Vereinfachte Änderung des Geschlechts Bundesregierung beschließt Selbstbestimmungsgesetz
Das Kabinett hat das Gesetz zur einfacheren Anpassung des Geschlechts beschlossen. Davon sollen trans- und intergeschlechtliche Menschen profitieren.
Die Bundesregierung hat das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz zu einer leichteren Änderung des Geschlechtseintrags gebilligt. Die Verabschiedung des Entwurfs sei "ein großer Moment" für trans- und intergeschlechtliche Menschen in Deutschland, erklärte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Mittwoch im Anschluss. "Das Grundgesetz garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Achtung der geschlechtlichen Identität. Trotzdem wurden die Betroffenen mehr als 40 Jahre lang durch das Transsexuellengesetz diskriminiert. Damit ist jetzt endlich Schluss."
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte, das Selbstbestimmungsgesetz sei Ausdruck einer Politik, für die die Grundrechte an erster Stelle stünden. "Alle Menschen haben ein Recht darauf, dass der Staat ihre geschlechtliche Identität achtet. Und um dieses Menschenrecht geht es uns."
Queerbeauftragter: Beschluss ist "historisch"
Der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, bezeichnete den Beschluss des Selbstbestimmungsgesetzes durch das Bundeskabinett als "historisch". "Jeder Mensch hat das Recht auf Anerkennung seiner Persönlichkeit. Dieses Recht wird aber trans- und intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Menschen bislang vorenthalten", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. "Die nun geplante Abschaffung psychiatrischer Zwangsbegutachtung und langwieriger, teurer Gerichtsverfahren ist für diese Menschen ein riesiger Fortschritt."
Lehmann hält es für machbar, dass der Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz noch in diesem Jahr verabschiedet. "Laut Innenministerium wäre ein Inkrafttreten erst am 1. November 2024 möglich. Selbst wenn Zeit für die erforderlichen Anpassungen des Personenstandswesens eingeplant werden muss, ist ein Inkrafttreten im November 2024 aus meiner Sicht zu spät", sagte er. "Es muss geprüft werden, ob ein Inkrafttreten beschleunigt werden kann. Die Betroffenen haben lange genug gewartet."
Künftig soll jeder Mensch in Deutschland sein Geschlecht und seinen Vornamen selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können. Das Gesetz richtet sich laut Familien- und Justizministerium an transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen.
Familien sollen trans Kinder unterstützen können
Nach dem Gesetzentwurf muss die Änderung fortan drei Monate vor der Erklärung beim Standesamt angemeldet werden. Nach der Änderung gilt eine einjährige Sperrfrist für eine erneute Änderung.
Bei Kindern unter 14 Jahren sollen die Eltern die nötige Erklärung beim Standesamt einreichen können. Jugendliche ab 14 können dies selbst tun, allerdings nur mit Einverständnis der Eltern. Gibt es diesbezüglich innerfamiliäre Konflikte, kann das Familiengericht die Entscheidung treffen.
Durch die Reform soll auch verhindert werden, dass gegen den Willen eines Menschen dessen frühere Geschlechtszuordnung oder frühere Vornamen offengelegt werden. Es droht ein Bußgeld. Dabei gibt es aber auch Ausnahmen: Laut Bundesregierung ist sichergestellt, "dass niemand sich durch Änderung des Geschlechtseintrags und seines Vornamens der Strafverfolgung entziehen kann".
Privates Hausrecht bleibt unberührt
Intensive Debatten gab es im Vorfeld der Verabschiedung durch das Kabinett in der Frage von Hausrecht und Zugang zu geschützten Räumlichkeiten – etwa Saunen, Umkleidekabinen oder Frauenhäusern. Manche Frauenrechtlerinnen hatten Bedenken geäußert, solche Schutzorte generell auch für trans Personen öffnen zu müssen.
Das Selbstbestimmungsgesetz lässt das private Hausrecht nun unberührt. Dabei gilt weiter das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Diskriminierungen verhindern soll. "Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das wird auch künftig zulässig sein", fassten Justiz- und Familienministerium zusammen. "Was heute verboten ist, wird verboten bleiben."
- Nachrichtenagentur dpa