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Marina Owsjannikowa bei "Markus Lanz": Russisches Publikum ist zu Zombies geworden


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Aktivistin bei "Markus Lanz"
Owsjannikowa: Russisches Publikum ist zu Zombies geworden

Von Daniele Gambone

Aktualisiert am 31.03.2022Lesedauer: 4 Min.
Marina Owsjannikowa (Archivbild): Die TV-Redakteurin war in der jüngsten Lanz-Sendung aus Russland zugeschaltet.Vergrößern des Bildes
Marina Owsjannikowa (Archivbild): Die TV-Redakteurin war in der jüngsten Lanz-Sendung aus Russland zugeschaltet. (Quelle: Mikhail Japaridze/TASS/imago-images-bilder)

Kann Deutschland sich ein sofortiges Energieembargo gegen Russland leisten? Ja, argumentiert der Ökonom Rüdiger Bachmann. Und: TV-Redakteurin Marina Owsjannikowa ist aus Moskau zugeschaltet.

Ihre couragierte Plakataktion im russischen Staatsfernsehen machte Marina Owsjannikowa Mitte des Monats weltberühmt. Am Mittwochabend wurde die Putin-Kritikerin aus Moskau in Markus Lanz' ZDF-Talkshow zugeschaltet.

Dort erzählte sie unter anderem, dass sie nach ihrer Aktion weiterhin darauf vorbereitet sei, dass man sie in Russland ins Gefängnis schicken könnte. "Natürlich habe ich Angst, dass ich strafrechtlich verfolgt werde", sagte die Journalistin auf die Frage, wie es nun mit ihr weitergehe. Auch ihr Arbeitgeber könne einen Prozess gegen sie anstrengen. "Die Anwälte sagen: Entspann dich auf gar keinen Fall. Wenn so eine Entscheidung getroffen wird, dann landest du auf jeden Fall im Gefängnis."

Sie wolle dennoch in ihrer Heimat bleiben. "Ich suche kein warmes Plätzchen im Ausland, das Ziel meiner Aktion war, der ganzen Welt zu vermitteln, dass die Mehrheit der russischen Bevölkerung tatsächlich gegen den Krieg ist", so Owsjannikowa.

Wenn es zum Prozess komme, sei das für sie wohl gleichbedeutend mit Gefängnis: "Dann retten dich nicht deine minderjährigen Kinder, niemand wird dir dann helfen", so Owsjannikowa.

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Die Tochter eines ukrainischen Vaters und einer russischen Mutter berichtete von einem Informationsvakuum in ihrer Heimat. Sobald der Krieg begonnen hatte, hätte sie in der Nachrichtenredaktion, in der sie arbeitete, keinen Zugang zu Agenturbildern mehr gehabt. Die Schrecken des Krieges seien dort nur auf den Bildschirmen in den Redaktionsräumen zu sehen, auf denen westliche Nachrichtenagenturen übertragen werden.

Sie habe mit ihrem Tun das russische Publikum wachrütteln wollen, das durch Putins Propaganda "quasi zu Zombies" geworden sei, sagte die TV-Redakteurin.

Energieembargo weiteres Thema

Dass neben dem Informationskrieg auch ein Wirtschaftskrieg tobt, wurde in der Sendung an der Auseinandersetzung zwischen dem Ökonomen Rüdiger Bachmann und dem SPD-Politiker Michael Roth über ein Energieembargo gegen Russland deutlich. In einem Punkt waren sich beide allerdings einig: Teuer wird es so oder so.

Gäste:

  • Marina Owsjannikowa, russische Journalistin
  • Katrin Eigendorf, ZDF-Reporterin
  • Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses
  • Rüdiger Bachmann, Wirtschaftswissenschaftler
  • Cordula Tutt, Journalistin


"Ich war absolut perplex", sagte Katrin Eigendorf, die für das ZDF aus der Ukraine berichtet, über die mutige Handlung ihrer russischen Kollegin Owsjannikowa. Unter ihren fachkundigen Bekannten habe die erste Reaktion in der einhelligen Gewissheit bestanden, dass diese Frau "im Lager landen" werde, erzählte die erfahrene Kriegsreporterin.

