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Andreas Scheuer: Verkehrsminister hat kein Konzept für 500-Mio.-Versprechen


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"Zentrum Mobilität der Zukunft"
Scheuer hat kein Konzept für 500-Millionen-Versprechen


30.11.2020Lesedauer: 4 Min.
Andreas Scheuer bei einem Termin in München: Der Bundesverkehrsminister kündigte für die bayerische Landeshauptstadt im März ein 500 Millionen Euro schweres "Deutsches Zentrum Mobilität der Zukunft" an, ein Konzept gibt es aber bisher nicht.Vergrößern des Bildes
Andreas Scheuer bei einem Termin in München: Der Bundesverkehrsminister kündigte für die bayerische Landeshauptstadt im März ein 500 Millionen Euro schweres "Deutsches Zentrum Mobilität der Zukunft" an, ein Konzept gibt es aber bisher nicht. (Quelle: imago-images-bilder)

Zur Kommunalwahl in Bayern versprach Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) eine halbe Milliarde Euro für ein "Zentrum Mobilität der Zukunft" in München. Monate später hat er immer noch kein Konzept.

Das Bundesverkehrsministerium von Andreas Scheuer hat offenbar noch keine konkreten Vorstellungen, was das groß angekündigte "Deutsche Zentrum Mobilität der Zukunft" (DZM) leisten soll. Das geht aus Antworten des Ministeriums hervor, die t-online vorliegen. Sie verstärken den Eindruck: Scheuer wollte zur bayerischen Kommunalwahl mit einer Idee punkten, die noch völlig unausgegoren war.

Der CSU-Politiker hatte im März den Plan für ein solches Zentrum im Raum München überraschend verkündet und schnelles Handeln signalisiert: Gespräche über Grundstücke sollten bald anlaufen, es werde "richtig Tempo" gemacht, sagte Scheuer da. "Wir wollen mit der Fertigstellung nicht in ein paar Jahren beginnen."

2021 will Scheuer gut 40 Millionen Euro

Die Realität sieht so aus: In diesem Jahr war kein Euro eingeplant, und Scheuer will nicht einmal erklären, wie von ihm gewünschte gut 40 Millionen Euro im kommenden Jahr eingesetzt werden. Der Haushaltsausschuss hat am Donnerstag mit den Stimmen der Koalition der Mittelverwendung zugestimmt. Konkrete Bauvorhaben gibt es nicht. Grünen-Finanzexperte Sven-Christian Kindler zu t-online: "Scheuer will dieses Geld, um sich für seine unausgereifte Idee von teuren Beratern ein stimmiges Konzept schreiben zu lassen."

Dabei hatte der Verkehrsminister in einem Interview im März verkündet: "Seit Monaten" sei in seinem Ministerium die Idee entwickelt worden. Der Münchner "Merkur" fasste das Gespräch eine Woche vor der dortigen Kommunalwahl so zusammen: "Scheuer macht für Münchner Mega-Projekt halbe Milliarde locker".

Bis dato hatte nicht einmal Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) davon gewusst. Und Scheuer hatte einen bunten Strauß möglicher Inhalte präsentiert: Das reichte von der Entwicklung alternativer Kraftstoffe über Wasserstoffzüge bis zum Aufrüsten von Bahnhöfen für Flugtaxis.

Nichts Neues in Verkehrsministerkonferenz

Der Stand des Vorhabens war Mitte Oktober in der Konferenz der Verkehrsminister Thema. Dort gab es nach t-online-Informationen Ressortchefs, die nicht überrascht, aber enttäuscht waren: Große Ankündigung, bis dato nichts dahinter. Den Verkehrsministern blieb in ihrem Beschluss nur: Sie begrüßten, dass "mögliche Umsetzungsoptionen, zum Beispiel bezüglich der Rechtsform, der Struktur und Steuerung sowie der Finanzierung geprüft und bewertet werden".

