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Experte zu Thüringen: "Das war ein gezielter Befreiungsschlag der CDU"


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Nach AfD-Eklat in Thüringen
"Die Wahlumfragen der CDU sind nah an der Verzweiflung"


15.09.2023Lesedauer: 3 Min.
AfD-Fraktionschef Björn Höcke: Thomas Kemmerich (FDP) und er stimmten dem Antrag der CDU zu.Vergrößern des Bildes
AfD-Fraktionschef Björn Höcke: Thomas Kemmerich (FDP) und er stimmten dem Antrag der CDU zu. (Quelle: dts Nachrichtenagentur)
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CDU und AfD haben in Thüringen gemeinsam eine Steuersenkung beschlossen. Damit sei die Brandmauer gefallen, erklärt Politikwissenschaftler Hans Vorländer. Und doch hat er Verständnis für die Taktik der CDU.

Erstmals hat die CDU in Thüringen einen Antrag mit Stimmen der rechtsextremen AfD durchgesetzt – ein Novum in der bundesdeutschen Geschichte. Konkret geht es um die "Drucksache 7/6813", einen Gesetzentwurf der oppositionellen CDU, den sie gemeinsam mit AfD und FDP – und gegen die Stimmen der Regierungskoalition Linke, SPD und Grüne – im Plenum beschlossen haben. Damit sinkt in Thüringen die Grunderwerbssteuer von 6,5 auf 5 Prozent, der Kauf von Immobilien wird im Freistaat günstiger.

Doch verließ sich die CDU auf die Stimmen der AfD? Diese Frage beschäftigt auch Hans Vorländer, Politikwissenschaftler an der TU Dresden. Sein Urteil: Ja, die CDU hat immerhin bewusst in Kauf genommen, dass die AfD ihrem Antrag zustimmt.

(Quelle: MIDEM/Klaus Gigga)

Hans Vorländer ist Seniorprofessor für Politikwissenschaft der TU Dresden und Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung sowie Direktor des Mercator Forums Migration und Demokratie. Bis zu seiner Emeritierung besetzte Vorländer den Lehrstuhl für politische Theorie und Ideengeschichte.

Im Gespräch mit t-online analysiert er: "Die Thüringer CDU befindet sich in der Defensive. Sie hat keine reale Machtoption mehr." Das treffe die Partei hart, vor allem weil sie eigentlich eine lange Regierungstradition hat.

CDU schmerzt der Machtverlust im Freistaat

Bis 2014 stellten die Konservativen durchgehend seit der Wiedervereinigung den Ministerpräsidenten in dem ostdeutschen Bundesland, zuletzt mit Christine Lieberknecht. Seit inzwischen fast zehn Jahren aber ist alles anders, seitdem regieren die Linken mit Bodo Ramelow das Bundesland.

"Das schmerzt die CDU sehr", sagt Vorländer. Und das müsse man berücksichtigen, um die aktuellen Entwicklungen im Landtag zu beurteilen. "Das war der Versuch eines gezielten und strategischen Befreiungsschlags der Thüringer CDU", so der Experte. Die CDU müsse knapp ein Jahr vor der Landtagswahl wieder in die Offensive kommen und Aufmerksamkeit erregen.

Ramelow regiert in Thüringen mit SPD und Grünen seit 2020 in einer Minderheitsregierung. Damit ist die Koalition auf Zustimmung der Opposition angewiesen, sucht sich wechselnd Mehrheiten bei der FDP oder der CDU. Für Letztere heißt das: Sie kann sich nur schwerlich profilieren.

Die "dauernde Defensive" zerreibe die CDU, erklärt Vorländer. "Sie sind nicht in der Regierung, haben Rot-Rot-Grün aber immer wieder unterstützt." Mit dieser Gewohnheit habe die CDU nun erstmals gebrochen. "Das ist ein Affront gegen Rot-Rot-Grün. Damit ist auch die Brandmauer gefallen."

Steuersenkung war bewusst ausgesucht

Dass dies nun Schule macht in Thüringen, glaubt Vorländer aber eher nicht. Als Grund sieht Vorländer die schlechten Umfragewerte der CDU. "Die Wahlumfragen sind für die CDU nah an der Verzweiflung", sagt der Politikwissenschaftler. In einer Umfrage von Insa von Mitte Juli kommt die CDU nur auf 20 Prozent. In den Umfragen führt die AfD mit 32 Prozent, die Linke liegt zwei Prozentpunkte vor der CDU.

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Die CDU habe sich bewusst ein Thema ausgesucht, mit denen sie den Bürgern etwas Gutes tun könne, sagt Vorländer. "Mit der Steuersenkung versucht die CDU das Image der Kümmererpartei, das die AfD zu Unrecht für sich erhebt, wieder neu zu beleben."

Der Politikwissenschaftler geht davon aus, dass die Strategie durchaus aufgehen könnte: "Wenn von der CDU eine Offensive an positiver Politikgestaltung käme, dann könnten sicher mehr Thüringer gewillt sein, CDU zu wählen. Das Problem ist nur, dass sie keine eigene Gestaltungsmehrheit hat. Das ist das Dilemma der CDU."

Die Umfragewerte der AfD seien deshalb so hoch, weil die Wähler eine hohe Unzufriedenheit mit der Bundesregierung verspüren.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Hans Vorländer
  • parldok.thueringer-landtag.de: "Drucksache 7/6813"
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