ZDF-Reporterin Eigendorf: Propaganda spielt "immens große Rolle"

Dass dies, wenigstens bislang, noch nicht geschehen ist, erklärte sich Eigendorf auch mit dem Wunsch Putins, die westliche Öffentlichkeit zu verwirren. "In der Politik Putins spielt Propaganda und das, was er in unseren Köpfen erzeugt, eine immens große Rolle", konstatierte die Journalistin, die selbst über Jahre in Russland gelebt hat.

Damit bestätigte Eigendorf zudem die Aussage Owsjannikowas, dass sie zum Spielball der russischen Informationspropaganda geworden sei, die offensichtlich überlege, wie sie das größte Kapital aus ihr schlagen könne.

Auch persönlich attestierte die ZDF-Berichterstatterin dem russischen Präsidenten ein gebrochenes Verhältnis zur Wirklichkeit. "Wir erleben hier das Problem eines zunehmend isolierten Diktators, an den anscheinend die Realitäten auch gar nicht mehr herangetragen werden", stellte Eigendorf fest. Putin mache viele Fehler und habe sich militärisch "völlig verspekuliert".

Ähnliches äußerte der Ökonom Rüdiger Bachmann. "Er hat eine schwache Position, aber er versucht einen scheinbar starken Move zu machen", urteilte er über den Versuch Putins, die Europäer zur Zahlung der russischen Energielieferungen in Rubel zu zwingen.

Ökonom rechnet bei Embargo mit drei Prozent Rezession

Der deutsch-amerikanische Professor für Volkswirtschaftslehre zählt zu jenen Experten, die ein rigoroses Gas- und Ölembargo gegen Russland für vertretbar halten. Mit einem internationalen Team hat er versucht, die Größenordnung der Folgen einer solchen Maßnahme für die deutsche Wirtschaft zu ermitteln.

"Da kommt dann raus in unseren Berechnungen, dass es sich im schlimmsten Fall um eine schwere Rezession von minus drei Prozent handeln würde", gab Bachmann zu bedenken und stellte einen Vergleich zur Corona-Rezession her, die bei ungefähr minus fünf Prozent gelegen habe.

Am Anerkennen der unerfreulichen ökonomischen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine führe ohnehin kein Weg vorbei, sagte Bachmann sinngemäß. Es wäre eine Lebenslüge, zu verneinen, dass Deutschland dadurch als Volkswirtschaft ärmer geworden sei, so der Wirtschaftsprofessor.

Dass das Leben in Deutschland unangenehmer und teurer werde, hatte zuvor schon Cordula Tutt, die Hauptstadt-Korrespondentin der Wirtschaftswoche, geäußert.

SPD-Abgeordneter Roth fürchtet soziale Schieflagen

Die Sorge über diese Entwicklung stand dem SPD-Politiker Michael Roth bei seinem TV-Auftritt deutlich ins Gesicht geschrieben. Man befinde sich "in einer furchtbaren Situation" und sei dabei, sich "von einem furchtbaren Kriegsverbrecher" zu emanzipieren, gestand der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses ein.

Die deutsche Industrie durch ein Embargo so unter Druck zu setzen, "dass sie möglicherweise nach zwei Jahren gar nicht mehr besteht", wollte der SPD-Abgeordnete lieber nicht riskieren. "Das würde dann auch zu einer völligen sozialen Instabilität in Deutschland führen", zeigte sich Roth überzeugt.

Allerdings musste auch er zugeben, dass man unter Umständen gar keine andere Wahl haben könnte. "Wenn jetzt Putin wirklich den Gashahn zumacht, dann haben wir eine dramatische Situation", spekulierte der Sozialdemokrat.

Roth kündigt Steuerdiskussion an

In diesem Zusammenhang brachte der SPD-Bundestagsabgeordnete eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes ins Spiel. "Diese Diskussion werden wir führen müssen. Das wird natürlich nicht leicht sein", kündigte Roth an. Schließlich müssten die Entlastungen und Schutzschirme auch finanziert werden.

Dass die hohe Energieabhängigkeit von Russland, ganz unabhängig vom militärischen und politischen Ausgang des Krieges in der Ukraine, Deutschland teuer zu stehen kommen wird, schien in der Lanz-Runde also eine ausgemachte Sache zu sein. Wer die Hauptlast dafür tragen kann und soll, blieb indes noch strittig.

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 30. März
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