anders gehandelt'" (kostenpflichtig)
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