1,2 Millionen Clubmitglieder Deutscher wird Rotary-Weltpräsident – erstmals in 115 Jahren
Weltweit gibt es etwa 35.000 Rotary-Clubs, in denen sich vor allem erfolgreiche Berufstätige sozial engagieren. Das heißt in Corona-Zeiten oft auch, Essen zu verteilen, sagt der neue Weltpräsident Holger Knaack.
Holger Knaack ist ein tatkräftiger Mann. "Nicht nur reden, sondern anpacken", ist das Motto des 68-Jährigen. Das sei auch die richtige Voraussetzung für die Aufgaben, die jetzt vor ihm lägen, sagt er. Knaack leitet für ein Jahr als Weltpräsident die Geschicke von etwa 35.000 Rotary-Clubs mit etwa 1,2 Millionen Mitgliedern.
"In normalen Zeiten wäre ich in diesem Jahr praktisch nur auf Reisen, um Clubs und Veranstaltungen im In-und Ausland zu besuchen", sagt Knaack. Doch wegen der Corona-Pandemie verbringt der Ratzeburger, der sein Amt offiziell am 1. Juli angetreten hat, viel Zeit vor dem Computer und in seinem provisorischen Videostudio.
Freunde beschreiben Knaack als "super witzig und nett"
Das Motto seiner Präsidentschaft ist auch im Garten seines Hauses am Ufer des idyllischen Küchensees abzulesen. "Rotary opens opportunities" ("Rotary eröffnet Möglichkeiten") steht auf einem breiten Schild vor drei offenen Türen. Die Skulptur sei ein Geschenk seines Heimatclubs zu seiner Wahl gewesen, erzählt Knaack. "Das Motto finde ich extrem passend, denn durch den weltweiten Kontakt mit den verschiedensten Menschen eröffnen sich für Jung und Alt immer wieder neue Möglichkeiten zur Entwicklung der Persönlichkeit."
Als "super witzig und nett" und als "interessante Führungspersönlichkeit" beschreiben Freunde aus seinem Heimatclub Knaack in einem Beitrag für das "Rotary Magazin". Wenn es aber um Dinge gehe, die ihm wichtig seien, könne er schnell todernst werden.
Was tun Rotary-Clubs eigentlich?
Der 68-Jährige ist der erste Deutsche in der 115-jährigen Geschichte von Rotary-Vereinigung, der an die Spitze ihrer internationalen Dachorganisation gewählt wurde. Rotary wurde 1905 von dem US-amerikanischen Rechtsanwalt Paul Percy Harris gegründet. Mittlerweile gibt es Rotary-Clubs in fast allen Ländern der Welt. Es ist eine Vereinigung berufstätiger Menschen, die durch diverse Hilfsprojekte in die Gesellschaft hineinwirken wollen.
Eines der erklärten Ziele von Rotary ist die Bekämpfung der Kinderlähmung weltweit. "Doch natürlich haben wir auch auf die Corona-Pandemie mit einem weltweiten Soforthilfeprogramm reagiert", sagt Knaack. "Einige Clubs zum Beispiel in Indien oder in afrikanischen Staaten tun derzeit nichts anderes, als Menschen vor Ort mit Essen zu versorgen." Man dürfe nicht vergessen, dass die Pandemie in ärmeren Ländern andere Auswirkungen habe, als in Europa.
"Ich will Rotary jünger und weiblicher machen"
"Corona wird das Clubleben auch in Deutschland nachhaltig verändern, aber das eröffnet auch neue Chancen", sagt er. "Viele Clubs treffen sich jetzt virtuell, das kommt natürlich jüngeren Menschen und auch Frauen mit kleinen Kindern sehr entgegen", glaubt Knaack. Das sei auch für eines seiner Ziele gut, die er sich für seine Präsidentschaft vorgenommen habe. "Ich will Rotary jünger und weiblicher machen."
Vor allem in Deutschland liegt der Frauenanteil in den Clubs mit knapp 13 Prozent noch deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt von 23 Prozent. Offiziell sind Frauen bei Rotary seit 1989 als Mitglieder zugelassen.
Schon 43 Austauschschüler haben die Knaacks aufgenommen
Knaack wurde 1952 in Lübeck geboren. Da seiner Familie eine Bäckereikette gehörte, machte er zunächst eine Bäckerlehre, schloss ein Betriebswirtschaftsstudium an und trat 1979 als Geschäftsführer in das Familienunternehmen ein. 1994 verkaufte er das Unternehmen und gründete eine Immobiliengesellschaft.
Gemeinsam mit seiner Frau Susanne – ebenfalls Rotarierin – engagiert er sich stark in der Jugendarbeit des Serviceclubs. "Wir haben keine eigenen Kinder und ein großes Haus, deswegen nehmen wir immer wieder junge Menschen aus allen Ländern auf. Insgesamt hatten wir in den zurückliegenden Jahren 43 Austauschschüler zu Gast, daraus sind viele lebenslange Freundschaften entstanden", sagt Knaack.
- Nachrichtenagentur dpa