Gegen ein gut durchdachtes Konzept, Deutschlands Forschung zu Verkehr in der Zukunft stärker zu fördern, hatte niemand etwas. Scheuers überraschende Verkündung mit der eigenmächtigen Festlegung auf München stieß dagegen auf Unmut: In Deutschland gebe es "viele Regionen mit hervorragender Expertise in der Mobilitätsforschung", so die Verkehrsminister. Sie forderten: Bestehende Kompetenzcluster sollten bestmöglich eingebunden werden.

Die Metropolregion München ist zwar unbestritten nicht nur durch die Autoindustrie ein Topstandort von Forschung zum Thema Mobilität. Auch für die futuristische "Hyperloop"-Idee von Tesla-Chef Elon Musk kommen die prämierten Konzepte von der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität München. Aber das Ministerium spricht seit Monaten nicht mehr explizit von München. Aus Scheuers "Münchner Mega-Projekt" wurde ein "über mehrere Standorte verteilter Ort", "an dem die Mobilität von morgen neu gedacht und entwickelt wird". Entstehen soll ein "Zentrum mit Satelliten".

Dazu gehören könnte das "Technologie- und Innovationszentrum Wasserstofftechnologie für Mobilitätsanwendungen", für das aktuell ein Wettbewerb zur Standortsuche läuft. Dieses geplante Zentrum geht zurück auf die schon 2019 angestoßene Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Es solle "Teil des Netzwerks des Deutschen Zentrums Mobilität der Zukunft werden", so das Ministerium.

"Zu sehen sein wird großspuriger Minister"

In Antworten zum DZM wurde das Ministerium aber nicht konkreter: "Ein Feinkonzept soll Kriterien für die Auswahl von Themenschwerpunkten und Satellitenstandorte ebenso wie Umsetzungsoptionen beinhalten und Anfang des Jahres 2021 vorliegen", teilt das Ministerium dem Grünen-Abgeordneten Sven-Christian Kindler mit. Der folgert: "Viel mehr als ein großspuriger Minister wird auch im nächsten Jahr nicht vom Forschungszentrum zu sehen sein."

Im Widerspruch zu den Ankündigungen, ein Feinkonzept mit den Standorten Anfang 2021 vorzulegen, lagen dem Haushaltsausschuss dann doch bereits Standorte vor: Nebenstellen soll es in Karlsruhe, Hamburg, Minden und Annaberg-Buchholz geben.

Und wofür sind die gut 40 Millionen, denen der Bundestag zustimmen soll? Es gehe um die "Finanzierung der Startphase des DZM", das Geld sei also für Konzepterstellung mitsamt "Aufnahme der Entwicklung von Satelliten", Gründung und Aufnahme der Geschäftstätigkeit. Für Haushaltexperte Kindler zu schwammig: "Ohne inhaltliches Konzept und ohne die Verpflichtung auf ein transparentes und ergebnisoffenes Vergabeverfahren für den Hauptsitz und die Außenstandorte darf kein Geld fließen." Von den Grünen gebe es keine Blankochecks für CSU-Prestigeprojekte.

München habe von Beginn an als Standort festgestanden, kritisiert Kindler. "Einen Wettbewerb um die besten Ideen gab es nicht und war vom CSU-Verkehrsminister auch nicht gewollt." Das Ministerium hatte ihm lediglich erklärt, die Auswahl geeigneter Standorte werde "anhand objektiv nachvollziehbarer Kriterien in einem transparenten Verfahren" erfolgen.

Das weckt Erinnerungen an die ebenfalls 500 Millionen Euro schwere Vergabe des Standorts für eine "Forschungsfabrik Batteriezellen": Dort war von einer "Batterieaffäre" die Rede. Grund ist, dass das Geld aus dem Forschungsministerium nach Münster fließt, in die nähere Heimat von Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU). Aus Bayerns Landesregierung kam Kritik, und unterlegene Bewerberstädte sahen ein Geschmäckle. Bei dieser Suche hatte es aber zumindest einen Wettbewerb gegeben. Und der Gewinner stand im Juni 2019 rund sieben Monate nach dem Verkünden der Idee fest. Bauarbeiten laufen.

Der Text wurde mit Information zu den Ergebnissen des Haushaltsausschusses aktualisiert.

Verwendete Quellen
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